Einst startete der „Islamische Unterricht“ als Modellprojekt, dann wurde es ein Fall für den Verfassungsgerichtshof. Inzwischen hat sich das Wahlpflichtfach etabliert.
An Bayerns Schulen entscheiden sich immer mehr Schüler für das Wahlpflichtfach „Islamischer Unterricht“. Zwischen dem Schuljahr 2018/19 (16.265) und dem jetzt ausgelaufenen Jahr 2022/23 sei die Zahl der Schülerinnen und Schüler um gut 19 Prozent auf nunmehr 19.414 gestiegen, teilte das Kultusministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in München mit. Im selben Betrachtungszeitraum seien auch die Zahl der Schulen, in denen der Unterricht wählbar ist, um gut zehn Prozent von 351 auf 387 sowie die Zahl der Lehrkräfte um knapp 25 Prozent von 110 auf 137 gestiegen.
„Die steigenden Zahlen zeigen, dass der Islamische Unterricht in seinem jetzigen Konzept von Eltern und Schülerinnen und Schülern sehr gern angenommen wird“, sagte Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler). Der Islamische Unterricht sei als reguläres Wahlpflichtfach nun seit zwei Schuljahren gut gestartet. „Darüber freue ich mich sehr. Wir machen unseren muslimischen Schülerinnen und Schülern ein tolles Bildungsangebot, als Alternative zum Ethikunterricht.“
2021 hatte der bayerische Landtag die Überführung des bisherigen landesweiten Modellversuchs in ein reguläres Wahlpflichtfach Islamischer Unterricht gebilligt. Wählbar war es zunächst an rund 370 Schulen für Schülerinnen und Schüler insbesondere muslimischen Glaubens – und zwar statt Religionslehre und neben Ethik. Es handelt sich explizit um ein staatliches Angebot, bei dem staatliche Lehrkräfte in deutscher Sprache Wissen über die islamische Religion sowie eine grundlegende Werteorientierung „im Geiste der Werteordnung des Grundgesetzes und der bayerischen Verfassung“ vermitteln sollen.
Nur einen Tag nach dem Landtagsbeschluss hatten Kritiker Klage am Verfassungsgerichtshof eingereicht. Der Pädagoge Ernst-Günther Krause, der Bund für Geistesfreiheit Bayern und die Regionalgruppe München im Förderkreis der Giordano-Bruno-Stiftung monierten vergeblich, dass die verfassungsrechtlich erforderlichen Voraussetzungen für die Einführung des Schulfaches fehlten.
Um den Ausbau des Islamischen Unterrichts weiter voranzutreiben, wurden die während des Modellversuchs noch befristet beschäftigten Lehrkräfte bereits entfristet. Zudem wird anderen Lehrern ein Angebot zur Qualifizierung gemacht, damit diese auch das Fach unterrichten können. Zudem ist Islamischer Unterricht auch als Prüfungsfach für den Qualifizierenden Abschluss der Mittelschule zugelassen.
Die Einführung des islamischen Religionsunterricht ist in den Bundesländern unterschiedlich ausgestaltet. Während einzelne Bundesländer Wege zur Zusammenarbeit mit den Religionsgemeinschaften gefunden haben, bieten andere einen eigenen Religionsunterricht unter Ausschluss islamischer Religionsgemeinschaften an. Dies ist erforderlich, wenn es einen dem Grundgesetz entsprechenden bekenntnisgebundenen Religionsunterricht geben soll, wie ihn z. B. christliche Religionsgemeinschaften anbieten. Bei dem bayerischen Schulfach handelt es sich um einen islamkundlichen Unterricht, nicht um einen bekenntnisorientierten Religionsunterricht gemäß Art. 7 Abs. 3 GG.
„Der Ausbau des Islamunterrichts in Bayern entspricht nicht den Vorstellungen und Zielen der islamischen Religionsgemeinschaften, die einen bekenntnisorientierten Religionsunterricht anstreben. Wir wünschen uns, dass er nach den Vorgaben der bayerischen Landesverfassung bekenntnisorientiert angeboten wird und die verfassungsrechtlich vorgegebene Kooperation zwischen dem Land und den islamischen Religionsgemeinschaften zustande kommt“, erklären die islamischen Religionsgemeinschaften in einer gemeinsamen Mitteilung gegenüber IslamiQ. Hierfür bleibe man auch weiterhin gesprächsbereit. (dpa, iQ)