Die Gewalt an der muslimischen Bevölkerung in Israel steigt weiter an und fordert seit Jahresbeginn 156 Tote. Hunderttausende protestieren gegen die Politik der Regierung.
Zehntausende Israelis haben am Samstagabend erneut gegen die Politik der rechts-religiösen Regierung protestiert. Die Veranstalter sprachen von mehr als hunderttausend Teilnehmern allein bei der zentralen Kundgebung in der Küstenstadt Tel Aviv. Die Proteste konzentrierten sich auf den dramatischen Anstieg von Verbrechen innerhalb der arabischen Bevölkerung Israels.
„Auf unseren Straßen fließt Blut“, rief der Bürgermeister der arabischen Stadt Tira, Maamun Abd Elhai, während einer Ansprache in Tel Aviv. Ein ranghoher Mitarbeiter seiner Stadtverwaltung war am Montag nahe einer Polizeiwache erschossen worden. Der Bürgermeister warf der Regierung Benjamin Netanjahus vor, absichtlich nicht gegen die wachsende Kriminalität in der arabischen Gesellschaft vorzugehen. Wer den rechtsextremen Politiker Itamar Ben-Gvir zum Polizeiminister ernannt habe, „will uns nicht beschützen“, sagte er.
Oppositionsführer Jair Lapid bezeichnete Ben-Gvir während einer Ansprache in Karkur im Norden des Landes als „erbärmlichen Rassisten und totalen Versager“. Das Ziel der Opposition sei es, „zu kämpfen, bis diese Regierung stürzt“, sagte Lapid. Jair Lapid war von Juni 2021 bis Dezember 2022 israelischer Außenminister und ab Juli 2022 auch Ministerpräsident.
Seit Jahresbeginn sind Medienberichten zufolge durch Gewalt an der muslimisch-arabischen Bevölkerung 156 Menschen getötet worden. Das sind mehr als doppelt so viele wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die palästinensische Minderheit macht in Israel rund 20 Prozent der knapp zehn Millionen Einwohner aus.
Seit mehr als einem halben Jahr kommt es in Israel regelmäßig zu Massenprotesten gegen die Regierungspolitik. Ende Juli hatte die Koalition im Rahmen eines höchst umstrittenen Justizumbaus ein Gesetz verabschiedet, das die Handlungsmöglichkeiten des Obersten Gericht einschränkt. Kritiker stufen das Vorgehen der Regierung als Gefahr für Israels Demokratie ein. Am 12. September will sich das Oberste Gericht mit Petitionen gegen das Gesetz befassen. (dpa, iQ)