Hessen

Kopftuchverbot in der Justiz – das planen die Parteien

Beschäftigte der Justiz in Hessen dürfen in Gerichten und bei Ausübung hoheitsrechtlicher Tätigkeiten kein Kopftuch getragen. IslamiQ hat die Parteien kurz vor der Wahl gefragt, inwieweit Sie das Gesetz zum Kopftuchverbot überarbeiten möchten. Ein Überblick.

06
10
2023
Kopftuchverbot
Symbolbild: Muslimin mit Kopftuch © Shutterstock, bearbeitet by iQ.

In Hessen besteht derzeit ein Kopftuchverbot für muslimische Frauen, die in der Justiz tätig sind. Dies bedeutet, dass Richterinnen, Staatsanwältinnen und Rechtsanwältinnen während ihrer dienstlichen Tätigkeit kein Kopftuch tragen dürfen. Die Begründung dafür liegt in der Neutralität und Unparteilichkeit, die von den Angehörigen der Justiz erwartet wird.

Die hessischen Gerichte haben in verschiedenen Urteilen das Kopftuchverbot bestätigt. Sie argumentieren, dass es notwendig ist, um die Neutralität und das Vertrauen in die Unparteilichkeit der Justiz zu wahren. Demzufolge hatte das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 27. Februar 2020 festgestellt, dass die Religionsfreiheit durch das Kopftuchverbot eingeschränkt wird. Diese Einschränkung wurde jedoch durch die Neutralitätspflicht des Staates und die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege gerechtfertigt.

Allerdings gibt es auch kritische Stimmen, die das Verbot als Einschränkung der Religionsfreiheit und mögliche Diskriminierung ansehen. Es ist wichtig zu betonen, dass es auf Bundesebene keine einheitliche Regelung gibt, und die Entscheidung über das Tragen von Kopftüchern in der Justiz den einzelnen Bundesländern überlassen ist.

IslamiQ hat die Parteien kurz vor der Wahl gefragt, inwieweit Sie das Gesetz zum Kopftuchverbot nach den Wahlen überarbeiten werden.

CDU: Kopftuchverbot ist verfassungsgemäß

„Unsere Gesellschaft ist erfreulicherweise durch Vielfalt und Weltoffenheit geprägt. Im Gerichtssaal hingegen muss der Staat gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern neutral gegenübertreten“, erklärt die CDU in Hessen gegenüber IslamiQ. Das sei wichtig, um die „rechtsstaatlich gebotene Objektivität, Unparteilichkeit und Unbefangenheit der Richterinnen und Richter auch durch deren äußeres Erscheinungsbild zu dokumentieren“. Aus diesem Grund sei das Tragen religiöser Symbole in der Justiz untersagt. Dieser Grundsatz wurde vom Bundesverfassungsgericht „verfassungsgemäß bestätigt“, so die CDU abschließend.

Ferner verweist die CDU auf die aktuelle Gesetzeslage. Richterinnen und Richtern sowie Beamten und Beamtinnen sei es nach dem hessischen Beamtengesetz untersagt religiöse Symbole zu tragen, wenn sie als Repräsentanten und Repräsentantinnen des Staates beziehungsweise der Justiz auftreten.

FDP: Vertrauen basiert auf Neutralität

Die FDP erklärt auf Anfrage von IslamiQ, dass sie sich der Tatsache bewusst seien, dass das Verbot des Tragens religiöser Symbole in der Justiz, insbesondere das Kopftuchverbot, die Religionsfreiheit muslimischer Frauen einschränkt. „Ein Eingriff in Freiheitsrechte darf aus unserer Sicht niemals leichtfertig geschehen und muss sorgfältig abgewogen werden und verhältnismäßig sein“, so die FDP. Die Neutralität des Staates, insbesondere in der Justiz, sei von zentraler Bedeutung für unseren Rechtsstaat. „Das Vertrauen der Gesellschaft in die Justiz basiert auf der Neutralität und Unparteilichkeit des Staates“, betont die FDP weiter.

Das Tragen religiöser Symbole in hoheitlichen Funktionen könnte dieses Vertrauen potenziell beeinträchtigen und auch die negative Religionsfreiheit Dritter berühren. Hierbei gehe es nicht „spezifisch um das Kopftuch, sondern um alle religiösen Symbole, seien es Kreuze, Kippas oder andere“, erklärt die FDP abschließend.

AfD: Kopftuchverbot bleibt

Die AfD in Hessen rät muslimischen Frauen, die bestehende Regelung in Hessen zu akzeptieren. „Wir sehen im Rahmen der aktuellen Rechtsprechung in Hessen keinen Handlungsbedarf“, erklärt die AfD gegenüber IslamiQ.

Die SPD (trotz anfänglicher Zusage) und die Grünen in Hessen ließen die Anfrage unbeantwortet.

Leserkommentare

Minimalist sagt:
Die Antworten der Parteien empfinde ich als beruhigend und zukunftsweisend. Islamische Kopftuch-Bedeckungen sind vor allem im Justizwesen völlig inakzeptabel, deplaziert und vollkommen daneben. Sie würden auch völlig falsche Signale aussenden und das Vertrauen der Gesellschaft in die Justiz massiv und weitgehend untergraben. Das pfeifen doch schon die Spatzen von den Dächern und ist nichts neues. Am Ende könnte gar noch eine langsame Angliederung der von vielen gefürchteten Scharia-Justiz von bestimmten Kreisen immer mehr betrieben und gefordert werden. Gott sei Dank ist dafür definitiv kein Raum vorgesehen. Wie formulierte es doch die Bayerische Staatsregierung einmal so treffend: Wir integrieren keine Religionen. Wir integrieren keine Nationen. Wir integrieren Menschen. Und da verbietet es sich doch mittlerweile von selbst, dass nicht ständig und immer wieder hartnäckig nachgefragt wird, wie die Gesetzgebung umgeschrieben werden könnte, damit der Islam auch im deutschen Justizwesen seine Präsenz zeigen, Einzug halten und Fuss fassen kann. Die Mehrheit der Bevölkerung hat das nämlich satt und will das nicht mehr.
06.10.23
20:38
Ekrem sagt:
Was für ein Armutszeugnis unserer Demokratie! Hier werden Frauen diskriminiert, weil sie angeblich wegen eines Kopftuchs nicht neutral und unparteilich sein könnten. Wäre das nicht im Zweifelsfall die Aufgabe einer Aufsichtsbehörde das nachzuweisen?!
07.10.23
2:43
Gabriele Boos-Niazy sagt:
Die Antwort der AfD dürfte niemanden verwundern, doch von der CDU und vor allem der FDP, der doch Freiheit so am Herzen liegt, wäre zumindest zu erwarten gewesen, dass sie die Rechtslage richtig darstellen. Warum sie das nicht tun, liegt auf der Hand. Das Bundesverfassungsgericht hat eben nicht, wie die CDU behauptet, ein Kopftuchverbot als verfassungsgemäß bestätigt. Und auch die Position, dass ein Kopftuch oder andere religiös konnotierte Schmuck- oder Kleidungsstücke - wie die FDP andeutet - das Vertrauen grundsätzlich beeinträchtigen, vertritt das Bundesverfassungsgericht nicht. Tatsächlich sagt das Bundesverfassungsgericht bei der Entscheidung (Quelle unten) über die Zulässigkeit des Kopftuchs im Rechtsreferendariat im sechsten Leitsatz: "Das Verwenden eines religiösen Symbols im richterlichen Dienst ist für sich genommen nicht geeignet, Zweifel an der Objektivität der betreffenden Richter zu begründen." Es muss ein Verhalten hinzukommen, um diese Zweifel zu rechtfertigen; das bloße Aussehen reicht nicht. Im siebten Leitsatz weist das BVerfG auf die Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers hin, d.h. sein Recht zu beurteilen, ob er ein Problem sieht oder nicht. Im achten Leitsatz macht das Gericht seine eigene Position deutlich: "Angesichts der konkreten Ausgestaltung des verfahrensgegenständlichen Verbots kommt keiner der kollidierenden Rechtspositionen vorliegend ein derart überwiegendes Gewicht zu, das verfassungsrechtlich dazu zwänge, der Beschwerdeführerin das Tragen religiöser Symbole im Gerichtssaal zu verbieten oder zu erlauben." Das Verbot, das Hessen ausgesprochen hat, sei aber aufgrund der o.g. Einschätzungshoheit, zu respektieren, so das BVerfG weiter. Nicht mehr und nicht weniger. Kein Wort davon, dass zur Wahrung der Neutralität ein Kopftuchverbot oder das anderer religiös konnotierter Kleidungs- oder Schmuckstücke notwendig ist. Zudem: Der vom BVerfG in dem Verfahren eindeutig festgestellt Grundrechtseingriff wird NUR deshalb in der Abwägung der kollidierenden Positionen als nicht so schwerwiegend gewertet, dass ein Verbot verfassungswidrig wäre, weil er sich a) nur auf einen geringen Zeitabschnitt während des Referendariats bezieht (Gerichtsstationen), b) diese Ausbildungsabschnitte ohnehin nicht immer durchgeführt werden können und c) es keinen Einfluss auf die Benotung hat, wenn dieser Teil nicht abgeleistet wird. Doch wovon reden wir jetzt? Wir sprechen von einem Verbot, das sich nicht auf einen kurze Zeit der Berufsausübung beschränkt, sondern insgesamt den Zugang zum Beamtentum und in der Justiz auch zum Angestelltenstatus betrifft. Wir sprechen von einem recht umfangreichen Berufsverbot. Wenn Politiker:innen sich hinter der Entscheidung des BVerfGs zum Rechtsreferendariat verstecken, offenbaren sie bestenfalls einen eklatanten Mangel an Fachkompetenz oder hoffen darauf, das ihr Gegenüber ahnungslos ist - was in der Regel auch der Fall ist. Wie gesagt, von CDU und der FDP ist leider in dieser Hinsicht nichts mehr zu erwarten. Dass Grüne und SPD sich um die Beantwortung der Frage drücken, ist bedauerlich, aber: Keine Antwort ist auch eine Antwort. https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/01/rs20200114_2bvr133317.html
08.10.23
7:48
Minimalist sagt:
Wenn im Namen von Religionsfreiheit & Islam ständig mit aufwendiger und diffiziler Spitzfindigkeit für den Islam geworben und westliche Freiheitswerte vollumfänglich beansprucht und eingefordert werden, während im gleichen Atemzug dieser herrschaftlich agierende Islam selber solche Freiheitswerte gar nicht kennt, diese negiert und ablehnt, weil sie ihm überhaupt nicht am Herzen liegen - wie man doch weltweit unschwer erkennen und feststellen kann - dann darf doch nicht ernsthaft erwartet werden, dass gerade das Justizwesen und die politischen Parteien eine solche islamisch konnotierte Inanspruchnahme auch nur ansatzweise zulassen und absegnen werden. Willkommen in der echten Wirklichkeit.
09.10.23
19:30
Dilaver_Ç. sagt:
"Wenn im Namen von Religionsfreiheit & Islam ständig mit aufwendiger und diffiziler Spitzfindigkeit für den Islam geworben und westliche Freiheitswerte vollumfänglich beansprucht und eingefordert werden, während im gleichen Atemzug dieser herrschaftlich agierende Islam selber solche Freiheitswerte gar nicht kennt, diese negiert und ablehnt, weil sie ihm überhaupt nicht am Herzen liegen - wie man doch weltweit unschwer erkennen und feststellen kann - dann darf doch nicht ernsthaft erwartet werden, dass gerade das Justizwesen und die politischen Parteien eine solche islamisch konnotierte Inanspruchnahme auch nur ansatzweise zulassen und absegnen werden. Willkommen in der echten Wirklichkeit." Dieser Kommentar von einem Vorkommentator ist ein klassisches Beispiel für antimuslimischen Rassismus. Wenn die Redaktion solche Kommentatoren nicht dauerhaft sperrt, tut sie sich selbst damit keinen Gefallen. Im Gegenteil zeugt es von mangelnder Selbstachtung, dass in einem islamischen Blog antimuslimischen Rassisten eine Plattform geboten wird.
10.10.23
15:19