Deutschland

75 Jahre Grundgesetz und die Herausforderungen für Muslime 

Das Grundgesetz ist ein Fundament für das friedliche Miteinander. Heute feiert Deutschland 75 Jahre Grundgesetz. Dennoch erleben Muslime häufig Diskriminierungen und Ungleichbehandlungen. Ein Kommentar.

23
05
2024
75 Jahre Grundgesetz © shutterstock, bearbeitet by iQ
75 Jahre Grundgesetz © shutterstock, bearbeitet by iQ

Vor 75 Jahren trat das Grundgesetz in Kraft. Wie es sich zu einem Geburtstag gehört, ist es wichtig darüber zu reflektieren, was besser gemacht bzw. geschützt werden kann. Das Grundgesetz, als Fundament der deutschen Demokratie, garantiert die Würde und Gleichberechtigung aller Menschen.

Trotz dieser Garantie erleben Muslime in Deutschland häufig Diskriminierung und Ungleichbehandlung. Die Herausforderungen, denen sie gegenüberstehen, werfen die Frage auf, wie effektiv die Grundrechte in der Praxis umgesetzt werden. In folgenden Beitrag werden einige Artikel und ihre Relevanz für Muslime in Deutschland thematisiert.

Artikel 1 des Grundgesetzes stellt klar: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“

Ungeachtet der Tatsache dass Artikel 1 des Grundgesetzes ein fundamentales Prinzip darstellt, sind Muslime in Deutschland immer wieder Opfer von Islamfeindlichkeit betroffen. So wurden z.B. im Jahr 2023 1464 Angriffe auf Muslime verübt. Viele Verdächtige wurden identifiziert, doch es kam nur selten zu Festnahmen oder Verurteilungen. Diese Zahlen sind alarmierend und werfen die Frage auf, wie effektiv der Schutz der Menschenwürde für Muslime tatsächlich umgesetzt wird. Islamfeindlichkeit verletzt nicht nur die Würde der Betroffenen, sondern stellt auch eine Bedrohung für den sozialen Frieden dar.

Kopftuchverbot in Deutschland – never ending story

„Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (…) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“ (Artikel 3)

Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“ (Artikel 4)

Viele muslimische Frauen werden trotz dieser klaren Vorgaben in ihren Rechten durch Kopftuchverbote eingeschränkt. Obwohl das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2015 urteilte, dass pauschale Kopftuchverbote in Schulen verfassungswidrig sind, bestehen in der Justiz und in anderen Bereichen der öffentlichen Verwaltung weiterhin solche Verbote. Diese Einschränkungen betreffen vor allem muslimische Frauen und verstoßen gegen das Gleichheitsgebot und die Religionsfreiheit. Solche Diskriminierungen führen dazu, dass muslimische Frauen oft zwischen ihrem Beruf und ihrer religiösen Überzeugung wählen müssen, was ihre gesellschaftliche Teilhabe erheblich einschränkt.

Islamischer Religionsunterricht – mehr als ein Modellversuch

Artikel 7 des Grundgesetzes besagt: „Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen, mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen, ordentliches Lehrfach“. 

Dennoch ist der islamischer Religionsunterricht in vielen Bundesländern noch immer kein reguläres Unterrichtsfach. Stattdessen wird er oft im Rahmen von Modellversuchen angeboten. Diese unzureichende Integration des islamischen Religionsunterrichts zeigt, dass die Religionsfreiheit und das Recht auf religiöse Erziehung für Muslime nicht vollständig umgesetzt sind. Für viele muslimische Kinder bedeutet dies, dass sie ihre Religion nicht in gleicher Weise im schulischen Kontext erlernen und ausüben können wie Kinder anderer Religionsgemeinschaften.

Das Grundgesetz bietet einen robusten Rahmen zum Schutz der Grundrechte aller Menschen in Deutschland, einschließlich der Muslime. Die oben genannten Beispiele zeigen jedoch, dass es in der praktischen Umsetzung noch erhebliche Herausforderungen gibt. Islamfeindlichkeit, Diskriminierung durch Kopftuchverbote und die unzureichende Integration des islamischen Religionsunterrichts sind Hindernisse, die es zu überwinden gilt. Ziel muss es sein, die im Grundgesetz verankerten Prinzipien tatsächlich für alle Menschen in Deutschland wirksam werden zu lassen. Der 75. Jahrestag des Grundgesetzes sollte daran erinnern, dass der Kampf für Gleichberechtigung und Religionsfreiheit fortgesetzt werden muss.

Leserkommentare

Marco Polo sagt:
Grundrechte beanspruchen und einfordern - gut und schön. Wenn aber diese Grundrechte dazu benutzt werden, in langsam fortschreitender Weise immer mehr eine schleichende Islamisierung in Deutschland und Europa - mit Etablierung des konservativen Islam und seiner heteronormativen Normvorstellungen - überall betreiben zu wollen, dann stösst derartiges Agieren mit zunehmendem Polit-Aktivismus und entsprechender Propaganda verschiedenster Art kombiniert - allerdings auf vielfaches Unverständnis mit strikter Ablehnung. Und das ist nur zu verständlich, nachvollziehbar und auch berechtigt. Solche Nachrichten lassen schon aufhorchen: "49 SPD-Treffen mit Islamisten. Wie hochrangige Sozialdemokraten systematisch die Nähe von vom Verfassungsschutz beobachteten Islamisten suchen." Irfan Peci ("Islamisten unterwandern unsere Politik!") beschreibt ausführlich das "Islamisten-Netz der SPD" und sagt ganz aktuell: "10 Politiker der SPD haben tiefe Verbindungen ins islamistische Milieu. Vor allem Ausländerbeiräte sind Ziel der Unterwanderung." Yonca Kayaoglu (25), Kandidatin für das EU-Parlament, sagte kürzlich mit muslimischer Kopftuch-Verhüllung bei einer politischen "DAVA"-Veranstaltung vor vielen Frauen in konservativer islamischer Verhüllungstracht auf kämpferische Weise: "Wir sind Deutschland und das zu 100 Prozent!" Die Bild-Redaktion beschreibt diese islamische Polit-Aktivistin treffend als "die Frau, die für Erdogan kämpft." Die "DAVA"-Allianz ist "der neueste Ableger von Erdogans AKP, diese ist eine stramm nationalistische Partei, antidemokratisch, mit islamistischen Zügen und offen Israel hassend." So die Beschreibung durch 'Bild'. Frau Kayaoglu war Vorsitzende der UID-Jugend in Baden-Württemberg, einer Lobby-Organisation der türkischen Regierungspartei AKP - lt. Verfassungsschutz nicht vereinbar mit liberalen und demokratischen Grundsätzen. Die 25-jährige Newcomerin "kommt aus dem klassischen konservativen-religiösen AKP-Milieu", wie Eren Güvercin sie beschrieben hat. Also eine echte Bereicherung für ein neues Europa. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann schlägt bei all dem bereits ganz deutlich Alarm im Nachrichtensender WELT: "Es ist ein Alarmsignal auch für die Entwicklung in Deutschland." Interessant ist es schon, dass trotz allem immer gerne eine Art verfolgter "Friede-Freude-Eierkuchen-Islam" der Allgemeinheit verkauft und schmackhaft gemacht werden soll. Nicht alle fallen aber darauf herein. Und das ist begrüssenswert und gut so.
24.05.24
17:49
gregek sagt:
Vertreter der Islamverbände verwechseln Diskriminierung mit berechtigte Kritik und Nichtgewährung von Sonderrechten.
25.05.24
18:35
Ibn Battuta sagt:
Wenn man sich "Marco Polos" Quellen anschaut a la "Bild-Redaktion" oder eine - freundlich gesagt - derart dubiose Gestalt wie Irfan Peci der mit dem Identitären Martin Sellner auf du und du ist). Quasi ein Musterbeispiel eines für die REchten nützlichen Idioten: Ex-Muslim (falls er dies je wahr) und für den noch dubioseren "Verfassungsschutz" tätig (aus diesem Dunstkreis entspringen Gestalten wie Maaßen) - ist dies ein Beispiel par excellence für einseitige "Informationsbeschaffung" (das Wort "Wissenserwerb" verbietet sich hier selbstredend) und der daraus erfolgten selektiven Wahrnehmung. In der klassischen islamischen Rechtslehre gibt es dafür einen passenden Terminus, der übersetzt soviel bedeutet wie "Eine (falsche) Schlussfolgerung basierend auf einer falschen Grundannahme". Oder mit Bertrand Russells Worten (bezogen auf Hegel, dessen Denken nach einer Bearbeitung durch Nietzsche zu Hitler führte): "Je fehlerhafter die Grundannahmen, umso interessanter die die daraus folgenden Konsequenzen." Bleibt nur die Frage, ob sich Islamfeindliche Online-Trolle das Gift, das sie versprühen bezahlen lassen oder schlicht hobbylos sind. Der Gesellschaft wäre eindeutig besser geholfen, wenn derartige "Kommentatoren" - statt "aufzuklären" - einen Volkshochschulkurs belegen und Stricken oder Töpfern lernen.
27.05.24
12:41
Dilaver_Ç. sagt:
"Vertreter der Islamverbände verwechseln Diskriminierung mit berechtigte Kritik und Nichtgewährung von Sonderrechten." Und hier wieder ein Klassiker von Gaslighting. Von der Paranoia des ersten Kommentars ganz zu schweigen. Die üblichen stereotypischen Narrative des antimuslimischen Rassismus. Nichts neues. Die Redaktion tut sich keinen Gefallen, wenn sie hier antimuslimische Kommentare pathologischer Natur durchgehen lässt.
27.05.24
20:11