Schon seit ein paar Jahren bekommt die NPD – heute „Die Heimat“ – kein Geld mehr aus der staatlichen Parteienfinanzierung. Das lag an den Wahlergebnissen. Nun hat das höchste deutsche Gericht ein weitergehendes Urteil gesprochen.
Weil die rechtsextreme NPD verfassungsfeindlich ist, hat das Bundesverfassungsgericht die in „Die Heimat“ umbenannte Partei für sechs Jahre von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen. „Die Antragsgegnerin missachtet nach wie vor die freiheitliche demokratische Grundordnung und ist nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Mitglieder und Anhänger auf deren Beseitigung ausgerichtet“, erklärte die Vorsitzende Richterin des Zweiten Senats, Doris König, am Dienstag in Karlsruhe. Es war das erste Verfahren dieser Art am höchsten deutschen Gericht.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) begrüßte die Entscheidung. Die Partei selbst zeigte sich unbeeindruckt und kündigte an, ihre Arbeit fortzusetzen. Diskutiert werden dürfte das Urteil auch in Bezug auf die AfD. (Az. 2 BvB 1/19)
Das politische Konzept der Partei sei weiterhin nicht mit der Garantie der Menschenwürde im Sinne des Grundgesetzes vereinbar, erläuterte König die einstimmige Entscheidung des Senats. So halte sie am ethnischen Volksbegriff und der Vorstellung von der deutschen „Volksgemeinschaft“ als Abstammungsgemeinschaft fest. Zur Verwirklichung der „deutschen Volksgemeinschaft“ fordere sie die Trennung von Kulturen und Ethnien, eine umfassende rechtliche Besserstellung aller dieser Gemeinschaft Zugehörigen und die Abwertung des rechtlichen Status‘ aller nicht Zugehörigen.
„Die Propagierung der ethnisch definierten „Volksgemeinschaft“ hat eine gegen die Menschenwürde und das Gebot elementarer Rechtsgleichheit verstoßende Missachtung von Ausländern, Migranten und Minderheiten zur Folge“, sagte König. Vorgelegte Belege ließen erkennen, dass die rassistische, insbesondere antimuslimische, antisemitische und antiziganistische Grundhaltung der Partei sowie ihre ablehnende Haltung gegenüber gesellschaftlichen Minderheiten wie zum Beispiel transsexuellen Personen unverändert fortbestehe.
Darüber hinaus wende sich die Partei gegen das Demokratieprinzip. „Sie will die bestehende Verfassungsordnung durch einen an der „ethnischen Volksgemeinschaft“ ausgerichteten autoritären Nationalstaat ersetzen“, sagte König. Das bestehende parlamentarische System mache sie verächtlich und rufe zu dessen Überwindung auf.
Die Möglichkeit zum Finanzierungsausschluss hat der Gesetzgeber nach dem zweiten erfolglosen NPD-Verbotsverfahren 2017 geschaffen. Ein Verbot hatte das Verfassungsgericht damals abgelehnt, weil es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass die Partei ihre verfassungsfeindlichen Ziele durchsetzen könne.
Der Gesetzgeber schuf daraufhin die Möglichkeit zum Ausschluss von der Parteienfinanzierung. Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung beantragten dann, die NPD und mögliche Ersatzparteien für sechs Jahre von der Teilfinanzierung auszuschließen. Der Zeitraum ist gesetzlich vorgegeben. Mit dem 129 Seiten langen Urteil entfallen auch steuerliche Begünstigungen der Partei und der Zuwendungen an sie.
Bundesinnenministerin Faeser betonte, von der Entscheidung des Gerichts gehe ein klares Signal aus: „Unser demokratischer Staat finanziert keine Verfassungsfeinde.“ Die verfassungsrechtlichen Hürden für künftige Verfahren blieben zwar hoch, sagte Faeser laut Mitteilung. Doch „haben wir jetzt ein weiteres Instrument zum Schutz unserer Demokratie“.
Bei der mündlichen Verhandlung im Juli vergangenen Jahres hatte es einen Eklat gegeben, weil kein Parteivertreter erschienen war – laut Gericht ein einmaliger Vorgang. Auch zur Urteilsverkündung schickte Die Heimat niemanden. Der Parteivorsitzende Frank Franz räumte schriftlich ein, das Urteil sei nicht schön für Die Heimat. „Aber wer glaubt, das würde uns aus dem Spiel werfen und uns aufhalten, der täuscht sich gewaltig.“ Gestärkt durch die Unterstützung ihrer Mitglieder und Spender werde die Partei ihren Weg gehen. Laut einem Sprecher hat die Partei rund 3000 Mitglieder.
Aus Sicht der Ex-NPD wurde mit der Entscheidung „eine missliebige Konkurrenz von dieser Förderung verbannt“. Es sei ein Exempel gegen eine „volkstreue Partei“ statuiert worden, hieß es. „Hat es jetzt Die Heimat getroffen, steht jetzt erwartungsgemäß die AfD im Fokus.“
CSU-Chef Markus Söder beispielsweise hatte in der aktuellen Debatte um ein mögliches AfD-Verbot die Option eines Finanzierungsausschlussverfahrens ins Gespräch gebracht. Allerdings müsste das Gericht auch für einen solchen Ausschluss feststellen, dass die AfD verfassungsfeindlich ist – die Kriterien sind also weitgehend dieselben. Einziger Unterschied: Die sogenannte Potenzialität zur Beseitigung oder Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, die für ein Verbot erforderlich ist und die das Gericht bei der NPD nicht gesehen hatte. (dpa/iQ)