30 Tage lang wird im Ramadan eine Straße in Köln mit Lichtern beleuchtet. Initiiert wurde das Ganze vom Verein „The Ramadan Projekt“. Im IslamiQ-Interview sprechen wir mit dem Verein über die Intention und die Atmosphäre des Ramadans.
IslamiQ: Wie ist das „The Ramadan Project“ entstanden und was hat Sie dazu bewogen?
The Ramadan Project: Unsere Vorsitzende hat vergangenes Jahr zu Ramadan ein Praktikum in London absolviert und kam voller Begeisterung und Inspiration zurück: bezaubernde „Ramadan Lights“ am Piccadilly und herzerwärmende Open Iftar-Events in Museen, Fußballstadien, Bibliotheken, Universitäten und öffentlichen Plätzen. Nach ihrer Rückkehr stand fest, dass es derartige Initiativen auch in Deutschland geben muss. Und so haben wir tatkräftig unseren Verein gegründet.
London hat uns gezeigt, dass wir Ramadan auch in der Öffentlichkeit und gesamtgesellschaftlich leben können. Die kulturelle und religiöse Vielfalt in Deutschland ist ein wertvoller Schatz. Mit unserer Arbeit möchten wir transparente Einblicke ermöglichen, vereinen statt spalten, und Einheit in Vielfalt leben. So hoffen wir, dass der wertvolle Schatz des Ramadans erkannt und wertgeschätzt wird.
IslamiQ: Die Venloer Str. in Köln blüht seit gestern im Lichte des Ramadans. Gab es Herausforderungen bei der Umsetzung der Idee?
The Ramadan Project: Hervorzuheben sind zwei Herausforderungen. Erstens: Wenn wir über unser Projekt erzählt haben, wandelte sich das Strahlen in den Augen schnell in Skepsis um. Nahezu alle hielten es für realitätsfern, öffentliche Straßen mit Ramadan-Beleuchtung zu schmücken. Das zeigte sich auch in der sehr zögerlichen Spendenbereitschaft. Zweitens: Wir sind unabhängig und aus einer privaten Initiative entstanden. „The Ramadan-Project“ ist unser Herzensprojekt ohne Profitgedanken; ausschließlich gemeinnützige und ehrenamtliche Arbeit, um unsere Gesellschaft zu verschönern. Ob Privatspender, Großspender oder Eventlocation-Anbieter – viele sind uns misstrauisch begegnet. Somit hatten wir sowohl mit der Überzeugungsarbeit als auch mit finanziellen Hindernissen zu kämpfen.
Die Beleuchtung auf der Venloer Str. konnten wir ausschließlich durch Spenden finanzieren. Wir möchten uns auf diesem Weg auch bei allen, die gespendet haben, bedanken. Ein weiterer Dank gilt der RheinEnergie, mit deren Hilfe wir die Leuchter auch an die Straßenlaternen angebracht haben.
IslamiQ: Was ist Ihrer Meinung nach, das Besondere am Ramadan?
The Ramadan Project: Das ist eine Frage, die jede aus unserem Team persönlich um Nuancen anders beantworten würde. Für unseren Verein ist das Besondere am Ramadan, Menschen zusammenzubringen, das Gemeinschaftsgefühl zu stärken und nicht zuletzt den Segen und das Licht des Ramadans gemeinschaftlich zu spüren. Gleichzeitig ist es aber auch eine Zeit der Selbstreflexion. Das ist für alle wichtig und inspirierend.
IslamiQ: Wie bewerten Sie die Atmosphäre im deutschen öffentlichen Raum während des Ramadans? Und was möchten Sie dazu beitragen?
The Ramadan Project: Genau in dieser Frage haben wir das Problem gesehen. Weiß die breite Öffentlichkeit, wann der Ramadan beginnt, welche Bedeutung er hat und wie Muslime diesen gesegneten Monat verbringen? Wir beobachten, dass sehr viel Unwissenheit bezüglich dieser Fragen besteht. Das ist beachtlich, wenn man sich vor die Augen führt, dass in NRW knapp 1,5 Millionen Muslime leben, also rund 10 % der Einwohner. Das ist aber nicht verwunderlich, wenn man sich anschaut, wie der Ramadan in Deutschland gelebt wird.
Es gibt einige gemeinsame Iftarabende im öffentlichen Raum, die schon seit Dekaden jährlich stattfinden. Das ist schön und hat gesellschaftlich eine wichtige Bedeutung für das harmonische Miteinander, ist aber sehr fragmentarisch.
Der Monat Ramadan findet eher in den eigenen vier Wänden und in den Moscheegemeinden statt. Das ist bis zu einem gewissen Grad natürlich – aber der Grund für die Unwissenheit in der Mehrheitsgesellschaft. Und genau dort möchten wir mit unserer Arbeit ansetzen. Wir möchten den Ramadan in den öffentlichen Raum tragen, zum Miterleben einladen und so das Bewusstsein und die Empathie für Lebensrealitäten stärken, die ein Teil unserer deutschen Gesellschaftsrealität sind.
IslamiQ: Könnten Sie uns einen Einblick in die inhaltliche Arbeit geben? Welche Aktivitäten können Muslime und Nichtmuslime erwarten?
The Ramadan Project: Diesen Ramadan kann sich jeder nach 18:30 Uhr auf die Venloer Straße in Köln-Ehrenfeld begeben, um mit seinen Liebsten die Wärme der Lichter, die Wärme des Ramadan zu spüren. Erstmalig wird ein Teil der Straße mit Ramadan-Straßenbeleuchtung beschmückt sein. Die Auftaktveranstaltung findet am 9. März um 17:30 Uhr auf der Platzfläche an der Venloer Straße 241–245 statt.
Zudem wird dieses Jahr ein einziges Open Iftar-Event in der „Strassenkicker BASE“ von Podolski stattfinden. Die Tickets sind kostenfrei, aber begrenzt und können nach Ankündigung auf unserem Instagram-Kanal u/o über unseren Newsletter erworben werden.
IslamiQ: Inwieweit können Interessierte bei Ihnen mitwirken. Sei es finanziell oder ideell?
The Ramadan Project: Als gemeinnütziger Verein ist finanzielle Unterstützung essenziell für unsere Arbeit. Zudem werden wir zeitnah über Instagram einen Volontär-Aufruf starten. Dann können sich Freiwillige, die bei unserem Open Iftar mithelfen möchten, bei uns melden.
IslamiQ: Wird es die Beleuchtungen in den nächsten Jahren auch in anderen Städten geben?
The Ramadan Project: Inwieweit wir unser Projekt nächstes Jahr ausweiten können, hängt von der Spendenbereitschaft unserer Unterstützer, von staatlicher Unterstützung und von der Zutrittsgewährung seitens populärer Eventlocation ab. Unsere Intention, Initiative und Motivation sind da.
Das Interview führte Muhammed Suiçmez.