Landtagswahlen

Ampel verliert, AfD gewinnt – kommt ein Rechtsruck in Deutschland?

Die Ampel hat bei den Landtagswahlen ein Fiasko erlebt. Der Trend geht nach rechts – und zwar ziemlich weit. Steht die Ampel nun zusammen, um etwas entgegenzusetzen? Oder tragen die Niederlagen in Hessen und Bayern neuen Streit in die Koalition?

09
10
2023
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Bundesinnenministerin Nancy Feaser © AA bearbeitet by iQ
Bundesinnenministerin Nancy Feaser © AA bearbeitet by iQ

Es sind zwar „nur“ zwei Landtagswahlen. Aber dass die Ergebnisse in Hessen und Bayern auch ein Misstrauensvotum gegen die Ampel-Regierung in Berlin bedeuten, darüber gab es an diesem Wahlabend keine zwei Meinungen. Man sei ja nicht „taub und blind“, sagte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert schon kurz nach Schließung der Wahllokale. „In diesem Wahlergebnis liegt auch eine Botschaft für uns.“

Die SPD hat in beiden Ländern ihre jeweils historisch schlechtesten Ergebnisse eingefahren. In Bayern sind die Sozialdemokraten nur noch die Nummer fünf mit gerade einmal 8,4 Prozent. In Hessen landete sie mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser an der Spitze abgeschlagen auf Platz drei – deutlich hinter CDU und AfD. Die FDP setzt ihre Niederlagenserie bei Landtagswahlen fort und fliegt in Bayern aus dem Parlament hinaus und in Hessen beinahe. Vergleichsweise glimpflich kommen trotz deutlicher Verluste noch die Grünen weg. Sie könnten in Hessen mit der CDU sogar weiterregieren.

Der Trend geht bei diesen Wahlen ganz klar nach rechts – und zwar ziemlich weit nach rechts. Die AfD, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft wird, ist kein ostdeutsches Massenphänomen mehr. 18,4 Prozent in Hessen, 14,6 Prozent in Bayern, zweitstärkste und drittstärkste Kraft – das Ergebnis in Hessen ist das bisher höchste bei Landtagswahlen im Westen.

Was wird aus Nancy Faeser?

Dass die vielleicht größte Verliererin des Wahlabends ihren Arbeitsplatz nicht in Wiesbaden oder München, sondern in Berlin hat, ist symptomatisch für diese Wahl. Die Bundesinnenministerin wurde in Hessen von der SPD ins Rennen geschickt, weil es keine Alternative gab. Und sie ist krachend gescheitert. Mit fast 20 Prozentpunkten Rückstand hat Nancy Faeser gegen Ministerpräsident Boris Rhein und seine CDU verloren: 15,1 zu 34,6.

Dass Scholz sie deswegen fallen lässt, ist aber ziemlich unwahrscheinlich. Der Kanzler lässt sich in solchen Fragen ungern treiben und hat selbst die Pleiten und Pannen der damaligen Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) so lange ertragen, bis es wirklich gar nicht mehr ging. An Faeser hat er bisher keinerlei Zweifel erkennen lassen und sie in den vergangenen Tagen für ihr Agieren bei der Reform des europäischen Asylsystems mehrfach ausdrücklich gelobt. Das machte am Sonntagabend auch die komplette Parteispitze deutlich: „Wir stehen zu Nancy Faeser“, sagte Kühnert.

Bleibt noch die Möglichkeit, dass Faeser selbst hinschmeißt. Ihre künftige Rolle als Landesparteichefin ließ sie am Wahlabend zwar offen, ansonsten hörte sie sich allerdings nicht danach an: „Ich habe sehr viel Solidarität heute aus Berlin erhalten.“

Trend nach rechts: Ändert sich der Wind in Deutschland?

Die AfD feierte sich am Sonntag als großer Gewinner. „Der Wind ändert sich in Deutschland, der geht von links nach rechts“, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Bernd Baumann. AfD-Chefin Alice Weidel schrieb auf der Plattform X (früher Twitter): „Unsere Rekordergebnisse geben unserer Politik recht!“ und fügte ein „Bereit für mehr“ hinzu – ein Slogan, den die Partei seit dem Sommer nutzt, um klar zu machen, dass sie irgendwann mitregieren will.

Die Ergebnisse in Hessen und Bayern verbucht Weidel als Zwischenerfolg. Richtig erschüttert werden könnte die politische Landschaft im kommenden Jahr, wenn in Sachsen, Thüringen und Brandenburg neue Landtage gewählt werden. In den Umfragen lag die AfD in den drei Ländern zuletzt mit über 30 Prozent vor allen anderen Parteien.

Am Sonntagabend musste die AfD allerdings auch eine Niederlage einstecken. In Bitterfeld-Wolfen (Sachsen-Anhalt) gelang es ihr nicht wie erhofft, die Oberbürgermeisterwahl für sich zu entscheiden und zum ersten Mal einen Oberbürgermeister in Deutschland zu stellen. Ähnlich lief es vor wenigen Wochen bereits im thüringischen Nordhausen. (dpa/iQ)