Sollte der Bau von Moscheen weiterhin traditionelle Formen nachahmen oder innovativer sein? Das Konzept der „grünen Moschee“ bietet eine wertvolle Alternative, um die ästhetische Ganzheit von Moscheen zu bewahren. Ein Gastbeitrag.
Moscheen sind die zentralen Bauwerke der islamischen Architektur. Traditionell wurden Moscheen mit ganz bestimmten Formen und ästhetischen Werten verbunden. Jedoch erfordern moderne Bedürfnisse und Umweltprobleme innovative Ansätze wie „grüne Moscheen“. Insbesondere in der müssen Moscheen neugestaltet werden, um den traditionellen Formen gerecht zu werden.
Der Mensch ist gemäß der islamischen Wertvorstellung als verantwortungsbewusster Verwalter der Erde eingesetzt worden. Zu den Herausforderungen unserer Zeit gehören Umweltkatastrophen, die globale Erwärmung und Verstädterung der Menschen und um sie entsoprehcned unserer Verantwortung zu bewältigen, müssen neue Wege beschritten werden. Deshalb ist es für Muslime, die die Natur als „Farben Allahs“ betrachten, wichtig, grüne Konzepte und nachhaltige Ansätze in Moscheen zu integrieren.
Die traditionelle Architektur von Moscheen zeichnet sich in der Türkei durch Kuppeln, Minarette, große Höfe und Ornamente aus. Diese Formen hatten im Laufe der Geschichte ästhetische und symbolische Bedeutungen und bewirkten eine spirituelle Atmosphäre. Die bewunderten, historische Moscheen waren die innovativsten und künstlerisch anspruchsvollsten Werke ihrer Zeit. Die blinde Nachahmung dieser Formen zeigt jedoch ein mangelndes Verstständnis des ursprünglichen Geistes, aus dem sie entstanden.
Unter heutigen Bedingungen und mit moderner Technologie sind innovative Ansätze in der Moschee-Architektur notwendig, gerade um den Geist der Vergangenheit lebendig zu halten. Anstatt traditionelle, äußere Formen unreflektiert nachzuahmen, ist es nötig, die Gedankengänge und Prinzipien der früheren Architekten nachzuvollziehen. Das ermöglicht uns die Funktion und Bedeutung der verschiedenen Bauelemente der Moschee zu verstehen und neu zu denken. Vor allem in westlichen Ländern haben einige traditionelle Formen, wie Minarette, ihre Funktion verloren und passen nicht mehr in die Umgebung. Diese strukturellen Formen, die mit großem finanziellen Aufwand gebaut werden, sollten hinsichtlich ihrer Funktionalität und Bedeutung neu beurteilt werden.
Die Hauptidee hinter den traditionellen Formen war es, innovative Lösungen anzubieten, die den Bedürfnissen der damaligen Zeit entsprachen. Die Bedürfnisse und Möglichkeiten haben sich verändert. Ein Bedürfnis unserer Zeit sind umweltfreundliche und nachhaltige Ansätze in der Moschee-Architektur. Das Konzept der „grünen Moschee“ kann eine wichtige Alternative sein, nicht nur in Bezug auf die ökologische Nachhaltigkeit, sondern auch hinsichtlich ästhetischer und spiritueller Integrität.
Bei der Gestaltung von Moscheen mit Grünkonzept sollten mehrere grundlegende, funktionale Ansätze berücksichtigt werden. Der erste Ansatz kann eine Dachbegrünung sein. Begrünte Dächer und Wände senken den Energieverbrauch durch Wärmedämmung und tragen durch die Aufnahme von Regenwasser zum Wassermanagement bei. Dieser Ansatz kann die Theorie der Verantwortung umsetzen und an den Moscheen architektonisch zum Ausdruck bringen.
Ein weiterer Ansatz sind Solarzellen, die den Energiebedarf der Moscheen aus erneuerbaren Quellen decken. Diese Paneele verringern den CO2-Fußabdruck der Moschee und senken die Stromkosten. Zudem bieten wassersparende Maßnahmen wie Regenwassersammelsysteme eine alternative Wasserquelle für Bedürfnisse wie Gartenbewässerung und Reinigung und reduzieren den Wasserverbrauch. Natürliche Belüftungs- und Beleuchtungssysteme sind ebenfalls unerlässlich, um den CO2-Fußabdruck zu verringern und eine nachhaltige Gebäudenutzung zu gewährleisten. Fenster lassen natürliches Licht herein, was den Stromverbrauch senkt und den Raum erhellt. Elemente wie begrünte Dächer, Sonnenkollektoren, Regenwasserauffangsysteme und natürliche Belüftung können der Moschee-Architektur sowohl funktionale als auch ästhetische Werte verleihen.
Diese Ansätze sind nicht neu. Turgut Cansever (gest. 2009), ein bedeutender türkischer Architekt, verband traditionelle islamische Architektur mit modernen Ansätzen. Ihm zufolge waren traditionelle Moscheeformen zu ihrer Zeit innovativ und funktional und sollten neu interpretiert und an die moderne Welt angepasst werden. Nachhaltigkeit und Respekt vor der Natur sind zentrale Elemente in Cansevers Architekturverständnis. Er sprach sich auch dafür aus, dass bei der Gestaltung von Moscheen die Funktionalität im Vordergrund stehen sollte. Eine Moschee sollte nicht nur ein Ort des Gebets sein, sondern auch ein Zentrum für soziale und kulturelle Aktivitäten.
Diese Prinzipien werden nach und nach umgesetzt. Ein Beispiel ist die Schwabacher Moschee in Nordbayern, deren Gestaltung wir als EMUG-Team kürzlich abgeschlossen haben. Die Schwabacher Moschee, deren Geschichte mit dem Kauf eines ehemals als Wohnhaus genutzten Gebäudes begann, erfüllte nicht die Anforderungen an einen Moscheebau, da sie als Wohnhaus konzipiert war. Aus diesem Grund wurde die Innengestaltung überdacht und ein zusätzliches Gebäude im Garten für die Nutzung als Moschee, wobei die Beziehung zur Umgebung sorgfältig berücksichtigt wurde.
Traditionelle Moscheeformen passten nicht in dieses Gebiet und die Anwohner hatten Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen der Moschee auf das Viertel. Dies führte schließlich dazu, dass sich eine 85-jährige Frau aus der Nachbarschaft weigerte, uns ihre Unterschrift für die Genehmigung zu geben.
Die Bedenken der Nachbarin erinnerten mich an eine bewundernswerte Erzählung aus der osmanischen Zeit. Die Firuzağa-Moschee, die sich heute am Sultanahmet-Platz befindet, wurde an einem Ort gebaut, der von Wohnhäusern umgeben war. Die Moschee wurde gemäß der osmanischen Moscheebautradition mit einem einzigen Minarett errichtet, wobei sich das Minarett rechts in Richtung der Kibla befand. Da das Minarett jedoch einen Schatten auf das benachbarte Gebäude warf, kam es zu einem Missstand. Es war ein Bürger aus der armenischen Gemeinde, der sich über diese Unannehmlichkeiten ärgerte. Er wandte sich sofort an den Kadi und sprach das Problem an. Angesichts dieser Bedenken entschied der Kadi zu Gunsten des armenischen Nachbarn und ordnete an, das Minarett in seiner ursprünglichen Form abzubauen und auf der linken Seite wiederaufzubauen. Dieser Vorfall ist ein Zeichen dafür, dass in unserer Kultur das Recht des Nachbarn wichtiger ist als die Tradition.
Mit der gleichen Herangehensweise haben wir auf die Bedenken der 85-jährigen Nachbarin reagiert. Somit wurde das zusätzliche Gebäude als Anbau konzipiert und in den Garten integriert, um die bestehende architektonische Landschaft zu erhalten. Die kulturellen Unterschiede und Vorurteile der Nachbarn wurden berücksichtigt. Das Dach wurde als „grünes Dach“ entworfen, um einen positiven Beitrag zur Umgebung zu leisten. Die Kuppel wurde als dekoratives Element mit reflektierendem Material gestaltet. Durch die Hinzufügung eines Fensters an der Spitze der Kuppel erhielt die Moschee zusätzliches natürliches Licht. Dieser Ansatz respektiert die Rechte der Nachbarn und vermeidet Unvereinbarkeiten mit der Umgebung.
Abschließend sei nochmal gesagt, dass der Mensch als Verwalter der Erde das Bewusstsein nicht vergessen soll, die Natur zu schützen und die Erde kultivierend zu verschönern. Die Integration grüner Konzepte und umweltfreundlicher Ansätze in die Moschee-Architektur sind eine religiöse und ökologische Notwendigkeit.
Der Schlüssel zur Nachhaltigkeit in der Moscheearchitektur liegt darin, den innovativen Geist der traditionellen Moscheeformen zu verstehen und Lösungen für heutige Bedürfnisse zu finden. Das Konzept der grünen Moschee kann diesem Ansatz gerecht werden und gleichzeitig eine tiefe islamische Bedeutung haben. Mit diesem Verständnis können wir den Geist der Vergangenheit in den Moscheen der Zukunft lebendig halten und die Tradition der Verantwortung in die Moderne tragen.