Human Rights Watch

Islamfeindlichkeit steigt – Deutschland scheitert beim Schutz der Muslime

Laut Human Rights Watch scheitert die Bundesregierung darin, Muslime angemessen vor wachsendem antimuslimischem Hass zu schützen. Trotz steigender Zahlen gibt es einen Mangel an Definitionen und offiziellen Daten, was die Bestrafung solcher Taten behindert.

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04
2024
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Symbolbild: Hanau © Abdulhamid Hoşbaş - Anadolu Ajansı
Symbolbild: Hanau © Abdulhamid Hoşbaş - Anadolu Ajansı, bearbeitet by iQ

Die Zahl der Fälle von antimuslimischen Hassverbrechen und Diskriminierungen steigt, Einem aktuellen Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch zufolge versäumt es die Bundesregierug, Muslimen und muslimisch gelesene Menschen vor Rassismus zu schützen. „Dass die Bundesregierung es nicht schafft, Muslim*innen und muslimisch gelesene Personen vor Hass und Diskriminierung zu schützen, liegt schon allein an der fehlenden Einsicht, dass sie Rassismus erleben – und nicht nur religiöse Anfeindungen“, sagte Almaz Teffera, Researcherin zum Thema Rassismus in Europa bei Human Rights Watch.

Ohne ein klares Verständnis von antimuslimischem Hass und Diskriminierungen in Deutschland und ohne aussagekräftige Daten über Vorfälle und Investitionen in Beratungsstellen „werden die deutschen Behörden nicht effizient dagegen angehen können.“

Im vergangenen Jahr hat es in Deutschland 1464 Angriffe auf Muslime und Moscheen gegeben. Somit ist die Zahl so hoch wie vor 2017. Bei den Tätern handele es sich überwiegend um Rechtsextreme. 1211 von 1464 Straftaten werden dem rechten Spektrum zugeordnet. 493 dieser Straftaten wurden nach dem 07.Oktober 2023 bis zum Jahresende verübt.

Seit 2017 klassifiziert das deutsche Strafjustizsystem Hassverbrechen gegen Muslime und Menschen, die als solche gelesen werden, als „islamfeindlich“ motiviert. Dabei werden Vorurteile auf die religiöse Identität zurückgeführt, in Abgrenzung zu ethnisch motiviertem Hass, so Human Rights Watch.

Laut der von der Regierung in Auftrag gegebenen dreijährigen Studie über Muslimfeindlichkeit in Deutschland, die im Juni 2023 veröffentlicht wurde, ist antimuslimischer Hass in Deutschland weit verbreitet. Der Bundesregierung wird darin geraten, antimuslimischen Hass nicht länger von Rassismus zu trennen, sondern den Zusammenhang anzuerkennen. Aktuell wurde die Studie zurückgezogen und wird überarbeitet.

Antimuslimischer Rassismus wird nicht berücksichtigt

In einer schriftlichen Antwort der Bundesregierung auf ein Schreiben von Human Rights Watch, reagierend auf die Zunahme von antimuslimischem und antisemitischem Hass, von Mitte Dezember, verwies das Bundesministerium des Innern und für Heimat auf die UEM-Studie und räumte damit implizit ein, dass antimuslimischer Rassismus in der Kategorie islamfeindlicher Straftaten nicht berücksichtigt wird. Das Ministerium ging jedoch nicht näher darauf ein, wie es seinen Ansatz zu überarbeiten gedenkt.

Jede Betrachtung von antimuslimischem Hass oder Diskriminierungen ohne Einbezug von Fragen des Rassismus oder des intersektionellen Charakters solcher Anfeindungen verhindert faktisch eine Erfassung des Gesamtbilds sowie ein effektives Vorgehen dagegen, erklärte Human Rights Watch.

Deutschland muss Muslime besser schützen

Nach dem Internationalen Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von rassistischer Diskriminierung ist die Bundesregierung verpflichtet, muslimische Communities zu schützen. Der Ausschuss, der die Einhaltung des Übereinkommens überwacht, erinnerte Deutschland 2023 in seinem Bericht zu Deutschland daran, alle rassistisch motivierten Vorfälle effektiv zu untersuchen, zu verfolgen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

„Muslimische Communities in Deutschland sind keine monolithische religiöse Gruppe, sondern eine Gruppe mit einer Vielfalt von Ethnien, die Hass und Diskriminierungen erlebt, und zwar nicht nur aufgrund ihres Glaubens“, sagte Teffera. „Deutschland sollte in den Schutz der Muslim*innen, muslimisch gelesenen Personen und aller anderen Minderheiten im Land investieren, weil es eine Investition in den Schutz der gesamten deutschen Gesellschaft ist.“ (dpa, iQ)