Europawahl

AfD will aus Europa eine „Festung“ machen

Maximilian Krah aus Sachsen führt die AfD im nächsten Jahr als Spitzenkandidat in die Europawahl. Rechtsnationale Töne dominieren die Reden der AfD-ler, die es ins Europaparlament zieht.

30
07
2023
Symbolbild: AfD © Shutterstock, bearbeitet by iQ
Symbolbild: AfD © Shutterstock, bearbeitet by iQ

Die AfD hat die vorderen Spitzenplätze auf ihrer Kandidatenliste für die Europawahl ausnahmslos mit Politikern besetzt, die Europa in eine „Festung“ gegen Migranten verwandeln wollen. Diese brauche man „zum Schutz unserer Heimat, und das machen wir gemeinsam mit unseren europäischen Partnern“, sagte Co-Parteichefin Alice Weidel am Samstag auf der Europawahlversammlung der Rechtspopulisten in Magdeburg.

Mehrere Bewerber nannten als Vorbild Viktor Orban, den rechtspopulistischen ungarischen Ministerpräsidenten. Der baden-württembergische Bundestagsabgeordnete Marc Jongen setzte sich am Sonntag im Wettbewerb um den sechsten Platz durch. Er begründete seinen Wunsch, ins Europäische Parlament zu wechseln, auch damit, dass es ihn „in die heiße Zone des Kulturkampfs“ ziehe. Jongen sagte, Orban wolle in Europa für Ordnung sorgen. Das sei nicht extremistisch.

Die AfD und seine Kandidaten

Zum Spitzenkandidaten wurde mit 65,7 Prozent Zustimmung der sächsische Europaabgeordnete Maximilian Krah gewählt. Seine Kandidatur wurde auch vom Rechtsaußen-Lager der Partei unterstützt. Gegen Krah, der seit 2022 Mitglied im Bundesvorstand der AfD ist, war der auch innerhalb der Partei weitgehend unbekannte Andreas Otti aus Berlin angetreten. Er erhielt 25,2 Prozent der Stimmen. 9,1 Prozent der Delegierten stimmten gegen beide Kandidaten.

Krah ist in der AfD umstritten. Im EU-Parlament gab es seinetwegen mehrfach Ärger. Die rechtsnationale Fraktion Identität und Demokratie (ID) hatte ihn zu Beginn des Jahres für drei Monate suspendiert. Dabei ging es um den Vorwurf, dass Krah die Vergabe eines PR-Auftrags der Fraktion manipuliert haben soll. Seine Mitgliedschaft in der Fraktion war 2022 schon einmal für mehrere Monate ausgesetzt worden. Damals wurde ihm vorgeworfen, dass er im französischen Präsidentschaftswahlkampf nicht Marine Le Pen von der ID-Mitgliedspartei Rassemblement National, sondern öffentlich die Partei des Rechtsextremen Éric Zemmour unterstützte.

„Das Schlimmste sind die Migrantenquoten“

Seinen parteiinternen Gegnern warf Krah vor, sie hätten eine monatelange anonyme Schmutzkampagne gegen ihn geführt. Der Jurist ist seit 2019 Mitglied des Europäischen Parlaments. Bis 2016 war er Mitglied der CDU. 2022 kandidierte er in Dresden erfolglos für das Amt des Oberbürgermeisters.

Platz zwei sicherte sich der bayerische Bundestagsabgeordnete Petr Bystron. In seiner Bewerbungsrede wetterte er gegen „Globalisten“ und warnte vor einer angeblich drohenden Bargeldabschaffung. Er sagte: „Das Schlimmste, die Migrantenquoten, die zwangsweise Zuweisung von Migranten, das ist ein Angriff auf alles, was uns lieb ist, unsere Kultur, unsere Religion, ja, unsere Heimat.“

Mit einer ähnlichen Tonalität landete der Thüringer Landtagsabgeordnete René Aust auf dem dritten Listenplatz. Als Kandidat vorgeschlagen wurde er von Björn Höcke, dem Vorsitzenden des als rechtsextremistische Bestrebung eingestuften Thüringer Landesverbandes. Aust sagte, die europäische Zivilisation sei durch „Masseneinwanderung“ in Gefahr. Er erhielt 67,8 Prozent Zustimmung.

AfD will Mindestens 30 Kandidaten

Der AfD-Bundesvorstand hat das Ziel aufgerufen, mindestens 30 Kandidaten zu wählen. Am Sonntagabend sollte die Europawahlversammlung unterbrochen werden. Fortgesetzt werden soll die Kandidatenaufstellung in der sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt am kommenden Freitag. Das Wahlprogramm soll erst nach der Listenaufstellung beschlossen werden.

Möglicherweise könnte das Programm erst bei einer zusätzlichen Versammlung diskutiert werden, die spätestens im Januar stattfinden müsste. Erst dann wird feststehen, ob die AfD diesmal mit der Forderung antritt, die Europäische Union radikal zu reformieren, so dass wieder mehr Entscheidungen national getroffen werden. Es könnte sich aber auch das „Dexit“-Lager durchsetzen, das eine Austritt Deutschlands aus der EU befürwortet. Ein weiterer Streitpunkt dürfte die Haltung zur Nato sein.

„Diese EU muss sterben, damit das wahre Europa leben kann“

Höcke forderte die Abschaffung der Europäischen Union in ihrer jetzigen Form. „Es gibt viele Gründe, die EU abzulehnen, sie bringt Europa nicht weiter“, sagte er im phoenix-Interview. „Diese EU muss sterben, damit das wahre Europa leben kann.“ Höcke plädierte für einen neuen europäischen Staatenbund.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) kommentierte dies bei Twitter: „Man mag das für amtunangemessen halten. Aber als Staatsbürger wird mir schlecht, wenn ich solchen Unsinn höre.“ Wer vernichten statt aufbauen wolle, führt nichts Gutes im Schilde. CSU-Generalsekretär Martin Huber sagte: „Die AfD ist keine Alternative, sondern eine Gefahr für Deutschland.“ Sie präsentiere sich als Sprachrohr des russischen Präsidenten Wladimir Putin. (dpa/iQ)

Leserkommentare

Timotheus sagt:
Rechtsnationale Töne, wie sie hier ganz oben zu Beginn des Artikels benannt werden, sind auch in meinen Ohren keine Musik. Islamnationale Töne sind das aber auch nicht. Und ein Europa mit Beteiligung einer Türkei unter Recep Tayyip Erdogan (69), dem großen Islam-Fundamentalismus-Förderer, würde ich absolut nicht gut finden. Eine etwaige "Festung Islam" als Gesellschaftsmodell, wie es viele fanatisierte Polit-Hardliner herbeisehnen mögen, wären für mich auch ein absolutes No-Go und eine ganz schreckliche Vorstellung und ein schlimmer Albtraum.
30.07.23
18:40