In Chatgruppen tauschten Polizisten unter anderem rassistische Inhalte aus. Das OLG Frankfurt sieht darin aber keine strafbaren Handlungen – weil ein wesentliches Tatbestandsmerkmal fehlt.
Im Fall einer Polizisten-Chatgruppe mit rechtsextremen Inhalten hat das Oberlandesgericht Frankfurt eine Entscheidung gegen ein Gerichtsverfahren bestätigt. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft hatte Beschwerde eingelegt, nachdem das Landgericht kein Hauptverfahren eröffnen wollte. Das OLG teilte mit, dass kein hinreichender Tatverdacht gegen die Beschuldigten vorliege, die zum Zeitpunkt der Chats überwiegend Polizisten waren.
„Die Verwirklichung der in Betracht kommenden Tatbestände würde ein „Verbreiten“ von Inhalten erfordern“, hieß es. Dieses Tatbestandsmerkmal sei nicht erfüllt. Den Beschuldigten wurde zur Last gelegt, in der Zeit von Herbst 2014 bis Herbst 2018 in verschiedenen Chatgruppen Bilder und Videos mit verbotenem Inhalt verbreitet zu haben. Dabei soll es sich überwiegend um Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie volksverhetzende Inhalte gehandelt haben. Fünf der insgesamt sechs Beschuldigten waren zu dieser Zeit Polizeibeamte.
Auch die Chatgruppe «Itiotentreff» war Teil der Ermittlungen. In dieser wurden binnen eines Jahres mehr als 1600 Nachrichten zwischen den sechs bis acht Mitgliedern der Gruppe ausgetauscht. „Die Angeschuldigten haben zwar – insbesondere und vorrangig im Chat „Itiotentreff“ – in erheblichem Umfang teilweise nur schwer erträgliche menschenverachtende, rechtsextreme, gewaltverherrlichende, antisemitische, ableistische und rassistische Inhalte geteilt“, führte das Oberlandesgericht aus. „Dies begründet erhebliche Zweifel an der Verfassungstreue der im Polizeidienst tätigen Angeschuldigten und erfordert dienstrechtliche Konsequenzen“.
Nach früheren Angaben wurden unter anderem Darstellungen von Adolf Hitler, Hakenkreuze und weitere nationalsozialistische Symbole sowie Verharmlosungen des Holocaust geteilt. Strafbar seien die von der Anklage beschriebenen Handlungen allerdings nicht. Eine Verbreitung der Inhalte habe nicht stattgefunden – sie seien in private, geschlossene Chatgruppen mit überschaubarem Personenkreis eingestellt worden, deren Mitglieder miteinander teilweise sehr eng verbunden gewesen seien. «In keinem Fall seien die von der Anklage erfassten Inhalte einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht worden».
Die Chatgruppe von Beamten des 1. Frankfurter Polizeireviers war bei Ermittlungen zum „NSU 2.0“-Komplex aufgedeckt worden. Vor einigen Jahren waren rechtsextreme Drohschreiben mit dieser Unterschrift an zahlreiche Personen des öffentlichen Lebens versendet worden – in Anspielung auf die rechtsextreme Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). Als Verfasser wurde schließlich ein Berliner zu einer Haftstrafe verurteilt.
Das erste Schreiben der Serie war im August 2018 per Fax bei der Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz eingegangen. Es enthielt persönliche Daten, die nicht öffentlich zugänglich waren und unbefugt von einem Dienstcomputer im 1. Frankfurter Polizeirevier abgefragt worden waren. Ermittlungen dazu, die sich gegen einen Polizisten und eine Polizistin des Reviers richteten, wurden im Dezember 2023 eingestellt. Ein hinreichender Tatverdacht habe nicht begründet werden können.
Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) forderte eine Schließung dieser Strafbarkeitslücke. „Hass-Chatgruppen im öffentlichen Dienst sind unerträglich. Sie sind strafwürdig und zwar unabhängig davon, ob ein öffentliches Verbreiten von Inhalten erfolgt“, sagte er.
Die Disziplinarverfahren gegen die Polizeibeamten waren laut Poseck wegen des möglichen Prozesses zwischenzeitlich ausgesetzt und werden nun fortgesetzt. Nach Bekanntwerden der Vorfälle wurden 2018 Disziplinarverfahren gegen die fünf Polizisten eingeleitet und gegen alle das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen, wie es hieß. (dpa, iQ)