Frankreich ist polarisiert wie selten zuvor. Wenige Tage vor den Parlamentswahlen liegen die Rechtspopulisten in Umfragen vorne. Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass Vorurteile – etwa gegenüber Einwanderern – zunehmen.
In Frankreich warnt die Nationale Menschenrechtskommission CNCDH vor abnehmender Toleranz und sinkendem gesellschaftlichen Zusammenhalt. „Das Jahr 2023 zeichnet sich durch einen starken Anstieg der Ablehnung anderer aus – bei Meinungsbekundungen wie in Taten“, erklärt die Kommission bei der Veröffentlichung des Jahresberichts am Donnerstag.
Laut Studie sind antisemitische und antimuslimische Taten in Frankreich im Jahr 2023 um 284 beziehungsweise 29 Prozent gestiegen. Weitere rassistische Taten haben einen Anstieg von 21 Prozent verzeichnet. Die Forscher begründen das mit dem Krieg im Gazastreifen wie der Debatte um die extreme Rechte.
Auch haben sich demnach Vorurteile verstärkt. Während im November 2022 noch gut 21 Prozent der Befragten sagten, dass in Frankreich geborene Kinder von Einwanderern „nicht wirklich französisch“ seien, stimmten ein Jahr später 43 Prozent dieser Aussage zu.
Auch würden verstärkt alte antisemitische Stereotype bedient. Juden würden beispielsweise weiterhin mit Geld in Verbindung gebracht. Die emeritierte CNCDH-Forschungsleiterin Nonna Mayer betonte gegenüber der Zeitung „La Croix“ (online Donnerstag) aber auch, dass die Verschlechterung der Werte die Franzosen nicht gleichgültig lasse. 77 Prozent hätten sich dafür ausgesprochen, Antisemitismus zu bekämpfen, vier Prozent mehr als noch im Jahr zuvor.
Die CNCDH erstellt seit 1990 Berichte über Rassismus, Islamfeindlichkeit und Antisemitismus im Land. Der aktuelle ist wenige Tage vor der ersten Runde der Parlamentswahlen veröffentlicht worden, die am Sonntag (30. Juni) stattfinden. Nach dem schlechten Abschneiden seiner Partei Renaissance (RE) bei der Europawahl hatte Präsident Emmanuel Macron kurzfristig Neuwahlen ausgerufen. Umfragen zufolge liegt der rechtspopulistische Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen mit 35 Prozent vorne, während Macrons Partei auf rund 20 Prozent der Stimmen kommen wird. (KNA, iQ)