Am Dienstag äußerte sich der Koordinationsrat der Muslime erneut zum Nahostkonflikt und dem herrschenden Diskurs in Deutschland. In einer Erklärung mahnt der KRM zu mehr Sachlichkeit und fordert eine differenzierte Betrachtung auf die Geschehnisse.
Der Koordinationsrat der Muslime (KRM) veröffentlicht am Dienstag eine Erklärung zum Nahostkonflikt und den darüber herrschenden Diskurs in Deutschland. Die hiesige Nahost-Debatte spalte sich laut dem KRM die Gesellschaft, heißt es in der Erklärung. Folge man den Medien, gewinne man den Eindruck, als gäbe es nur zwei Lager: pro-palästinensisch oder pro israelisch. In Wirklichkeit gebe es demnach einen breiten Konsens: pro-Frieden. „Die allermeisten Menschen fordern das Ende der Gewalt und Frieden – auf beiden Seiten“, so in der Erklärung weiter.
Die mediale und politische Thematisierung hingegen ziele an diesem Konsens vorbei. Der Koordinationsrat der Muslime mahne deshalb eine Versachlichung der Debatte an und fordere mehr Differenzierung.
Die bisherige Debatte schüre Vorurteile und führe zu verbalen oder tätlichen Angriffen gegenüber Juden und Muslimen. Jüdinnen, Juden und jüdische Einrichtungen seien antisemitischen verbalen und tätlichen Angriffen ausgesetzt. Seit der Gewalteskalation in Nahost würden sie in großer Sorge vor Übergriffen leben. Von der handfesten Gewalt seien auch Muslime und Moscheen betroffen, es sei bisher zu Dutzenden Übergriffen auf Muslime und Moscheen gekommen. „Ein Aufschrei ist aber bisher ausgeblieben“, kritisiert der KRM. Dieses Schweigen spiele den antimuslimischen wie auch antisemitischen extremistischen Spektren in die Hände.
Eine weitere unübersehbare Beobachtung sei das Ausbleiben mangelnder öffentlicher Anteilnahme an den schrecklichen Entwicklungen in Nahos und den Distanzierungsforderungen seitens der Politik. Diese Forderungen „frustrieren“ Muslime, weil sie sich nicht verstanden sehen“, so der KRM. Werde der Terror verurteilt, so werde die Aussage in Zweifel gezogen. Dieser Generalverdacht führe insbesondere bei jüngeren Muslimen zu einer Entfremdung– eine zutiefst besorgniserregende Entwicklung.
Es häufen sich auch laut dem KRM Berichte in der muslimischen Gesellschaft über Kinder und Jugendliche, die Stigmatisierungen in Schulen ausgesetzt seien. „An die Mitglieder des Koordinationsrates wurden zahlreiche Fälle von besorgten Schülerinnen und Schülern sowie Eltern herangetragen. Sie beklagen Gesinnungsabfragen oder das Auslassen der Thematisierung der nun über 10.000 palästinensischen Opfer, davon über 4.000 Kinder, im Schulunterricht. Wer darauf aufmerksam mache, werde teilweise ausgegrenzt“, erklärt der KRM.
Es gehe nicht darum, den Terror zu relativieren oder gar zu unterstützen. „Wer Verbrechen verteidigt, muss selbstverständlich Gegenwind ernten. Wer jedoch legitime Forderungen stellt, das Leid des palästinensischen Volkes zur Sprache bringt, sich mit ihr solidarisiert, sich für Frieden einsetzt, verdient Gehör“, so der KRM abschließend.