Fast drei Jahrzehnte nach Ende des Genozids in Bosnien hat das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zwei ehemalige Chefs des staatlichen serbischen Sicherheitsdienstes zu jeweils 15 Jahren Gefängnis verurteilt.
Fast drei Jahrzehnte nach Ende des Genozids in Bosnien hat das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zwei ehemalige Chefs des staatlichen serbischen Sicherheitsdienstes zu jeweils 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Die Berufungsrichter verhängten am Mittwoch in Den Haag damit eine höhere Strafe als in der ersten Instanz. 2021 waren Jovica Stanišić (72) und Franko Simatović (73) noch zu jeweils 12 Jahren Haft verurteilt worden.
Es ist das letzte Urteil des UN-Tribunals zu Kriegsverbrechen im Krieg in Bosnien-Herzegowina in den 1990er Jahren. Die Vorsitzende Richterin Graciela Gatti Santana sprach von „einem Meilenstein“.
Stanišić und Simatović (73) wurden wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt – wie Mord, Deportation, Vertreibung und Verfolgung. Sie verfolgten nach Ansicht des Gerichts das Ziel, „mit Zwang und dauerhaft die Mehrheit der Nicht-Serben aus großen Gebieten von Kroatien und Bosnien-Herzegowina“ zu vertreiben.
Die Berufungsrichter sahen die Schuld der Angeklagten für Verbrechen auch an weiteren Orten als zweifelsfrei bewiesen an. Damit entsprachen sie einem Antrag der Anklage und erhöhten die Strafe. Die Verteidiger hatten dagegen angeführt, dass die Rolle der beiden Männer wesentlich geringer war.
Stanišić war Leiter des staatlichen Sicherheitsdienstes und Simatović sein Stellvertreter. Beide waren enge Vertraute von Präsident Slobodan Milošević. Auch er war vom UN-Tribunal angeklagt worden, starb aber 2006 vor Ende des Prozesses. Vor zehn Jahren waren Stanišić und Simatović noch freigesprochen worden. Doch das umstrittene Urteil wurde 2015 ungültig erklärt und ein neuer Prozess angeordnet. Die Zeit in der Untersuchungshaft wird auf die Strafe angerechnet.
Das UN-Tribunal mit Sitz in Den Haag schrieb Rechtsgeschichte. Es war das erste internationale Gericht zu Kriegsverbrechen in Europa nach den Nürnberger Prozessen zu den Verbrechen der deutschen Nationalsozialisten nach dem Zweiten Weltkrieg. Der UN-Sicherheitsrat hatte 1993 die Errichtung des Tribunals beschlossen.
163 Personen waren angeklagt worden, 93 wurden verurteilt. Sechs Mal wurde die Höchststrafe verhängt: lebenslange Haft. Unter anderem für den serbischen Ex-General Ratko Mladić und den damaligen politischen Serbenführer Radovan Karadžić wegen des Völkermordes von Srebrenica 1995. (dpa/iQ)