In Thüringen ist die AfD bei der Landtagswahl stärkste Kraft geworden. Muslime und Juden in Deutschland zeigen sich nach den Wahlergebnissen besorgt.
In Thüringen ist die AfD bei der Landtagswahl stärkste Kraft geworden. Sie kommt dort auf 32,8 Prozent der Wählerstimmen, gefolgt von der CDU mit 23,6 Prozent. In Sachsen liegt die AfD mit 30,6 Prozent auf Rang zwei hinter der CDU (31,9 Prozent).
Für den Rostocker Politikwissenschaftler Wolfgang Muno sind die Ergebnisse der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen nicht bloß Ausdruck kurzfristiger Stimmungen. „Ich habe große Sorge um die Demokratie in Deutschland“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Es zeige sich „eine grundlegende Kritik und Ablehnung von demokratischem Rechtsstaat und liberaler, pluralistischer Demokratie in großen Teilen der Bevölkerung, insbesondere aber in Ostdeutschland“.
Zwar handelt es sich laut Muno nur um Landtagswahlen in kleineren Bundesländern. „Aber natürlich ist die symbolische Wirkung enorm.“ Erstmals in der Nachkriegsgeschichte sei eine rechtsextreme Partei stärkste Kraft in einem Bundesland. „Das wird auch im Ausland wahrgenommen und diskutiert werden.“ AfD und BSW nannte Muno „populistische Polarisierer“. Andere Parteien würden es schwer haben, mit Fakten und Inhalten dagegenzuhalten.
Die Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen seien für den Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG), Ali Mete, nicht überraschend und trotzdem äußerst beunruhigend. Der hohe Stimmenanteil der AfD in beiden Bundesländern zeig, dass die islam- und migrantenfeindliche Rhetorik der Partei breite Unterstützung finde. „Ich glaube nicht, dass den Wählern bewusst ist, was sie diesem Land damit angetan haben. Auch wenn eine Regierungsbeteiligung der AfD verhindert werden kann, wird das Ergebnis mittelfristig Folgen für unsere Gesellschaft und das tägliche Leben haben, vor allem für Minderheiten“, so Mete auf X.
Auch sei zu befürchten, dass es zur starken Relativierung grundlegender Freiheitsrechte komme, insbesondere der Religionsfreiheit. „Kurz: Der Aufstieg der AfD ist nicht nur eine politische Veränderung, sondern auch ein ernstes Problem für das soziale Gefüge in Deutschland“, sagt Mete.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland äußert sich ebenfalls tief besorgt nach den AfD-Wahlerfolgen in Sachsen und Thüringen und sieht auch die vielen Stimmen für das BSW kritisch. „Deutschland taumelt“ nach einem „Wirkungstreffer historischer Dimension“ zieht Präsident Josef Schuster in einem Gastkommentar für Bild.de (Montag) Vergleiche zur Welt des Boxens.
Immer mehr Menschen wählten die AfD aus politischer Überzeugung, aus „durch Protest manifestierter rechtsextremer Ideologie“, fügte er hinzu. Und ein populistisches BSW lasse noch vieles unbekannt, „aber das, was wir von dieser neuen Partei und ihrem Spitzenpersonal wissen, lässt nichts Gutes erahnen“. (KNA/dpa/iQ)