Ramadan 2024

Zwischen Lichterketten und Gedankenströmen – der Ramadan hat begonnen

Der Ramadan hat begonnen. Viele Eltern möchten ihren Kindern einen unvergesslichen Ramadan ermöglichen. Wäre da nicht der andauernde Nahostkonflikt. Ein Beitrag von Kübra Zorlu.

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2024
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Ramadan 2024 (c)Kübra Zorlu, bearbeitet by iQ
Ramadankekse © Kübra Zorlu, bearbeitet by iQ

Ich trinke meinen letzten gewohnten Morgenkaffee. Schlage mein Buch zu. Ich plane den Tag im Kopf. Mein Handy leuchtet auf. Eine Nachricht von meiner Nachbarin: “Ich wünsche euch einen gesegneten Ramadan”, dazu ein Bild mit der Aufschrift “Ramadan Kareem”. Ah, denke ich mir, wie schön, dass Susanne auch dieses Jahr an uns denkt. Ich erinnere mich an das letzte Ramadanfest, als Geschenke für die Kinder an der Tür standen. Sowie an Weihnachten, an Ostern, an Nikolaus. Danke Susanne, für deine Nachricht und Nachbarschaft.

Ich bereite das letzte gemeinsame Frühstück vor. Heute gekochte Eier, zwei weichgekocht, zwei fest gekocht. Frische Brötchen, hausgemachte Marmelade und echter deutscher Honig. Ich plane, was ich mit den Kindern noch machen kann. Mit dem Frühstück bereite ich auch Teig für Kekse vor. Ja, ich denke, Kekse können wir heute noch backen. Wir stechen den Teig mit den neuen Ausstechern aus. Eine Moschee, ein Mond, ein Stern, eine Laterne.

Gedanken bei den Kindern in Gaza

Ich plane und verfalle in Gedanken. Habe ich dieses Jahr doch nicht so viel vorbereitet? Die Kinder haben einen Ramadankalender, einen gekauften und einen gebastelten. Einige Aufhänger und Lichterketten. Kerzen sind aufgestellt. Tischkärtchen und Postkarten sind besorgt. Für eine schöne Ecke im Wohnzimmer wird das wohl reichen. Vielleicht hole ich morgen noch frische Blumen dazu. Ach, wir müssen noch das Tipi-Zelt für die Kinder aufbauen. Meine Gedanken springen hin und her. Vielleicht sind die unnützen Vorbereitungen doch zu wenig. Die Einkehr zählt doch.

Die Kekse sind kalt genug zum Schmücken. Wir verzieren die Moscheen, die Monde, die Sterne und Laternen mit grüner und roter Farbe auf dem schwarzen Backblech und legen sie auf einen weißen Teller. Meine Gedanken wandern zu den Kindern in Gaza. Zu den Müttern in Gaza. Ich erinnere mich an das Bild eines Kindes, das ein Stück Brot in der Hand hält. Ich denke daran, welche Mutter und welches Kind im Moment welches Leid ertragen, während ich mit meinen Kindern Kekse schmücke. Wie genug sind sie wohl vorbereitet? Ich denke an das ungerechte Leben, in dem ich für alle Gaben endlos dankbar sein muss. Dann denke ich, dass eine Mutter in Gaza noch den Luxus und die Stärke hat, sich nicht in dieser Welt zu verlieren. 

Von leidvollen Szenen weg zum Alltag

Ich sortiere schnell meine Gedanken wieder. Mir wird bewusst: Was für mich selbstverständlich ist, ist für andere kein Gedanke wert. Meine Pläne in meinem Kopf gehen bei anderen nicht auf. Doch ich muss meine Gedanken sammeln, denn es steht noch das gemeinsame letzte Abendessen vor dem Ramadan an. Es tut sich schwer, Köstlichkeiten zu planen, während man leidvolle Szenen im Kopf hat.

Hier, sagt meine Tochter, reicht mir ein Bild, das sie gemalt hat. Das Blatt Papier lässt mein Herz erblühen. Lichterketten, Mond und Sterne. Ein Geschenk auf einer Blumenwiese und daneben – eine Moschee? Falsch geraten, der gebastelte Ramadankalender. Ich muss lange lächeln. Es ist eine klare Antwort auf mein Hin und Her: Keine Vorbereitung war unnütz und auch nicht zu wenig. Sie spürt die Stimmung zu Hause. Mit Lichterketten, Geschenken, mit Mond und Sternen. Und mit ihrem Ramadankalender.