Thüringen wählt einen neuen Landtag. Die Parteien haben ihre Wahlprogramme vorgestellt. Doch was stellen die Parteien für Muslime in Aussicht. Ein Überblick.
Am 1. September finden in Thüringen Landtagswahlen statt. Knapp zwei Millionen Menschen sind wahlberechtigt. Bislang sind sechs Parteien im Landtag vertreten: Die Linke (29 Sitze), die AfD (22 Sitze), die CDU (21 Sitze), die SPD (8 Sitze), die Grünen und die FDP haben je fünf Sitze.
Drei Wochen vor der Landtagswahl liegt die AfD (30 Prozent) einer aktuellen Umfrage zufolge mit neun vor der CDU (21 Prozent) und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (19 Prozent). Die Grünen würden es nicht in den Landtag schaffen.
Themen wie der Klimaschutz, Wohlstand und Sicherheit dominieren den Wahlkampf und die Programme, doch was steht in den Wahlprogrammen und was stellen die Parteien für Muslime in Aussicht.
Im Wahlprogramm der Thüringer AfD wird die Wiederherstellung des „freiheitlichen, demokratischen und säkularen Rechtsstaates“ gefordert. Es wird betont, dass der Staat das „ausschließliche Rechtsetzungs- und Rechtsdurchsetzungsmonopol“ besitzt und dass staatliches Recht über religiösen Geboten stehen muss. Der orthodoxe Islam wird als eine „politische Religion“ beschrieben, die mit der Scharia ein „vormodernes System von Rechtsregeln“ umfasst und als unvereinbar mit dem westlichen Staatsverständnis angesehen wird.
Weiterhin stellt die AfD klar, dass die verfassungsrechtlich garantierte Freiheit des Glaubens auch für Muslime gilt. Allerdings sei Artikel 4 des Grundgesetzes kein „Supergrundrecht“ sei, das „einen politischen oder gesellschaftlichen Sonderstatus oder irgendwelche Privilegien für muslimische Gemeinschaften“ rechtfertigt.
Die AfD lehnt Islamunterricht an Thüringer Schulen ab, da der „politische Islam“ nach ihrer Überzeugung nicht mit den zentralen Regeln eines säkularen Verfassungsstaates vereinbar ist. Solange die „erforderlichen Abgrenzungsfragen“ nicht geklärt sind, spricht sich die AfD gegen Islamunterricht aus. Aktuell ist Thüringen einer der fünf Bundesländer, die kein Islamunterricht Muslime anbietet.
Im Bereich der Religion konzentriert sich die CDU auf das christliche und jüdische Leben. Für den Erhalt der christlichen Prägung und ein friedvolles Zusammenleben der Religionen in Thüringen will die CDU Kirchen unterstützen, christliche Feiertage schützen, kirchliche Denkmäler und Gotteshäuser erhalten, jüdisches Leben schützen und Antisemitismus entschlossen bekämpfen. Das muslimische Leben, die steigende Islamfeindlichkeit im Osten oder der Schutz der Moscheen findet im Wahlprogramm keine Beachtung. Stattdessen konzentriert sich die CDU eher auf den Islamismus. „Politischen Islamismus lehnen wir ab! Auch dulden wir keine Parallelgesellschaften mit eigenen Gesetzen außerhalb unserer rechtsstaatlich-demokratischen Grundordnung“, erklärt die CDU.
Auch im Wahlprogramm des Bündnisses Sahra Wagenknecht werden Themen rund um den Islam und Muslime keine Beachtung geschenkt. „Wir fordern und fördern die Akzeptanz der Regeln des Grundgesetzes für ein friedliches Zusammenleben. Ein radikaler Islamismus, der die Scharia predigt, die Schaffung eines Kalifats in unserem Land herbeisehnt und den Hass auf unsere Kultur und unsere Werte schürt, hat in Deutschland und Thüringen nichts zu suchen“, heißt es dort.
Überdies möchte sich die Partei rassistischen und ausländerfeindlichen Strömungen mit voller Kraft entgegenstemmen und solchen „inakzeptablen Tendenzen den Nährboden entziehen“.
Die Grünen wollen die Vielfalt von Religionen und Weltanschauungen schützen. Hierzu gehört auch das muslimische Leben. Geplant sei eine stärkere Unterstützung der muslimischen Glaubensgemeinschaften bei der Verteidigung gegen antimuslimischen Rassismus, da Muslime in Thüringen nicht offen zu ihrem Glauben stehen können.
Ferner möchten die Grünen der Begegnung und dem Dialog von religiösen und nicht religiösen Schülern in der Schule mehr Raum geben und den Unterricht in den Fächern Religion und Ethik neu organisieren. Hierbei soll geprüft werden, inwieweit der Religionsunterricht zwischen anderen Religionsgemeinschaften als Hybridunterricht erteilt werden könne.
Im Wahlprogramm der SPD und der FDP gibt es keine spezifischen Aussagen oder Maßnahmen, die das muslimische Leben betreffen. Die SPD will aber eine Studie über Demokratiefeindlichkeit und Rassismus in den Sicherheitsbehörden auf den Weg bringen und an der Umsetzung der Handlungsempfehlungen der Untersuchungsausschüsse zu den NSU-Morden als auch der Enquetekommission gegen Rassismus und Diskriminierungen weiterarbeiten. Und die FDP möchte sich in der Schulbildung auf „die Erscheinungsformen von moderner rechter, linker, islamistischer und antisemitischer Radikalisierung“ konzentrieren.