Seit über sieben Wochen durften in Hamburg keine spontanen Kundgebungen zur Solidarität mit Palästinensern stattfinden. Diese Einschränkung des Versammlungsrechts geht dem Verwaltungsgericht nun zu weit.
Das Verwaltungsgericht in Hamburg hat das Verbot von spontanen Kundgebungen zur Solidarität mit den Palästinensern aufgehoben. Nach Auffassung des Gerichts trage die derzeitige Gefahrenprognose das generelle Verbot nicht, teilte ein Gerichtssprecher am Freitag mit. Die verfassungsrechtliche Bedeutung der Versammlungsfreiheit verlange eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit. „Das ist derzeit nicht erkennbar“, erklärte das Gericht nach Angaben des Sprechers.
Die Polizei als Versammlungsbehörde akzeptiere die Entscheidung und werde die Allgemeinverfügung mit sofortiger Wirkung nicht weiter zur Anwendung bringen, teilte ein Polizeisprecher mit.
Seit dem 16. Oktober hatte die Polizei immer wieder Allgemeinverfügungen erlassen, die alle nicht angemeldeten und nicht von der Versammlungsbehörde bestätigten Versammlungen zur Unterstützung der Palästinensern untersagten. Zuletzt war die Verfügung am vergangenen Mittwoch bis kommenden Sonntag verlängert worden. „Vor dem Hintergrund des Chanukka-Festes hätten wir zum Schutz jüdischen Lebens in Hamburg gerne noch ein paar Tage länger auf die Allgemeinverfügung zurückgegriffen“, sagte der Polizeisprecher. Das achttägige jüdische Fest hatte am Donnerstag begonnen und geht noch bis zum kommenden Freitag.
Die Polizei kündigte an, dass Straftaten und Ordnungsstörungen weiterhin mit aller Konsequenz verfolgt würden. „Die Verwendung verbotener Symbolik ist und bleibt ebenso ausdrücklich untersagt wie eine Billigung der Gräueltaten der Hamas oder sämtliche antisemitischen Äußerungen», hieß es. Von den Allgemeinverfügungen waren regulär angemeldete Versammlungen unter freiem Himmel nicht betroffen gewesen. Die Anmeldungen wurden jeweils intensiv geprüft und bestätigt, sofern keine Gründe für ein Verbot vorlagen.
In einem aktuellen UN-Bericht werfen Experten Deutschland Diskriminierung von Muslimen vor. Mit Besorgnis nehme man auch Verbote friedlicher Demonstrationen zum Gedenken an die historische Vertreibung von Palästinensern und zur Unterstützung der Bevölkerung in Gaza zur Kenntnis, erklärte der UN-Ausschuss zur Beseitigung der Rassendiskriminierung (CERD) am Freitag in Genf. (dpa, iQ)