Nahostkonflikt

KRM kritisiert Diskurs zum Nahostkonflikt in Deutschland

Am Dienstag äußerte sich der Koordinationsrat der Muslime erneut zum Nahostkonflikt und dem herrschenden Diskurs in Deutschland. In einer Erklärung mahnt der KRM zu mehr Sachlichkeit und fordert eine differenzierte Betrachtung auf die Geschehnisse.

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Sybolbild: Hilal - Kuppel © Edward Musik / CC 2.0 / flickr

Der Koordinationsrat der Muslime (KRM) veröffentlicht am Dienstag eine Erklärung zum Nahostkonflikt und den darüber herrschenden Diskurs in Deutschland. Die hiesige Nahost-Debatte spalte sich laut dem KRM die Gesellschaft, heißt es in der Erklärung. Folge man den Medien, gewinne man den Eindruck, als gäbe es nur zwei Lager: pro-palästinensisch oder pro israelisch. In Wirklichkeit gebe es demnach einen breiten Konsens: pro-Frieden. „Die allermeisten Menschen fordern das Ende der Gewalt und Frieden – auf beiden Seiten“, so in der Erklärung weiter.

Die mediale und politische Thematisierung hingegen ziele an diesem Konsens vorbei. Der Koordinationsrat der Muslime mahne deshalb eine Versachlichung der Debatte an und fordere mehr Differenzierung.

Muslime fühlen sich frustriert

Die bisherige Debatte schüre Vorurteile und führe zu verbalen oder tätlichen Angriffen gegenüber Juden und Muslimen. Jüdinnen, Juden und jüdische Einrichtungen seien antisemitischen verbalen und tätlichen Angriffen ausgesetzt. Seit der Gewalteskalation in Nahost würden sie in großer Sorge vor Übergriffen leben. Von der handfesten Gewalt seien auch Muslime und Moscheen betroffen, es sei bisher zu Dutzenden Übergriffen auf Muslime und Moscheen gekommen. „Ein Aufschrei ist aber bisher ausgeblieben“, kritisiert der KRM. Dieses Schweigen spiele den antimuslimischen wie auch antisemitischen extremistischen Spektren in die Hände.

Eine weitere unübersehbare Beobachtung sei das Ausbleiben mangelnder öffentlicher Anteilnahme an den schrecklichen Entwicklungen in Nahos und den Distanzierungsforderungen seitens der Politik. Diese Forderungen „frustrieren“ Muslime, weil sie sich nicht verstanden sehen“, so der KRM. Werde der Terror verurteilt, so werde die Aussage in Zweifel gezogen. Dieser Generalverdacht führe insbesondere bei jüngeren Muslimen zu einer Entfremdung– eine zutiefst besorgniserregende Entwicklung.

„Wer Verbrechen verteidigt, muss Gegenwind ernten“

Es häufen sich auch laut dem KRM Berichte in der muslimischen Gesellschaft über Kinder und Jugendliche, die Stigmatisierungen in Schulen ausgesetzt seien. „An die Mitglieder des Koordinationsrates wurden zahlreiche Fälle von besorgten Schülerinnen und Schülern sowie Eltern herangetragen. Sie beklagen Gesinnungsabfragen oder das Auslassen der Thematisierung der nun über 10.000 palästinensischen Opfer, davon über 4.000 Kinder, im Schulunterricht. Wer darauf aufmerksam mache, werde teilweise ausgegrenzt“, erklärt der KRM.

Es gehe nicht darum, den Terror zu relativieren oder gar zu unterstützen. „Wer Verbrechen verteidigt, muss selbstverständlich Gegenwind ernten. Wer jedoch legitime Forderungen stellt, das Leid des palästinensischen Volkes zur Sprache bringt, sich mit ihr solidarisiert, sich für Frieden einsetzt, verdient Gehör“, so der KRM abschließend.

Leserkommentare

Evergreen sagt:
Beklagen der Toten und Sehnsucht nach Frieden ist nur das EINE. Doch damit trifft man leider nicht den Kern des Problems. Wann und wo hat der KRM sich eindeutig für das Existenzrecht Israels ausgesprochen und sich klar und offen distanziert von der HAMAS und vielen ähnlichen Organisationen, welche erklärtermaßen den Staat Israel ausradieren wollen und nach eigenen Worten bis zum Endsieg Terrorangriffe immer wieder fortsetzen wollen. Das Existenzrecht Israels wird seit 1948 immer wieder mit Worten, Terror, Geiselnahme, Selbstmordattentaten und Kriegen s in Frage gestellt. (Dabei rechtfertige ich israelische Politik im Einzelnen keineswegs.) Was macht der KRM, dass das Existenzrecht Israels n i r g e n d w o in unseren muslimischen Gemeinden und auf den Straßen und im Internet in Frage gestellt wird? Und wann lädt IslamiQ endlich den muslimischen Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi ein, auf der IslamiQ-Plattform seine Thesen vorzustellen, was der Koran zum sogenannten Heiligen Land und zu den Juden sagt und warum? Zum religiösen Dialog gehört, dass man auch kritische muslimische Islam-Wissen-schaftler zu Gehör bringt.
07.11.23
19:57
Muslim sagt:
Sie sollen endlich mal auf die Straße und Gesicht zeigen. Nach 4 Wochen Terror, ist so eine mikrige Erklärung einfach zu wenig, Die Menschen sollen in den Moscheen der Organisationen des Koordinationsrates wöchentlich Freitags eine Kundgebung halten, zu der aktuellen Situation in GAZZA! Und auch die Regierungsvertreter namentlich zur Verantwortung aufrufen. Da ist der "Fremde" Jürgen Todenhöfer mutiger als alle Verbandsmitglieder zusammen.
08.11.23
8:22
Green is not well- informed sagt:
Warum soll sich der Koordinationsrat für das Existenzrecht Israels einsetzen? Genauso könnte der Zentralrat der Juden sich auch gegen antimuslimischen Rassismus und für einen Palästinensischen Staat einsetzen. Jedoch kommt diese Forderung nicht. Warum eigentlich nicht? Wer Abdel-Hakim Ourghi als Islam-Wissenschaftler bezeichnet, der kann genauso Gut einen Veganer nach der Zubereitung des Besten ,fleischhaltigen Gerichtes fragen. Wieso überhaupt Ourghi? Kann es etwa daran liegen, dass er das sagt was Herr oder Frau "Evergreen" gerne hören möchte oder Ihre eigene Ideologie bestätigt? Dies ist jedoch nicht gleichzusetzen mit einer wirklich fundierten islamischen Qualifizierung. Und Qualifizierte Gelehrte gibt es zum Glück genug.
08.11.23
17:27
Koranus sagt:
Wie auch bei anderen Themen wird der aktuelle Nahostkonflikt von islamiq.de und auch anderen Islamorganisationen dahingehend instrumentalisiert, die Muslime einseitig als Opfer darzustellen. Der Antisemitismus, der insbesondere in der muslimischen Community grassiert, wird kaum thematisiert. Damit leistet sich islamiq.de ein Fehlverhalten, das es genau in dem obigen Artiklel gegenüber anderen Medien und Institutionen kritisiert.
09.11.23
7:10
Timotheus sagt:
Wann bekundet der muslimische Koordinationsrat auch einmal Empathie und Mitgefühl für verfolgte LGBTIQ-Menschen? Besonders auch für queere Menschen, die nach einem Scharia-Urteil öffentlich ausgepeitscht und hingerichtet wurden. Das ist längst überfällig.
09.11.23
21:04
Eveergreen sagt:
Green ist not well .. schreibt: > Genauso könnte der Zentralrat der Juden sich auch gegen antimuslimischen Rassismus und für einen Palästinensischen Staat einsetzen. Jedoch kommt diese Forderung nicht. Warum eigentlich nicht? < Der Zitierte schreibt wie der Blinde von der Farbe. Die interessegeleiteten Verlautbarungen des Zentralrats der Juden lese ich äußerst kritisch (um es vorsichtig zu formulieren) und lese regelmäßig auch dessen JÜDISCHE ALLGEMEINE. Der zitierte Leserkommentierer sollte dort in frühere Aus- gaben Einsicht nehmen und sich dann öffentlich für seine falsche Unterstellung entschuldigen. Der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) war Gründungsmitglied des Koordinationsrats der Muslime in Deutschland (KRM). Der VIKZ ist gerade jetzt aus dem KRM ausgetreten. IslamiQ sollte auch den VIKZ einladen, seine Gründe für den Austritt mitzuteilen.
10.11.23
14:55