Akademiker widmen sich den wichtigen Fragen unserer Zeit. IslamiQ möchte zeigen, womit sich muslimische Akademiker aktuell beschäftigen. Heute mit Recep Aktaş über Maria im Koran.
IslamiQ: Können Sie uns kurz etwas zu Ihrer Person und Ihrem akademischen Werdegang sagen?
Recep Aktaş: Ich bin Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Islamische Theologie Münster (ZIT) im Fachbereich für Koran und Koranexegese. Zuvor habe ich Islamische Theologie in Deutschland studiert und bin aktuell neben meiner wissenschaftlichen Tätigkeit auf meine Doktorarbeit fokussiert. Durch meinen Forschungsschwerpunkt wirke ich u.a. an „Herders theologischem Koran-Kommentar“ mit, welches am ZIT Münster angesiedelt ist.
IslamiQ: Können Sie uns Ihre Dissertation kurz vorstellen?
Aktaş: Im Rahmen meiner Doktorarbeit setzte ich mich grob gesagt mit dem Thema Maria im Koran auseinander. Jedoch bearbeite ich das Thema mit einer innovativen Herangehensweise, mit der ich zukünftig auch andere Themen bearbeiten möchte. Der Blickwinkel macht manchmal viel aus, sodass ich den Fokus aus einer bekenntnisorientierten Position heraus auf Maria setze und dabei neue Elemente einbringe. Große Unterstützung erhalte ich dabei von meinem Betreuer Prof. Mouhanad Khorchide.
IslamiQ: Warum haben Sie dieses Thema ausgewählt? Gibt es ein bestimmtes Schlüsselerlebnis?
Aktaş: Ich habe bereits am zweiten Band des „Herders theologischem Koran-Kommentar“ mitgewirkt. Während dessen habe ich verschiedene Themen und anregende Ideen kennenlernen dürfen. Daher habe ich mich dazu entschlossen ein Thema der Kommentarreihe auf meine Weise und mit meinen Überlegungen zu bearbeiten. Da ab 2025 ebenfalls das Forschungsprojekt „Corpus Coranicum“ an das ZIT Münster übertragen wird, wird auch sicherlich meine persönliche Forschung davon profitieren.
IslamiQ: Haben Sie positive/negative Erfahrungen während Ihrer Doktorarbeit gemacht?
Aktaş: Im Laufe der Zeit durfte ich großartige Erfahrungen machen. Allgemein sehe ich, dass das Interesse an Koranexegese sehr groß ist. Muslime, als auch Christen kommen oft auf mich zu, da Maria beide Religionen begeistert. Somit durfte ich bisher einige Vorträge zu diesem Thema sowohl vor einer muslimischen als auch christlichen Zuhörerschaft halten. Es ist immer wieder erstaunlich zu sehen, welche Parallelen zwischen der muslimischen und christlichen Tradition existieren.
IslamiQ: Inwieweit wird Ihre Doktorarbeit der muslimischen Gemeinschaft in Deutschland nützlich sein?
Aktaş: Die islamische Theologie in Deutschland ist noch relativ jung, auch wenn hierzulande eine etablierte Islamwissenschaft existiert. Eine bekenntnisorientierte und dabei wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Koran wünschen sich viele Muslime in Deutschland. Unsere Forschung ermöglicht es uns diesem Bedarf nachzugehen und, speziell in meinem Fall, einem deutschsprachigen Publikum eine exegetische Auseinandersetzung mit einem koranspezifischen Thema zu liefern.
Ich bin davon überzeugt, dass die islamische Theologie in den nächsten Jahren bzw. Jahrzehnten weiterhin einen entscheidenden Beitrag zum Korandiskurs leisten wird. Daher empfinde ich jede Form der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Koran, solange sie tatsächlich wissenschaftlich ist, für sehr wertvoll und bereichernd. Die Theologie ist nicht schwarz-weiß. Es gibt verschiedene Ansätze und insbesondere Blickwinkel auf das ein und dasselbe Thema. Entsprechend ist es meiner Meinung nach gewinnbringend auf diese Pluralität durch Forschungsarbeiten und Publikationen aufmerksam zu machen, sie einem deutschsprachigen Publikum zu präsentieren, um im nächsten Schritt gesellschaftlich relevante und bereichernde Diskussionen führen zu können.
Das Interview führte Muhammed Suiçmez.