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AfD-Politiker sprachen mit Identitären über „Masterplan“ zu Migration

Ein Zahnarzt lädt zu einem exklusiven Treffen in Potsdam, das AfD-Politiker mit dem bekanntesten Gesicht der Identären Bewegung zusammenbringt. Das Medienhaus Correctiv hat Fotos davon. Der Inhalt des Gesprächs ist brisant.

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Symbolbild: Wahlplakat der AfD © shutterstock, bearbeitet by iQ.
Symbolbild: Wahlplakat der AfD © shutterstock, bearbeitet by iQ.

AfD-Politiker haben im November in Potsdam an einem Treffen teilgenommen, bei dem der Taktgeber der rechtsextremen Identitären Bewegung, Martin Sellner, seine Ideen vortrug. Dies berichtete das Medienhaus Correctiv am Mittwoch nach einer umfangreichen Recherche. Sellner bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass er bei dem Treffen über „Remigration“ gesprochen habe – ein rechtes Konzept zur Rückführung von Zugewanderten. Politiker mehrerer Parteien äußerten sich besorgt über das Treffen, darunter Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).

Von AfD-Seite war unter anderen der frühere Bundestagsabgeordnete Roland Hartwig dabei, heute Berater von Partei- und Fraktionschefin Alice Weidel. Das bestätigte ein Sprecher Weidels auf Anfrage und teilte mit: Frau Weidel „hatte aber keinerlei Kenntnis von den Teilnehmern. Auch Hartwig wusste vorab nichts von Sellner.“ Ein Parteisprecher ergänzte: „Die AfD wird ihre Haltung zur Einwanderungspolitik, die im Parteiprogramm nachzulesen ist, nicht wegen einer Einzelmeinung eines Vortragenden auf einem Treffen, das kein AfD-Termin war, abändern.“

Verfassungsschutz beobachtet Entwicklung

Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall ein. Die Partei hat dagegen geklagt. Mit einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in Münster dazu wird Ende Februar gerechnet. „Im Rahmen der Verdachtsfall-Bearbeitung beobachtet das Bundesamt für Verfassungsschutz die weitere Entwicklung der AfD sehr genau“, sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums. „Dabei werden auch mögliche Treffen mit Akteuren aus dem rechtsextremistischen Spektrum einbezogen.“

Correctiv erhielt nach eigenen Angaben auf Nachfrage von einem Düsseldorfer Zahnarzt die Bestätigung, dass er „alleiniger Veranstalter“ des Treffens gewesen sei. Doch stand auf der Einladung, die Correctiv vorliegt und in die dpa Einblick nehmen konnte, auch der Name Hans-Christian Limmer, bisher Mitgesellschafter der Restaurantkette Hans im Glück. Das Unternehmen teilte mit, Limmer habe seinen Rückzug angeboten und man habe dies angenommen. Die Trennung habe sofortige Wirkung. Das Unternehmen distanziere sich „klar von rechtsextremen Ansichten, sie stellen das genaue Gegenteil unserer Grundwerte dar“.

Auch Sachsen-Anhalts AfD-Fraktionschef Ulrich Siegmund bestätigte Correctiv seine Teilnahme und erklärte, er sei als Privatperson und nicht in seiner Funktion als Abgeordneter für die AfD bei dem Treffen gewesen. Doch forderten SPD, Linke und Grüne in Magdeburg Siegmunds Rücktritt als Chef des Sozialausschusses im Landtag.

„Eine rein private Veranstaltung“

Der stellvertretende Potsdamer AfD-Kreisvorsitzende Tim Krause bestätigte auf Anfrage ebenfalls, dass er bei dem Treffen zeitweise anwesend war. Es sei darum gegangen, „dem Migrationsrecht wieder zu Recht und Geltung zu verhelfen“. Krause, der auch Pressesprecher der AfD-Landtagsfraktion ist, betonte: „Es war eine rein private Veranstaltung.“ Den Vortrag von Sellner habe er nicht gehört, weil er erst ab dem frühen Abend teilgenommen habe. „Die Identitäre Bewegung steht aus gutem Grund auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD“, sagte Krause. Er habe aber an dem Abend Kontakt zu Sellner gehabt, weil er lieber mit Menschen als über sie spreche.

Im Einladungsbrief heißt es, bei der Veranstaltung werde ein „Strategiekonzept im Sinne eines Masterplans“ vorgestellt. Für die Teilnahme werde eine „Mindestspende von 5000 Euro“ erhoben. Correctiv berichtete unter Berufung auf Teilnehmer, Thema bei dem Treffen sei ein Vortrag Sellners zur „Remigration“ gewesen – was Sellner der dpa dann auch bestätigte.

Für AfD ist „Remigration“ schon lange Thema

Unter dem Begriff verstehen Fachleute die Rückkehr von Menschen, die geflohen oder eingewandert sind, in ihre Herkunftsländer. Sellner schrieb in einer Email, sein Plan sei nicht geheim, sondern werde „im patriotischen Lager breit und öffentlich diskutiert“. Er umfasse „nicht nur Abschiebungen, sondern auch Hilfe vor Ort, Leitkultur und Assimilationsdruck“. Er habe eine „Musterstadt“ vorgeschlagen, „die als Sonderwirtschaftszone in Nordafrika gepachtet und organisiert werden könnte“. Sellner fügte hinzu: „Das Konzept der Remigration ist ein Vorschlag meinerseits. Welche Partei diesen aufgreift oder eventuell umsetzt, ist aus meiner Sicht nicht relevant.“

Führende AfD-Politiker fordern auch öffentlich „Remigration“. Der innenpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Gottfried Curio, sagte im November im Bundestag: „Wir brauchen die wirkliche, tatsächliche Rückführung, die komplette Abschiebung. Wir brauchen, meine Damen und Herren, endlich die wirkliche Remigration.“

Kritik der anderen Parteien

Bundesinnenministerin Faeser warnte mit Blick auf das Treffen im „Stern“: „Niemand sollte diese Gefahr unterschätzen.“ Man sehe, wie notwendig es sei, „dass der Verfassungsschutz sehr genau beobachtet, welche Kontakte es im rechtsextremistischen Spektrum gibt, wie sich Verfassungsfeinde mit AfD-Vertretern vernetzen und welche menschenverachtenden Ideologien dort propagiert werden“.

Marcel Emmerich, Obmann der Grünen im Innenausschuss des Bundestags, sagte: „Die AfD agiert als Wolf im Schafspelz eines rechtsextremen Netzwerkes mit faschistischer Vertreibungsideologie.“ Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, forderte einen „Aufstand der Anständigen“ zum Erhalt der Demokratie.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann erklärte zu dem Treffen: „Wir beobachten das mit größter Sorge. Die AfD macht sich planvoll auf einen Weg, der eine große Gefahr für unser Land, unsere Freiheit, unseren Wohlstand wäre.“ Die Linke warnte: „Die AfD spielt eine zentrale Rolle bei rechten Bestrebungen, gewaltsam gegen Menschen und Institutionen vorzugehen.“ Dies sei eine ernste Bedrohung. (dpa, iQ)