Solingen

Menschenrechtler kritisieren die Abschiebungsvorschläge von Merz

Nach Solingen fordern CDU-Chef Merz und andere konsequente Abschiebungen und einen Aufnahmestopp für Menschen aus Syrien und Afghanistan. Die Gesellschaft für bedrohte Völker nennt das „unmenschlich und populistisch“.

27
08
2024
CDU-Chef Friedrich Merz © shutterstock, bearbeitet by iQ
CDU-Chef Friedrich Merz © shutterstock, bearbeitet by iQ

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) kritisiert die Forderung von CDU-Chef Friedrich Merz nach einem generellen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Afghanistan und Syrien nach dem Messerangriff in Solingen als „unmenschlich und populistisch“. „Reflexhafte Forderungen nach Abschiebungen und einem Aufnahmestopp für Asylbewerber aus Afghanistan oder Syrien bekämpfen Islamismus nicht. Die Forderung von Friedrich Merz nach einem kompletten Aufnahmestopp ist nicht mit dem Asylrecht vereinbar. Er lässt zudem vollkommen außer Acht, dass ethnische und religiöse Minderheiten vom IS verfolgt werden. Ihnen muss Deutschland Schutz gewähren“, fordert der GfbV-Nahostreferent Dr. Kamal Sido heute in Göttingen.

„Die NATO-Regierungen haben in Syrien und Afghanistan interveniert, ohne eine politische Strategie zu haben. Sie haben dort auch islamistische Kräfte finanziert. So sind viele islamistische Gruppen erst durch die politische und diplomatische Unterstützung der NATO-Regierungen erstarkt. Trotzdem scheinen Deutschland und die weiteren NATO-Regierungen nicht begriffen zu haben, dass die Unterstützung des Islamismus ein gefährliches Spiel mit dem Feuer ist“, kritisiert Dr. Kamal Sido.

Berliner Bischof warnt vor Pauschalurteilen in Solingen-Debatte

Nach dem Messeranschlag in Solingen warnt der evangelische Berliner Bischof Christian Stäblein vor Pauschalurteilen. Die Debatte dürfe nicht auf dem Rücken von Geflüchteten und Migranten ausgetragen werden. „Auch sie haben jetzt Angst vor pauschalen Verurteilungen und Anfeindungen“, sagte Stäblein. Die allermeisten, die nach Deutschland geflohen seien, seien gut integriert und leisteten einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft.

Mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen sowie später in Brandenburg äußerte der Bischof die Hoffnung, Wählerinnen und Wähler würden gut unterscheiden: zwischen denjenigen, die das Leid nach dem Anschlag für populistische Parolen instrumentalisierten, und jenen, die an einer Lösung interessiert seien, damit sich eine so furchtbare Gewalttat nicht wiederhole.

Muslime verurteilen Messerangriff in Solingen

Die muslimische Gemeinschaft verurteilte den Angriff scharf. „Der gestrige Angriff auf das Solinger Stadtfest hat uns tief erschüttert. In diesen schweren Stunden trauern wir um die Opfer und möchten den Angehörigen unser herzliches Beileid aussprechen“, erklärte Burhan Kesici, Vorsitzender des Islamrats.

Ali Mete, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG), gab anlässlich des Solinger Angriffs, der drei Todesopfer und zahlreiche Verletzte gefordert hat, eine Erklärung ab. „Der schreckliche Angriff in Solingen hat uns alle zutiefst erschüttert. Während wir unsere Trauer erleben, dürfen wir als Gesellschaft keine Spaltung zulassen und müssen uns auf unsere Stärken konzentrieren“, erklärte Mete und fügte hinzu:

„Der Angriff in Solingen ist ein Attentatsversuch auf unser Zusammenleben, unsere Freiheit und unsere Gesellschaft. Der wahllose Angriff auf unschuldige Menschen mit der Absicht zu töten ist das offensichtlichste Zeichen für den Verlust menschlicher und moralischer Werte. Als Islamische Gemeinschaft Millî Görüş verurteilen wir diesen niederträchtigen Angriff aufs Schärfste.

Die Türkisch-Islamische Union e.V. (DITIB) zeigt sich auch bestürzt über den schrecklichen Messerangriff. „Unser tief empfundenes Mitgefühl gilt den Angehörigen, die einen unerträglichen Verlust erlitten haben, sowie den Verletzten, denen wir von Herzen eine schnelle Genesung wünschen“, so die DITIB in einer Mitteilung. In Zeiten wie diesen rücke man als Gemeinschaft noch enger zusammen, um sich der sinnlosen Gewalt entgegenzustellen, die das Leben aller erschüttert habe. (KNA/iQ)

Leserkommentare

grege sagt:
Nach rechtsradikalen und islamfeindlichen Vorgängen werden Islamverbände nicht müde, dass solche Gesinnungen die Mitte der Gesellschaft erreicht hat. Im selben Atemzug werden Staat und Gesellschaft aufgefordert, Islamfeindlichkeit zu bekämpfen. Bei islamistischen Terroranschlägen ist von demselbigen Forderungen seitens der Islamverbände an sich selber und der eigenen Community nichts zu hören. Stattdessen werden solche Taten als Einzelfälle hingestellt, die nichts mit dem Islam zu tun haben. Kein Wunder, dass Islamverbände mit Ausnahme von Fr. Kaddor unter Nichtmuslimen dermaßen unbeliebt sind.
27.08.24
19:54