An Schulen in Thüringen sind im vergangenen Jahr mehr rechtsextreme, rassistische oder antisemitische Vorfälle gezählt worden als 2022. Das Bildungsministerium hat dafür vor allem zwei Erklärungen.
An Schulen in Thüringen sind nach Angaben des Bildungsministeriums im vergangenen Jahr 129 rechtsextreme, rassistische oder antisemitische Vorfälle erfasst worden. Das war knapp ein Drittel mehr als ein Jahr zuvor, wie das Ministerium auf Anfrage mitteilte. 2022 hatte das Ministerium 98 solcher Vorfälle gezählt. „Die gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahre, die spürbare Polarisierung der Gesellschaft spiegeln sich natürlich auch in der Schule wider“, sagte Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Linke) der Deutschen Presse-Agentur.
Dennoch sei es nicht alleine Aufgabe der Pädagogen, extremistische Tendenzen zu erkennen und ihnen zu begegnen. „Rechtsextremismus und Antisemitismus gehen jeden, gehen jede an“, sagte Holter. Die gesamte Zivilgesellschaft sei deshalb gefordert, wachsam zu sein, um jeder Form von Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit zu begegnen.
Das Ministerium erfasst rechtsextreme, rassistische oder antisemitische Vorfälle als sogenannte besondere Vorkommnisse in drei Kategorien: als Beschimpfung von Religionsgemeinschaften, als Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen oder als Volksverhetzung. Da die Schulverwaltung allerdings keine Strafverfolgungsbehörde sei, seien die Einstufungen in diese Kategorien immer nur vorläufig, sagte eine Ministeriumssprecherin. „Alles weitere wird – sofern erforderlich – der polizeilichen Ermittlungsarbeit übergeben.“
Im Schulalltag können solche Fälle ganz unterschiedlich gelagert sein: von rassistischen Beschimpfungen auf dem Schulhof über antisemitische Bemerkungen im Unterricht bis hin zu Hakenkreuz-Schmierereien auf Schultoiletten.
Neben der auch global zugespitzten Lage hängt die höhere Zahl auch damit zusammen, dass es an den Schulen inzwischen eine noch höhere Sensibilität in Bezug auf rechtsextreme, rassistische oder antisemitische Vorfälle als in der Vergangenheit gibt. Deshalb würden mehr Fälle als früher auch tatsächlich gemeldet. Schon dass es ein Meldegebot für Vorkommnisse dieser Art gebe, unterstreiche, dass derartige Vorfälle nicht normal seien. Wichtig und entscheidend sei, dass es nicht bei Meldungen bleibe, sondern dass es auch in jedem Einzelfall eine Reaktion der Schule auf solche Vorfälle erfolge.
Gemessen an der Zahl der Schulen und der Schultage könne allerdings noch nicht die Rede von einer großen Zahl an Vorfällen sein, sagte die Ministeriumssprecherin. In Thüringen gibt es nach Ministeriumsangaben etwa 970 allgemeinbildende und berufsbildende Schulen. Dort lernen ungefähr 250 000 Kinder und Jugendliche. (dpa/iQ)