Gender und Islam

Gender-Debatte im Islam: Begriffe erneuern, Methoden entwickeln

Noch heute wird im Islam über Geschlechterrollen und die Stellung der Frau debattiert. Für die Soziologin Nazife Şişman ist es notwendig, aufgrund tiefgreifender sozialer Veränderungen und Dynamiken, die bestehenden Begriffe und Methoden zu überdenken.

06
07
2024
Gender und Islam © shutterstock, bearbeitet by iQ.
Gender und Islam © shutterstock, bearbeitet by iQ.

Es wäre nicht falsch zu behaupten, dass eines der kontroversesten Themen für Muslime ein Thema ist, das vor hundert Jahren als „Frauenangelegenheit“ definiert wurde und heute unter dem Begriff „Gender“ zusammengefasst wird. Interessanterweise dreht sich die Diskussion in fast allen Ländern eher um das Thema „Frauen“, obwohl sich das „soziale Geschlecht“ nicht nur auf Frauen bezieht. Das ist auch verständlich – obwohl es in den letzten zwei Jahrhunderten tiefgreifende Veränderungen in der Beziehung zwischen den Geschlechtern und in der Organisation der Familie gegeben hat, wurden diese im Leben der Frauen sichtbar.

Vielleicht ist es deswegen, dass im 19. und 20. Jahrhundert überall auf der Welt über die „neue Frau“ diskutiert wurde. Denn sie war es, die sowohl die treibende Kraft des raschen Wandels gewesen ist als auch gleichzeitig die am stärksten durch diesen Wandel selbst betroffene Gruppe.

Zu ihrer Identität, gesellschaftlichen Stellung und Rolle in der Familie gab es nicht nur positive gesellschaftliche und politische Forderungen wie Gleichheit, Freiheit und Gerechtigkeit, sondern es wurden genauso negative Themenbereiche wie Unterdrückung, Ausbeutung und Gewalt angesprochen.

Von der „Frauenfrage“ zum „neuen Menschen“

Heute sind wir an einem Punkt angelangt, an dem die Diskussion über das Geschlecht hinauszugehen scheint. Wir sind mit dem Problem eines „neuen Menschen“ konfrontiert, der seinen Geist mit Chips stärkt, seinen Körper mit künstlichen Organen und mithilfe der Bionik kräftigt und Unsterblichkeit anstrebt, indem er seinen Geist in Maschinen hochlädt (Upload). In den vergangenen Jahren hat es eine Reihe wichtiger Ereignisse gegeben, die dieses Problem deutlich gemacht haben. So wurde im Oktober 2017 zum ersten Mal in der Geschichte einem Roboter die saudische Staatsbürgerschaft verliehen. In den türkischen Medien wurde das wie eine Boulevardnachricht behandelt. „Was wird wohl Sophias Schicksal sein, in einem Land, in dem Frauen nicht einmal das Recht haben, ein Auto zu fahren?“, fragte man sich da. Oder man überlegte, ob sie denn nun „… der Scharia gemäß ihr Haupt verhüllen müsse?“

Als man einige Monate später Sophia bei einer Technologiekonferenz das Mikrofon reichte, sagte sie: „In Zukunft möchte ich eine Familie gründen, die Familie ist ein sehr wichtiges Phänomen.“ Anschließend gab dieser erste humanoide Roboter, der in Hinblick auf soziale Dienstleistungen produziert wurde und bei der Altenpflege helfen soll, “intellektuelle“ Kommentare von sich, die sich mit der Beziehung zwischen Technologie und Mensch befassten, ein Bild aus der Populärkultur.

Science-Fiction und Realität

Zu der Zeit, als Sophia, der humanoide Roboter, verkündete, eine Familie gründen zu wollen, lief gerade die Fortsetzung von Blade Runner 2049 in den Kinos an, die auf einem Roman von Philip Dick basiert. Dabei handelte es sich um einen in der Zukunft spielenden Science-Fiction-Film, in dem Roboter nur dann das Recht zu leben haben, wenn sie Kinder bekommen – ein Film vielleicht, der uns auf eine solche Zukunft vorbereiten soll. Wir können ihn nicht ganz als Fiktion bezeichnen, denn wir leben mittlerweile in einer Welt, in der Wissenschaft und Fiktion, Fantasie und Realität ineinandergreifen.

In den letzten Jahren gab es in den Medien immer wieder Berichte über junge Männer in Japan, die Anime-Figuren heiraten. Dabei handelt es sich um einsame Männer, die weibliche Figuren heiraten, die mit traditionell weiblichen Eigenschaften wie Wärme, Sanftheit und Gehorsam ausgestattet sind. Diese Figuren können keine Verantwortung übernehmen, keine Probleme verursachen oder eine wirtschaftliche Belastung darstellen. Interessanterweise ist es gerade auch in Japan Staatspolitik, für viele soziale Probleme Lösungen in der Robotik zu suchen. Japan war immer schon ein Vorreiter bei der Entwicklung von Robotern als Babysitter und in der Altenpflege.

Vom Thema „Frauen“ zum Thema „Menschen“

Diese und ähnliche Beispiele zeigen, dass wir vielmehr über „Menschen“ sprechen müssen und nicht über “Frauen“. Diese Notwendigkeit bedeutet jedoch nicht, dass die Probleme, mit denen die Frauen aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität konfrontiert sind und die sich aus der Instabilität des sich verändernden Gleichgewichts zwischen den Geschlechtern ergeben, ein Ende gefunden hätten. „Frauen und Gerechtigkeit“, „Frauen und Gleichheit“, „Frauen und Freiheit“ sind Themenbereiche, die sowohl in der Wissenschaft als auch in der Sozialpolitik nach wie vor bedeutsam sind. Das Problem besteht darin, dass die Muslime in den letzten zwei Jahrhunderten alle Veränderungen nur in Bezug auf die Frauen diskutieren, wobei die Themenbereiche “Frauen im Islam“ und “die Rolle der muslimischen Frau“ im Vordergrund stehen – und das noch dazu unter Verwendung von Begrifflichkeiten des 19. Jahrhunderts.

Dabei vollzieht sich der soziale, politische und wirtschaftliche Wandel so schnell, dass es unmöglich erscheint, das Geschehen auch nur mit den Konzepten zu definieren, die wir noch vor zwanzig Jahren verwendet haben. So wirken sich etwa Veränderungen wie der Übergang von der Hausarbeit zur lebenslangen Erwerbstätigkeit oder der Anstieg des Gebäralters nicht nur in erheblichem Maße auf die Familienstruktur und die Art der Beziehung zwischen den Geschlechtern in der Familie aus, sie verändern diese auch.

Neue Familienkonstellationen

Wenn wir dann noch die Entwicklungen in der Medizintechnik und die Versprechungen der Biotechnologie berücksichtigen, wird noch deutlicher, dass die „Frauenfrage“ und die Probleme im Kontext der Familie nicht mit altmodischen Konzepten behandelt werden können. Samenbanken, Leihmütter und die dadurch mögliche In-vitro-Fertilisation haben die Definition von Fortpflanzung, Sexualität, Mutterschaft und Vaterschaft verändert. Die sexuelle Vereinigung von Mann und Frau ist jetzt keine Bedingung mehr für den Fortbestand der menschlichen Rasse, genetische, biologische und soziale Elternschaft sind nunmehr voneinander getrennt.

Ein Baby, das durch Leihmutterschaft geboren wird, kann jetzt mehrere Elternteile haben; so etwa eine genetische Mutter, einen genetischen Vater, eine Leihmutter usw. Auch gleichgeschlechtliche Paare können jetzt Kinder haben. Seit 2002 sind Taiwan und Indien zu Zentren der kommerziellen Leihmutterschaft geworden. Wir leben in einer Welt, in der befruchtete Eizellen von Amerikanern und Europäern von Frauen/Müttern gegen ein bestimmtes Entgelt ausgetragen werden.

Zudem gibt es eine intensive Migration von Frauen/Müttern aus Asien, insbesondere den Philippinen, in westliche Länder, die dann auf die Kinder anderer aufpassen – um für den Unterhalt ihrer eigenen Kinder sorgen zu können. Die Frauen aus dem Süden sind die Kindermädchen für die Kinder bzw. das Pflegepersonal für die älteren Menschen im Norden. Frauen aus Turkmenistan und Usbekistan kommen jetzt in die Türkei, um in der traditionellen Frauenrolle von Kinder- und Altenpflegerinnen zu arbeiten. Die Familienstruktur, die Eltern-Kind-Beziehung und die Stellung der Frau sowohl in der Familie als auch in der Gesellschaft verändern sich radikal.

Allein diese wenigen Beispiele machen deutlich, dass wir sowohl unsere Herangehensweise an das Thema als auch die Begrifflichkeiten, die wir dabei verwenden, aktualisieren müssen. Häufig scheitert das aber an den Auswirkungen historischer Altlasten. Für muslimische Gesellschaften war die Modernisierung eine Begleiterscheinung der europäischen Expansion und des Kolonialismus. Deshalb wurde die Debatte in dem Rahmen geführt, der von den Beziehungen zwischen dem Westen und dem Osten geprägt wurde.

Die Notwendigkeit einer aktualisierten Methodik

Die stereotypen Aussagen der Orientalisten, die sich unter der Überschrift “der Islam unterdrückt die Frauen“ zusammenfassen lassen, haben auch das Selbstverständnis der Muslime beeinflusst, die sich mit ihrer militärischen Niederlage gegen den Westen abfinden mussten. Deshalb bestand die Geschichte unserer Modernisierung hauptsächlich darin, auf diese orientalistischen Vorurteile eine Antwort zu geben – und bis heute kann man nicht wirklich sagen, dass wir dieser Position des Reagierens entkommen wären.

Wir beschäftigen uns immer noch mit der Frauenfrage im Spannungsfeld von Moderne/Tradition und Fortschritt/Rückständigkeit. In jüngerer Zeit ist noch die Islamophobie dazugekommen, die sich vor allem am Thema der Verschleierung der Frauen entlädt. In einem solchen sozio-psychologischen Umfeld ist es nicht verwunderlich, dass die Ansichten zu Geschlechterrollen eklektisch und defensiv sind.

Aufgrund des sich wandelnden sozialen und wirtschaftlichen Lebens in der islamischen Welt hat sich das Leben der muslimischen Frauen und Männer in den letzten zwei Jahrhunderten erheblich verändert. Es gab Kriege und mit der Industrialisierung entstand beispielsweise auch die Notwendigkeit für Frauen, in Fabriken zu arbeiten. Diese neuen gesellschaftlichen Gegebenheiten machten eine neue Rechtsauslegung notwendig. Es wurden zahllose Diskussionen über die Ausbildung, die Arbeit und die Stellung der Frau im gesellschaftlichen Leben geführt. Mit den neuen Auslegungen fanden auch viele neue Vorgehensweisen ihren Platz im islamischen Recht. Doch interessanterweise wurde der Rahmen der Diskussionen während des gesamten Modernisierungsprozesses weniger durch die Veränderungen und Notwendigkeiten des wirklichen Lebens festgelegt, als vielmehr davon, dass wir fortwährend eine Antwort auf die Hinterfragung der Frauenfrage geben wollten. Wenn also Muslime diese Dinge diskutieren, gibt es neben den allgemeinen Merkmalen der noch weitere Dynamiken, die der islamischen Welt eigen sind.

Die gegenwärtige Diskussion

Der Themenbereich der „muslimischen Frau“ ist heute der symbolische und kulturelle Boden, auf dem zahlreiche politische Auseinandersetzungen ausgetragen werden. Gegenwärtig nähern sich die Muslime dem Thema aus zwei Richtungen. Einerseits begnügen sie sich mit der Aussage, dass es im “Islam Frauenrechte gibt“ und frieren unter Berufung auf die Scharia das Recht ein. Obwohl sie für Innovationen in anderen Bereichen durchaus offen sind, erwähnen sie mit keinem Wort die Notwendigkeit einer neuen Rechtsauslegung, die aufgrund der neuen Bedingungen erforderlich ist, wenn es um Frauen geht. Sie sagen einfach: “Im Islam gibt es kein Problem mit Frauenrechten” und schließen die Augen vor den gesellschaftlichen Veränderungen, die die heutige Zeit mit sich bringt. Deshalb bezeichnen und beurteilen sie die Forderungen, die aufgrund der neuen gesellschaftlichen Realität laut werden, als “übertriebene Verwestlichung” und “Verinnerlichung des Feminismus”.

Im Gegensatz dazu steht andererseits, dass Muslime die Geschichte des Islams als eine Geschichte der Fehlinterpretationen ansehen, eine Geschichte der Unterdrückung der Frauen; Für sie ist die heutige Position der Frauen ideal, wobei sie der Aussage der Moderne folgen, dass, was neu ist, auch gut sein muss – sie sind in der sozialen Realität gefangen.

In einem solchen Kontext müssen wir als Muslime zunächst einmal die Ebene klären, auf der wir über das soziale Geschlecht und die Frauen diskutieren. So ist es notwendig, der Frage des Geschlechts auf der metaphysischen und ontologischen Ebene nachzugehen. Über die derzeitige Ebene von “Rolle” und “Identität” hinaus scheint es unabdingbar, die metaphysische und philosophische Perspektive zu aktualisieren, in der das Wesen des “Menschseins” und die Weisheit dargelegt werden, die hinter der Erschaffung unterschiedlicher Geschlechter steht und die den Sinn beleuchten, den die Existenz eines Geschöpfs mit einer Geschlechtszugehörigkeit in der Schöpfung verdeutlicht.

Notwendigkeit der Selbstkritik

Weiterhin ist es auch unvermeidlich, wenn wir über Geschlecht oder die “Frauenfrage” sprechen, dass wir uns mit den Definitionen, die sich im Laufe der Geschichte verändert haben, den Beziehungen zwischen den Geschlechtern sowie den sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen dieser Beziehungen auseinandersetzen. Wenn wir heute die Gesellschaft beurteilen und unseren Blick auf die Erfahrungen des Alltags richten, dann sollten wir unsere Bewertungen in dem Bewusstsein vornehmen, dass wir uns auf der Ebene einer historisch-gesellschaftlichen Realität befinden.

Wenn wir zum Beispiel über Frauenarbeit sprechen, berücksichtigen wir das dann in Kontext einer bäuerlichen Gesellschaft, einer bürgerlichen Gesellschaft oder der heutigen Konsumgesellschaft? Wenn wir uns zu diesen und ähnlichen Fragen äußern, sollten wir uns bewusst sein, dass wir nicht über eine historische Realität sprechen, sondern über Frauen und Männer und die Beziehungen zwischen ihnen innerhalb der sozialen Wirklichkeit selbst.

Kurz gesagt, Muslime, die sich mit den Herausforderungen der Gender-Diskussion konfrontiert sehen, müssen erkennen, dass sie keine andere Wahl haben, als die Konzepte zu aktualisieren und die Methodik zu klären, wenn sie nicht in einer reaktionären Haltung verurteilt werden wollen.

Leserkommentare

EVERGREEN sagt:
Nazife Sisman schreibt > „ „Frauen und Gerechtigkeit“, „Frauen und Gleichheit“, „Frauen und Freiheit“ sind Themenbereiche, die sowohl in der Wissenschaft als auch in der Sozialpolitik nach wie vor bedeut- sam sind. < Doch dann kommt sie nicht auf die kritischen Punkte, sondern schreibt sehr, sehr viel ganz allgemein über den sogenannten Modernisierungs- prozess. Es wäre gut gewesen, wenn Nazife Sisman konkret Stellung nähme zu einzelnen Punkten, wo Frauen im Islam diskriminiert wer- den, zum Beispiel : 1] Warum soll sich eine Frau mit einem Kopftuch als Muslimin outen, während Männern solche Sozialkontrolle erspart bleibt? Warum ge- bieten die meisten Imame das Kopftuch, obwohl im Koran nichts von einem Kopftuchgebot steht (an den einschlägigen Koranstellen geht es um ganz Anderes!). Nazife Sisman sollte zu dieser Ungleichbehandlung, also Diskriminie- rung, konkret Stellung beziehen. 2] Muslime dürfen auch Jüdinnen und Christinnen heiraten. Aber Musli- minnen dürfen nur Muslime heiraten. Auch zu dieser krassen Ungleich- behandlung und Diskriminierung steht eine konkrete Stellungnahme der Soziologin aus. 3] Nach muslimischem Recht dürfen Muslime mehrere Frauen haben; aber eine Muslima nur einen einzigen muslimischen Mann. Was sagt die Soziologin konkret zu dieser krassen Ungleichbehandlung? 4] Auch das islamische Erbrecht enthält diskriminierende Elemente. 5] Muslimische Männer sind verpflichtet, am Freitagsgottesdienst teilzu- nehmen. Bei Frauen kommt es nicht so drauf an. Wollen sie dennoch teilnehmen, dann oft nur ganz hinten und abgesperrt vom Gottes- dienstraum. Ebenfalls eine Ungleichbehandlung. Es wäre gut, wenn die Soziologin Nazife Sisman konkret Stellung nehmen könnte.
08.07.24
13:49
Salim Spohr sagt:
Lese ich den zusammenfassenden Schlußsatz einer wohl überlangen Einlassung: „Kurz gesagt, Muslime, die sich mit den Herausforderungen der Gender-Diskussion konfrontiert sehen, müssen erkennen, dass sie keine andere Wahl haben, als die Konzepte zu aktualisieren und die Methodik zu klären, wenn sie nicht in einer reaktionären Haltung verurteilt werden wollen.“ — dann wird mir regelrecht übel. Zum einen wird gar nicht klar, was die Autorin eigentlich will. Nach einem Ritt querbeet durch den Gemüsegarten einschlägiger Items empirisch-soziologischer bis zu solchen nichtempirisch-philosophischer Art und aller möglichen Dinge kommt es nur zur Beschwörung von so etwas wie der „Notwendigkeit einer aktualisierten Methodik“. Dabei bezeugt die Verwendung des Wortes „Methodik“ anstelle des bescheideneren „Methode“ ein schon fast brutal wirkendes Verharren im Abstrakten auf, den Umstand bezeugend, daß sie eigentlich gar nicht weiß, was sie will oder, schlimmer noch, was sie wollen zu dürfen glaubt. Zum anderen frage ich, wie ist es möglich, sich so sehr durch etwas unter Druck gesetzt zu fühlen, das, in sich unsinnig, den wahren Verhältnissen widersprechend, bloß einer grünen Ideologie entsprang, die in naher Zukunft in-sha-Allah ohnehin ihr von der großen Mehrheit der Bevölkerung begeistert beklatschtes Ende finden wird? — Das ist nur möglich, wenn man sich in einem peinlichen Mangel an Urteilskraft den Exzessen einer Ideologie unterwirft, die nicht bloß dem Islam, sondern natürlicher Menschlichkeit nachgerade widerspricht, auch wenn diese an Universitäten und sogar in Behörden heute vielfach idiotischerweise immer noch gepflegt wird. So wie der Gender-Sprech im Begriff ist, die deutsche Sprache zu ruinieren, so ist die ganze Ideologie dabei, das Zusammenleben der Menschen in Paaren von Mann und Frau und Familien zu unterminieren. Der Islam gibt dem eine schöne Antwort: Wir Muslime sind, ob Mann oder Frau, als solche Diener unseres Herrn. Und auch in einer Zeit, da jeder Herr sein will, der Wert, die Schönheit und die überragende Ehre, die dem Diener zukommt, völlig verkannt wird, gilt nach wie vor: „Ya Sultan Allah, Du bist unser Herr, und wir sind deine Diener, und wir sind glücklich damit!“ Was die Rolle von Mann und Frau betrifft, so vertritt der Mann die Familie nach außen. Nach innen betrachtet, dient ihm die Frau, und es kommt himmlischer Segen auf die Familie. Dabei muß klar sein, daß der Frau als Dienerin des Mannes eine Reihe von Machtmitteln ihrem Mann gegenüber zukommt: Das Zelt des Beduinen beispielsweise hat einen keinen und einen großen abgetrennten Teil, der große steht unter der Herrschaft der Frau, den kleinen benutzt der Mann mit seinen Gästen. Will dieser seinen Gästen einmal Kaffee anbieten und der Haussegen hängt beispielsweise gerade schief, kann die Frau, die über die Ausgabe des Kaffees wacht, antworten, daß es heute leider keinen Kaffee gäbe. — Wehe aber dem Mann, der sich eigenmächtig den Kaffee holen würde. Der wäre bei seinen Freunden unten durch, hätte er doch seine Ehre verloren. Passend wäre es, wenn er seine Frau fragt, ob sie schon den neuen Goldring bemerkt hätte, den er ihr in die Kaffeedose gelegt hatte … Um es kurz zu machen: Überlegt die Familie, ob sie am Wochenende dort oder dorthin fahren soll, ist der Mann in einer glücklichen Lage, dessen Frau ihm dann sagt: „Ach Schatz, entscheide du das, dann kommt ein Segen auf die Fahrt!“ Es gibt also für Muslime gar keinen Grund, sich durch so etwas Irregeleitetes wie diese ganze Gender-Diskussion in irgendeiner Weise bedrängt zu fühlen, es sei denn, man strebe die Anerkennung von Irregeleiteten an, was nichts anderes bedeutet, als daß man selbst durch jene schon mehr oder weniger korrumpiert wurde.
08.07.24
19:48
El Ki sagt:
Vielen Dank an Nazifa Şişman dafür, dass sie den Leser an die realen Gegebenheiten unserer gemeinsam geteilten Welt heranführen möchte um ein Verständnis dafür zu schaffen, warum Anpassungen notwendig sind. „Aufgrund des sich wandelnden sozialen und wirtschaftlichen Lebens in der islamischen Welt hat sich das Leben der muslimischen Frauen und Männer in den letzten zwei Jahrhunderten erheblich verändert. Es gab Kriege und mit der Industrialisierung entstand beispielsweise auch die Notwendigkeit für Frauen, in Fabriken zu arbeiten. Diese neuen gesellschaftlichen Gegebenheiten machten eine neue Rechtsauslegung notwendig.“ Vor allem dieses Zitat zeigt die Basis ihrer Begründung. Sich an bestehendem aufzuhängen & auf einem Leben in „Beduinenzelten“ zu beharren ist keine Lösung! Als Muslime können wir uns nicht der Realität verschließen. Und für alle die das unbedingt brauchen: neue AR Brillen erlauben es auch an historischen Fiktionen Festzuhalten. Womöglich (Falls man sich den erlaubt Technologie zu benutzen, da auch Neuerung) kann man sich ja ein Beduinenzelt in die Visualisierung des eigenen Raums einprogrammieren. Vielen Dank auch dafür, dass Nazife Şişman sich mit der Sphäre der „Gender-Frage“ auseinandersetzt, die muslimische Frauen Stigmatisiert. Diese Stigmatisierungen sind ein ambivalentes Phänomen. Einerseits bieten sie die Kritik um viel diskutierte Fragen, andererseits verstärken Sie eben das Kritisierte selbst, da sie performativ das Kritisierte stabilisieren indem sie es einfach wiederholen. Ganz trivial!
11.07.24
7:30