Cottbus

Forscherin warnt vor Verharmlosung rechtsextremer Vorfälle

Seit dem rechtsextreme Vorfälle an Schulen in Brandenburg öffentlich gemacht wurden, wird über den Umgang damit diskutiert. Eine Forscherin warnt vor einer Verharmlosung des Problems. Ein Bündnis sieht noch andere Schwierigkeiten.

21
04
2024
Symbolbild: Schule, Rechtsextreme Vorfälle an Schulen © Shutterstock, bearbeitet by iQ
Symbolbild: Schule, Rechtsextreme Vorfälle an Schulen © Shutterstock, bearbeitet by iQ

Die Rechtsextremismusforscherin Heike Radvan hat mit Blick auf Vorfälle wie die an einer Schule in Burg vor einer Verharmlosung der Taten gewarnt. Das verhindert ihrer Einschätzung nach eine angemessene Analyse. „Frühzeitig setzte sich in der Region die Lesart durch, derzufolge die beiden Lehrkräfte das Problem Rechtsextremismus übertrieben dargestellt hätten und es sich um eine unzulässige Kritik an den Verantwortlichen in der Schule und im Gemeinwesen gehandelt hätte.“ In den Vordergrund sei eine Abwehrhaltung gerückt, einhergehend mit der Sorge um einen Imageverlust der Region im Spreewald und der Schule, sagt die Forscherin an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) der Deutschen Presse-Agentur.

Vor einem Jahr hatten eine Lehrerin und ein Lehrer aus Burg im Spreewald in einem anonymen offenen Brief geschildert, dass sie täglich mit Rechtsextremismus, Sexismus und Homophobie konfrontiert seien. Nach Anfeindungen aus der rechten Szene verließen sie die Schule. Die Schulämter in Brandenburg meldeten seit der Öffentlichmachung mehr solcher Fälle. Die meisten neuen Vorkommnisse gab es laut Bildungsministerium in Südbrandenburg. Es gehe nicht um ein positives Image der Schule oder der Region, sondern darum, diejenigen Schülerinnen und Schüler zu stärken und zu schützen, die offensichtlich Angst hätten, in die Schule zu gehen, betont die BTU-Forscherin. Sie warnt vor einer Täter-Opfer-Umkehr.

Langfristige Arbeit an Schulen notwendig

Das Bündnis „Schule für mehr Demokratie!“ ist an Schulen in Brandenburg in Kontakt mit verschiedenen Schülerinnen und Schülern, um sie zu unterstützen. „Im Moment ist es so, dass wir versuchen, sie für das Bündnis zu gewinnen. Das gestaltet sich tatsächlich ziemlich schwierig, weil viele Angst haben – immer noch“, beschreibt Melanie Sado vom Bündnis. Als Mutter dreier schwarzer Kinder und Ehefrau eines Kameruners habe auch ihre Familie häufig mit Rassismus zu tun. Eine Schulleitung, die klare Kante gegen Rechts zeige, sei wichtig. Das Bündnis fordert in diesem Zusammenhang eine verpflichtende Demokratiebildung im Lehramtsstudium. Menschenrechte seien politisch nicht verhandelbar. Wenn Lehrkräfte sich rechts äußerten, sollte das kontrolliert und geahndet werden, sagt Melanie Sado.

Den Diskurs um ein vermeintlich „gutes Image“ bei rechtsextremen Vorfällen in den Vordergrund zu stellen, sei nicht neu, sagt BTU-Forscherin Radvan. „Wir beobachten dies seit vielen Jahren in vielen Regionen. Diese Auslagerung des Problems – schuld seien „die Anderen“, „die Medien“, diejenigen, die das Problem ansprechen – scheint reflexartig zu funktionieren.“ Der Forscherin zufolge braucht es eine deutliche Benennung und Analyse des Problems und eine pädagogische Auseinandersetzung damit. Autoritäre Aussagen und kurzfristige Angebote würden dabei nicht helfen. Eine langfristige Arbeit an den Schulen sei nötig. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Marco Polo sagt:
Die Warnungen der genannten BTU-Forscherin wegen rechtsextremer Vorfälle an Schulen vor einer Problemverharmlosung sind sicherlich ernst zu nehmen. In einem rbb-Interview sagte sie: "Es gibt Milieus, in denen das rechte Weltbild an die Kinder weitergegeben wird" und "Rechtsextremismus...hat viel mit der Prägung im Elternhaus zu tun". Die Forscherin sollte unbedingt auch in Richtung Islamextremismus ihre Analysen genauer betreiben. Denn da gibt es auch Milieus, in denen ein extremeres islamisches Weltbild an die Kinder weitergegeben wird. Eine aktuelle Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen lieferte Zahlen zu Tage, die aufhorchen lassen und Sorgen bereiten bezüglich der Gedankenwelt vieler muslimischer Jugendlicher in Deutschland. So berichtet jetzt warnend die Bild-Redaktion. In einer Dunkelfeldstudie zur Jugendkriminalität sagte eine Mehrheit (67,8 %) der befragten muslimischen Schüler im Durchschnittsalter von 15 Jahren: "Regeln des Korans wichtiger als die Gesetze in Deutschland." Und knapp die Hälfte (45,8 %) glaubt, dass ein islamischer Gottesstaat die beste Staatsform sei. Mehr als die Hälfte (51,5 %) der befragten muslimischen Schüler waren der Meinung, dass nur der Islam in der Lage sei, "die Probleme unserer Zeit zu lösen". 35,3 % der befragten jugendlichen Islamanhänger gaben an, dass sie "Verständnis für Gewalt gegen Menschen, die Allah oder den Propheten Mohammed beleidigen" haben. 21,2 % dieser muslimischen Schüler gaben an, dass die "Bedrohung des Islam durch die westliche Welt rechtfertigt, dass Muslime sich mit Gewalt verteidigen". Kennen diese Schüler nicht die teilweise fürchterlichen Zustände und politischen Machtverhältnisse in existierenden islamischen Gottesstaaten? Sind sie diesbezüglich geradezu brainwashed? Die Anzahl der befragten Schüler in einem Bundesland ist nicht gleich bundesweit repräsentativ. Dennoch wird hier ein sehr alarmierender Trend aufgezeigt, der noch sehr genau untersucht und offen gelegt werden muß. Nicht nur Heike Radvan hat da noch viel zu tun. Sonst könnte es noch ein böses Erwachen geben. Manche warnen nicht umsonst vor einer zunehmenden Bedrohung der westlichen Welt durch den Islam. Aber diese Bedrohungslage besteht doch schon immer.
21.04.24
18:21