Europawahl 2024

Wie wählen Muslime in Deutschland?

Erstmals wurde das Wahlverhalten von Muslimen detailliert analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass bei der Europawahl neue Parteien besonders bei muslimischen Wählern punkten konnten, während traditionelle Parteien an Vertrauen verloren haben.

14
08
2024
0
Wahlen
Symbolbild: Muslime gehen wählen © shutterstock, bearbeitet by iQ.

Das Wahlverhalten von Muslimen in Deutschland bei der jüngsten Europawahl unterscheidet sich deutlich von dem der Gesamtbevölkerung. Dies zeigt eine neue Studie der Forschungsgruppe Wahlen, die erstmals spezifische Daten erhoben hat. Diese Umfrage wirft ein neues Licht auf die politischen Präferenzen der muslimischen Wählerinnen und Wähler in Deutschland.

Insgesamt wurde deutlich, dass Muslime in Deutschland andere Parteien bevorzugen als die breite Bevölkerung. Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet, war das gute Abschneiden der Demokratischen Allianz für Vielfalt und Aufbruch (DAVA) sowie des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) im Westen des Landes besonders auffällig. Beide Parteien erhielten jeweils 17 Prozent der muslimischen Stimmen, während die Dava bei der Gesamtbevölkerung deutlich weniger Zuspruch (0,4 Prozent) fand. Diese Ergebnisse überraschen insofern, als dass sowohl DAVA als auch BSW noch relativ junge und wenig etablierte Parteien sind.

Die DAVA punktet vor allem bei Wählern mit türkischem Migrationshintergrund. Sie hat es geschafft, eine Wählerschaft anzusprechen, die sich in Deutschland häufig marginalisiert fühlt. Ihr Fokus auf Themen wie Islamfeindlichkeit und Vielfalt scheint bei vielen Muslimen auf fruchtbaren Boden zu fallen.

SPD und Grüne wurden abgestraft

Auch die etablierten Parteien schnitten bei muslimischen Wählern unterschiedlich ab. Dabei wurden die Parteien der Ampelkoalition – ähnlich wie die Gesamtbevölkerung – deutlich abgestraft. Während die CDU 15 Prozent der Stimmen erhielt, kamen SPD und Linke auf 13 beziehungsweise 8 Prozent. Die Grünen, die in der Gesamtbevölkerung meist stärker abschneiden, konnten lediglich 7 Prozent der muslimischen Stimmen gewinnen.Besonders die SPD, die lange Zeit als bevorzugte Partei vieler Zuwanderer galt, musste Einbußen hinnehmen. Diese Verschiebungen im Wahlverhalten deuten darauf hin, dass sich die politischen Präferenzen innerhalb der muslimischen Gemeinschaft in Deutschland verändern.

Muslime fühlen sich nicht repräsentiert

Der Islamwissenschaftler Mathias Rohe zeigte sich nur wenig überrascht vom Wahlverhalten der Muslime und dem schwachen Abschneiden der DAVA. Er erklärt, dass der Einfluss „islamspezifischer Parteien“ sich auf eine kleine Gruppe, oft mit türkischem Hintergrund, beschränkte. Rohe hält daher Ängste vor dieser Entwicklung für unbegründet. Der Islamwissenschaftler betont weiter, dass Wähler der DAVA möglicherweise nicht unbedingt Erdoğan unterstützen, sondern vielmehr die Botschaft senden möchten, dass sie sich von den etablierten Parteien nicht ausreichend gehört fühlen. Viele Migranten hätten sich nicht repräsentiert gefühlt und sich deshalb in Moscheen engagiert.