Vier Jahre nach dem Mord an Regierungspräsident Lübcke benennt ein Untersuchungsausschuss Fehler der Behörden. Was sagt die Landesregierung?
Das hessische Innenministerium hat zur Bilanz des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke Stellung genommen – allerdings vorerst nur in allgemeinen Worten. Vergangene Woche teilte es der Deutschen Presse-Agentur in Wiesbaden mit: „Die Abschlussberichte der Fraktionen des hessischen Landtages nehmen wir zur Kenntnis.“
Weiter hieß es, der Rechtsextremismus sei unvermindert die größte Gefahr für die Demokratie „und der Verfassungsschutz als Frühwarnsystem und Seismograph wichtiger denn je“. Die schwarz-grüne Landesregierung hat laut Innenministerium ihre Sicherheitsbehörden daher für den Kampf gegen Rechtsextremismus „massiv gestärkt“.
Vier Jahre nach dem Mord an Lübcke hatte der Landtag dieser Tage den Abschlussbericht seines Untersuchungsausschusses vorgelegt. Darin werden auch Fehler der Sicherheitsbehörden benannt. Am Mittwoch debattiert der Landtag über den Bericht und die eigenen Bewertungen (Sondervoten) der Oppositionsfraktionen.
Knapp drei Monate vor der Landtagswahl am 8. Oktober teilte das Innenministerium am Freitag mit Blick auf den Rechtsextremismus mit, der hessische Verfassungsschutz sei seit 2014 um mehr als 120 Stellen aufgestockt worden. Eine eigene Abteilung kümmere sich um die Aufklärung der rechtsextremistischen Szene. Ein anderer Sonderbereich befasse sich als Reaktion auf den Mord an Lübcke mit inzwischen in der Gesellschaft inaktiven „abgetauchten“ Rechtsextremisten.
Auch bei der Polizei gibt es laut Innenministerium Experten für die Verfolgung rechter Straftaten. Diese fokussierten sich auf bekannte Akteure und versuchten, die Szene weiter aufzuhellen, etwa in Verfahren wegen illegalen Waffenbesitzes. Die Organisationseinheit „BAO Hessen R“ im Landeskriminalamt habe in den vergangenen vier Jahren mehr als 320 Durchsuchungen und 8425 Sicherstellungen etwa von Waffen und NS-Devotionalien vorgenommen. Zudem habe sie Haftbefehle gegen 157 Männer und Frauen des rechten Spektrums vollstreckt.
Lübcke war 2019 von dem Rechtsextremisten Stephan Ernst erschossen worden. 2020 nahm der Untersuchungsausschuss seine Arbeit auf, um die Rolle der Sicherheitsbehörden dabei zu ergründen. An ihnen war Kritik laut geworden – etwa wegen mutmaßlicher Versäumnisse bei der Weitergabe von Informationen. Der verurteilte Mörder Ernst war als Rechtsextremist aktenkundig, aber zum Tatzeitpunkt nicht mehr unter besonderer Beobachtung des Verfassungsschutzes gewesen. (dpa/iQ)