Mehr als fünf antimuslimische Vorfälle am Tag gab es im vergangenen Jahr in Deutschland. Zu diesem Ergebnis kommt ein aktuelles Lagebild der CLAIM-Allianz.
Antimuslimische Vorfälle haben stark zugenommen. Mit 1.926 dokumentierten Fälle gab es laut aktuellem Lagebild einen Höchststand und Anstieg um mehr als 1.000 Fälle im Vorjahresvergleich, wie das Aktionsbündnis CLAIM am Montag erklärte. „Antimuslimischer Rassismus war noch nie so salonfähig wie heute und er kommt aus der Mitte der Gesellschaft“, beklagte CLAIM-Leiterin Rima Hanano. Insbesondere seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober hätten neben antisemitischen Übergriffen auch Attacken auf Muslime und muslimische Orte zugenommen. Quasi ein Drittel der dokumentierten Fälle fallen in den Zeitraum Oktober bis Dezember 2023.
Für die Erhebung wurden Fallzahlen von 17 Melde- und Beratungsstellen, bundesweite Fallzahlen des Portals „I-Report“, Fallzahlen der Statistik zur politisch motivierten Kriminalität sowie Pressemitteilungen der Polizei ausgewertet. In der jüngsten Erhebung zu politisch motivierter Kriminalität etwa ist im Segment Hasskriminalität von 1.464 islamfeindlichen Straftaten die Rede. Dabei wurden für das aktuelle Lagebild keine Online-Vorfälle gezählt also etwa Angriffe in Sozialen Netzwerken oder über andere Internetseiten.
Der Großteil der Vorfälle waren verbale Angriffe insbesondere Volksverhetzung, gefolgt von Diskriminierungen, aber auch Bedrohungen und Nötigungen. In 178 Fällen wurde Körperverletzung dokumentiert. Es gab vier Tötungsversuche sowie rund 100 Sachbeschädigungen inklusive Brandstiftung. Knapp 90 der Angriffe richteten sich gegen religiöse Orte wie Moscheen oder Moscheevereine, aber auch muslimische Restaurants und Imbisse. In nahezu zwei Drittel der Fällen waren Frauen betroffen. Es gebe aber auch Übergriffe auf Kinder durch Erwachsene.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) sprach von einer dramatischen Zunahme antimuslimischer sowie antisemitischer Vorfälle. „Um Rassismus in unserer Gesellschaft einzudämmen, ist Präventionsarbeit von klein auf – also insbesondere bei Kindern und Jugendlichen – unerlässlich“, so Paus. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, beklagte, dass antimuslimischer Rassismus für viele Alltag sei. Dabei sei es ein Klima der Ausgrenzung, das Hetze und Gewalt begünstige und gegen das dringend etwas unternommen werden müsse.
CLAIM beruft sich dabei im Lagebild auch auf Erhebungen zur Muslimfeindlichkeit in Deutschland. So fänden sich antimuslimische Ressentiments in allen Bevölkerungsgruppen und nahezu jeder Zweite stimme muslimfeindlichen Aussagen zu. Im Gegenzug berichteten knapp zwei Drittel der Muslime oder Personen, die aufgrund des Aussehens oder Namens als Muslime eingeordnet würden, über Diskriminierung. In Anbetracht fehlender Meldemöglichkeit sei daher auch von einer hohen Dunkelziffer an Vorfällen auszugehen, heißt es im Lagebild weiter.
Die Autoren fordern unter anderem einen stärkeren Schutz vor antimuslimischem Rassismus, ausreichend finanzierte Beratungs- und Meldestellen sowie eine konsequente strafrechtliche Ahnung der Vorfälle. (KNA/iQ)