Kopftuchverbot

EuGH und das Kopftuch am Arbeitsplatz – eine Chronologie

Es ist nicht das erste Mal, dass der Europäische Gerichtshof nicht im Sinne der muslimischen Frau entscheidet. Das Kopftuchverbot am Arbeitsplatz ist ein Dauerthema. Ein Überblick über die wichtigsten Entscheidungen.

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11
2023
Kopftuchverbot
Symbolbild: Muslimin mit Kopftuch © Shutterstock, bearbeitet by iQ.

Die jüngste Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bezüglich des Tragens von religiösen Symbolen am Arbeitsplatz, insbesondere des Kopftuchs, wirft erneut einen Schatten auf die Berufsfreiheit muslimischer Frauen in Deutschland und Europa. Erneut werden Musliminnen vor die Wahl gestellt, ihre Religionsausübung zu verbergen oder ihre beruflichen Ambitionen aufzugeben.

Obwohl diese Entscheidungen nicht unmittelbar verbindlich für nationale Gerichte sind, wirken sie sich nachhaltig auf nationale Rechtssysteme aus. Die EuGH-Rechtsprechung wird oft als Leitfaden verwendet und nationale Gerichte neigen dazu, sich an dieser Auslegung zu orientieren.

Diese Orientierung führt oft zu Nachteilen für muslimische Frauen. Laut den muslimischen Vertretern werden muslimische Frauen weiter ausgegrenzt. Außerdem werde ihnen die Möglichkeit genommen, sich mit einem Beruf selbstbestimmt zu entfalten.

IslamiQ hat die wichtigsten Urteile des Europäischen Gerichtshofs zum Kopftuchverbot am Arbeitsplatz seit 2017 zusammengefasst:

14.03.2017 – Urteil: Arbeitgeber können Kopftuch unter Umständen verbieten

Arbeitgeber können das Tragen eines Kopftuchs untersagen, wenn weltanschauliche Zeichen generell in der Firma verboten sind und wenn es gute Gründe gibt, erklärt das Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung. Anlass der Urteile sind Klagen muslimischer Frauen. In Belgien war der Rezeptionistin Samira A. nach drei Jahren Arbeit in einem Sicherheitsunternehmen entlassen worden, als sie ankündigte, das Kopftuch künftig auch während der Arbeitszeit tragen zu wollen.

25.02.2021 – EuGH veröffentlicht Gutachten zum Kopftuchverbot

Die strengen deutschen Regeln für ein Kopftuchverbot am Arbeitsplatz sind aus Sicht des zuständigen Gutachters am Europäischen Gerichtshof mit EU-Recht vereinbar. Konkret geht es darum, dass in Deutschland bei einem solchen Verbot etwa eine „hinreichend konkrete Gefahr eines wirtschaftlichen Nachteils für den Arbeitgeber“ nachgewiesen werden muss.

Grundsätzlich kann Mitarbeiterinnen das Tragen eines Kopftuchs am Arbeitsplatz jedoch verboten werden. Das am Donnerstag in Luxemburg veröffentlichte Gutachten ist für die EuGH-Richter nicht bindend, häufig folgen sie ihm aber.

13.10.2022 – EuGH bestätigt: Unternehmen können Kopftuch unter Umständen verbieten

Unternehmen können ihren Mitarbeitern unter Umständen das Tragen von religiösen Zeichen wie dem Kopftuch verbieten. Wenn eine solche Neutralitätsregel allgemein und unterschiedslos auf alle Mitarbeiter angewandt werde, sei das keine unmittelbare Diskriminierung, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg.

Bei einem Bewerbungsgespräch für ein Praktikum in einer Verwaltungsgesellschaft in Belgien wurde eine Muslimin mit Kopftuch auf die unternehmensinterne Neutralitätsregel hingewiesen. Demnach müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darauf achten, dass sie ihre religiösen, philosophischen oder politischen Weltanschauungen weder durch Worte noch durch ihre Kleidung zum Ausdruck bringen.

28.11.2023 – Urteil: Behörden können Mitarbeiterinnen das Kopftuch verbieten

Ein Kopftuchverbot in öffentlichen Verwaltungen ist nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) unter Umständen rechtens. Das sei keine Diskriminierung, solange solche Verbote religiöser Zeichen allgemein und unterschiedslos auf das gesamte Personal der Verwaltung angewandt würden und sich auf das absolut Notwendige beschränkten, teilten die Richter des höchsten europäischen Gerichts in Luxemburg mit. Hintergrund ist ein Fall aus Belgien, in der eine Büroleiterin in der Gemeinde Ans am Arbeitsplatz das Kopftuch nicht tragen durfte.

Leserkommentare

Evergreen sagt:
1] Der Einleitungssatz ist ganz schlimm. „Es ist nicht das erste Mal, dass der Europäische Gerichtshof nicht im Sinne DER muslimischen Frau entscheidet.“ Hier wird KOLLEKTIV von „der muslimischen Frau“ geredet. Die Mehrheit der muslimischen Frauen in Deutschland, welche kein Kopftuch tragen (und auch kein Problem mit dem Urteil haben), wird indirekt das Muslimsein abgesprochen. MAN fordert Toleranz, gewährt sie aber – schon in der Sprache – in den eigenen Reihen nicht, grenzt aus. 2] Es wird suggeriert, dass eine echte und praktizierende Muslimin Kopftuch trage. Solche Sprache und solches Denken fördert den muslimischen Rassismus. Was ist das denn Anderes, wenn in Schulen, auf Schulhöfen und Schulwegen und in Vereinen muslimische Schülerinnen von Gleichaltrigen drangsaliert werden, damit sie endlich Kopftuch tragen, oder wenn Verwandtschaft und Bekanntschaft Druck ausüben? 3] Ein muslimischer Mann muss sich nicht outen, bei einer braven muslimischen Frau wird dies (schon sprachlich) vorausgesetzt. Diese Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ist ganz, ganz schlimm, weil MAN zum Beispiel Sure 24 Vers 31 einfach falsch interpretiert und sich dann einfach über den Koran hinwegsetzt. 4] IslamiQ sollte auch zu diesem Thema Beiträge von andersdenkenden bekannten muslimischen Theologen bringen und auch bekannte andersdenkende Musliminnen zu Wort kommen lassen. Warum scheut man bei kontroversen innerislamischen Themen kontroverse Beiträge? 5] Eine Ungleichbehandlung und Diskriminierung der Frau liegt auch vor, wenn angeblich eine Muslimin keinen Nichtmuslim heiraten darf, der Mann aber eine Nichtmuslimin.
30.11.23
13:52
Bu Müslümanlara Ne Oluyor sagt:
[…] başörtüsü takmamış, hiç takmayacak olan birisine başörtüsünü yasaklasan ne olur, yasaklamasan ne […]
06.12.23
15:15
Evergreen sagt:
Wer auf der deutschsprachigen Plattform IslamiQ einen deutschsprachigen Artikel kommentiert, sollte dem eigenen Kommentar zumindest auch eine deutsche Übersetzung beifügen (lassen). Sonst riecht das nach bewusster EXKLUSION. Im Übrigen kann ich das Wort Integration nicht mehr hören. Mir reicht es, wenn man sich an den Geist und Buchstaben des Grundgesetzes hält, die Straßenverkehrsordung beachtet und sich auch auf Deutsch verständigen kann.
08.12.23
0:02