Sprache und Bildung sind für Migranten die entscheidenden Tickets in den Arbeitsmarkt – und für gelingende Integration. Aber von der Kita bis zur höheren Schule hakt es im System, meint eine Pädagogik-Professorin.
Die Migrationsexpertin Havva Engin fordert mehr Willkommensklassen an Realschulen und Gymnasien. Es sei ein Problem, dass solche Klassen für Zuwanderer-Kinder „hauptsächlich an den gering qualifizierten Schularten eingerichtet werden“, sagte die Leiterin des Heidelberger Zentrums für Migrationsforschung der Zeitung „Die Welt“ (Mittwoch). Damit würden die Ressourcen vieler Kinder, die eigentlich Abitur machen könnten, nicht ausgeschöpft.
Mit Blick auf eine OECD-Studie, nach der Jugendliche, die erst nach dem 16. Lebensjahr nach Deutschland kommen, im Schnitt höhere Bildungsabschlüsse erzielen, sagte Engin: „Die Älteren kommen mit einer abgeschlossenen Schuldbildung, die sie in ihrem Herkunftsland durchlaufen haben. Sie müssen ihre Bildungslaufbahn nicht mittendrin unterbrechen und sich auf ein völlig neues System einlassen – dazu noch, ohne Deutsch zu sprechen.“ Besonders schwierig sei der Wechsel für Jugendliche um die 15 Jahre, so die Professorin für Pädagogik, die selbst als Sechsjährige als Kind eines türkischen Gastarbeiters nach Deutschland kam.
Engin beklagt, dass Kinder mit Migrationshintergrund in den Kitas deutlich unterrepräsentiert seien. Laut dem Bildungsbericht der Bundesregierung besuchten aus dieser Gruppe nur 22 Prozent der Unter-Dreijährigen eine Kita, gegenüber 44,5 Prozent der Kinder ohne Migrationshintergrund. „In den ersten drei Jahren wird die Sprache angelegt. Wenn die Kinder aber erst mit drei Jahren in die Kita kommen, haben sie schon eine große Chance verpasst.“ Die Sprachentwicklung sei dann meist nicht mehr aufzuholen. (KNA, iQ)