Aufruf

Muslime rufen zu Deeskalation in Nahost-Konflikt auf

Der Koordinationsrat der Muslime in Deutschland und die landesweiten Schuren rufen mit Blick auf die Auseinandersetzungen um den Krieg im Nahen Osten zur Deeskalation auf. Muslime seien Teil der Lösung.

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2023
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Symbolbild: Nahostkonflikt © AA, bearbeitet by iQ.
Symbolbild: Nahostkonflikt © AA, bearbeitet by iQ.

In einem aktuellen Aufruf fordert der Koordinationsrat der Muslime (KRM) und die landesweiten Schuren eine Deeskalation. Anlass sind die Angriffe auf das Baptisten-Krankenhaus „Al Ahli“ in Gaza und der Anschlag auf die Berliner Synagoge. Beide Angriff werden auf das Schärfste verurteilt. „Die Entwicklungen zeigen, dass dringend Schritte zur Deeskalation unternommen werden müssen“, heißt es in der Mitteilung.

„Antisemitismus und antimuslimischer Rassismus dürfen wie jede andere Form der Menschenfeindlichkeit keinen Platz in unserer Gesellschaft haben“, heißt es. „Als Religionsgemeinschaften setzen wir uns stetig dafür ein, damit der Hass keinen Weg in die Herzen findet.“

Zugleich mahnte der Rat, eine Debatte über das Vorgehen der Konfliktparteien im Nahen Osten zuzulassen. Es sei „äußerst kontraproduktiv, die freie Meinungsäußerung aus Angst vor Ausschreitungen oder der Instrumentalisierung durch Extremisten einzuschränken“. Die Gesetze derart zu deuten, dass auch das Eintreten für das würdevolle Leben eines Volkes oder auch Beileidsbekundungen als Hetze und Verherrlichung von Terror definiert würden, verschiebe die Grundfreiheiten in eine gefährliche Richtung.

Der Koordinationsrat beklagte zugleich eine massive Kampagne gegen Muslime in Deutschland. „Trotz des gemeinschaftsstiftenden und deeskalierenden Beitrags werden die islamischen Religionsgemeinschaften immer wieder, und aktuell mit teils ungeheuren Unwahrheiten an den Pranger gestellt.“ Sie sollten sich immer wieder erneut von Gewalt und Terror distanzieren, obwohl sie das in der Vergangenheit schon mehrmals und sehr deutlich getan hätten.

„Die inakzeptablen Taten einer marginalen kleinen Gruppe in Berlin werden so dargestellt, als ob sie für alle Muslime in Deutschland repräsentativ seien“, heißt es in der Erklärung weiter. Dabei werde ausgeblendet, dass es sich bei der besagten Gruppe um einen marxistisch-nationalistischen Verein handele. „Dass Muslime sich mittlerweile auch für die Taten von Areligiösen verantworten müssen, ist ein Novum und eine neue Eskalationsstufe beim Verleumden und Dämonisieren von Muslimen.“

Die Verurteilung und Forderungen der islamischen Religionsgemeinschaften werden im Wortlaut wiedergegeben.Wir, die unterzeichnenden Religionsgemeinschaften

– … verurteilen den Terror gegen die Zivilbevölkerung in Israel durch die Hamas und rufen dazu auf, die Gewalt zu beenden und die Geiseln unverzüglich freizulassen.

– … verurteilen den Angriff auf das Al Ahli Baptistenkrankenhaus in Gaza und sehen die Vereinten Nationen in der dringenden Verantwortung, die Hintergründe dieses Angriffs zu untersuchen, die Angreifer zu ermitteln und entsprechende Schritte einzuleiten.

– … verurteilen die unsäglichen Angriffe auf jüdisches Leben und Synagogen in Deutschland und stehen dafür ein, dass der Hass nicht Deutschland erreicht. Wir sind solidarisch mit unseren jüdischen Nachbarn. Antisemitismus darf keinen Platz in unserer Mitte haben.

– … verurteilen die aktuell stark angestiegenen Angriffe und Drohungen gegen Moscheen und Muslime in Deutschland.

– … verurteilen unverhältnismäßige Angriffe, die sich gegen zivile Ziele richten oder diese bewusst in Kauf nehmen. Wir fordern die israelische Regierung dazu auf, bei der Ausübung ihres Verteidigungsrechts das Völkerrecht zu achten und den Schutz der Grundversorgung der Bevölkerung mit Wasser, Nahrung, Strom und Medizin zu gewährleisten.

– … rufen zur sowohl militärisch wie politischen Deeskalation und zur Beendigung der Gewalt auf.

– … erwarten von Politik und Öffentlichkeit, das Leid und die Ängste der palästinensischen Bevölkerung auch wahr und ernst zu nehmen.

– … rufen die Politik in Deutschland und international dazu auf, ihre Möglichkeiten für eine Deeskalation wahrzunehmen und dringend nach Wegen zu suchen, um das Blutvergießen schnellstmöglich zu beenden.

– … rufen die Staatengemeinschaft dazu auf, eine nachhaltige Lösung des Konflikts herbeizuführen, die das Lebens- und Existenzrecht beider Völker in Würde in einer Zwei-Staaten-Lösung ermöglicht.

– … erwarten von den Verantwortlichen, dass keine Verschiebung der Grundfreiheiten und Umdeutung unserer grundgesetzlichen Werte stattfindet und Muslime nicht an den Pranger gestellt werden, wenn sie auf das Leid eines Volkes oder die Einhaltung von Völkerrecht aufmerksam machen.

– … rufen unsere Gemeinden und Mitglieder dazu auf, auch weiterhin so verantwortungsvoll und besonnen wie bisher zu agieren, keinen Hass in ihre Herzen zu lassen, für das Leben und die Menschlichkeit einzustehen und am Freitag erneut für die Tausende von Todesopfern der Gewalt zu beten.

– … erwarten von der Politik, Augenmaß, Zurückhaltung und Respekt vor dem Leid und den Bedenken der Muslime, sowie die Anerkennung ihrer Beiträge.

„Muslime sind Teil der Lösung“

Für die Unterzeichner des Aufrufs sorgen Verbote und die Delegitimierung unterschiedlicher Perspektiven nicht für Deeskalation, „sondern führen zu Verunsicherung, Vertrauensverlust und zu einem Ohnmachtsgefühl“. Ebenso sorgen Verbote dafür, dass die Menschen in Deutschland und weltweit das Gefühl bekommen, dass das Leben und die Würde eines jeden Menschen nicht gleich, und ebenso nicht gleich schützenswert seien. „Tausende von palästinensiionschen zivilen Opfern als „Kollateralschaden“ zu betrachten, ist Wasser auf den Mühlen der Extremisten beider Seiten, die nur auf eine Eskalation warten, um das Leid der Menschen für ihre Ziele zu instrumentalisieren“, heißt es abschließend.

Der Koordinationsrat der Muslime und die unterzeichnenden Schuren treten entschieden ein für die Menschenwürde und die Wahrung der Menschenrechte und betonen abschließend, dass Muslime in Deutschland Teil der Gesellschaft seinen und einen wichtigen Beitrag für das Gemeinwohl leisten. „Sie sind Teil der Lösung“. (KNA, iQ)