Gaza-Krieg

Muslime in Deutschland: Zwischen Solidarität und gesellschaftlicher Spaltung

Seit dem 7. Oktober stehen Muslime vor neuen Herausforderungen. Der Gaza-Krieg wirkt sich zunehmend auf das gesellschaftliche Klima aus, Spannungen und Diskriminierung nehmen zu. Ein Gespräch.

09
10
2024

Der Gaza-Krieg hat weitreichende Auswirkungen, auch auf die muslimischen Gemeinden in Deutschland. Die Gewalt im Nahen Osten erschüttert nicht nur die betroffenen Regionen, sondern lässt auch die sozialen Spannungen in Europa und besonders in Deutschland wachsen. Antisemitische und islamfeindliche Übergriffe haben zugenommen, und religiöse Gemeinschaften sehen sich mit neuen Herausforderungen konfrontiert.

Für viele muslimische Vertreter war der 7. Oktober ein Tag des Schocks und der Unsicherheit. „Wir waren fassungslos. Die Brutalität der Gewalt hat uns schockiert. Wir waren aber auch verunsichert, welche Folgen dieser Terroranschlag auf die Menschen in der Region haben würde“, erklärt Ali Mete, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG), auf Anfrage von IslamiQ. Auch Eyüp Kalyon, Generalsekretär der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB), teilt diese Gefühle. „Es war für uns alle ein schrecklicher Tag. Die Nachrichten über Tote und Geiseln haben uns alle erschüttert.“

Seit den eskalierenden Ereignissen haben islamfeindliche und antisemitische Straftaten in Deutschland deutlich zugenommen. Diese Entwicklung bereitet den Moscheegemeinden große Sorge, da sie nicht nur das Miteinander in Deutschland gefährdet, sondern auch das Vertrauen in den gesellschaftlichen Zusammenhalt erschüttert. „Da wird viel kaputtgemacht, was in vielen Jahren mühsam aufgebaut wurde“, betont Mete. Für ihn stehen islamfeindliche und antisemitische Straftaten in Deutschland auf derselben Stufe. „Trifft es heute die anderen, trifft es morgen uns. Das war schon immer so“, mahnt er.
Kalyon sieht die Spirale der Gewalt als eine ernste Bedrohung für das soziale Gefüge. „Jede Art von Diskriminierung und Gewalt gilt, ist ein Angriff auf unser gesellschaftliches Miteinander.“ Er betont die Bedeutung des Dialogs und fordert, dass Gesellschaft, Politik und Religionsgemeinschaften gemeinsam gegen die zunehmenden Feindseligkeiten vorgehen.

Öffentliche Debatten und Medienberichterstattung

Nach dem 7. Oktober wurden islamische Religionsgemeinschaften häufig dafür kritisiert, sich nicht deutlich genug von den Angriffen distanziert zu haben. Dies führte zu einer breiten medialen Debatte, die sowohl Mete als auch Kalyon als ungerecht empfunden haben. „Wir haben unsere Position früh genug kundgetan und jegliche Gewalt an unschuldigen Zivilisten angeprangert“, erklärt Kalyon.

Beide sind sich der Rolle der Religionsgemeinschaften in Krisenzeiten bewusst. In diesen unsicheren Zeiten sehen sich islamische Religionsgemeinschaften mit der Aufgabe konfrontiert, den Menschen Trost zu spenden und als moralischer Kompass zu fungieren. Für Mete bedeutet dies, dass religiöse Gemeinschaften „den Menschen beistehen, ihnen Halt und Kraft spenden“, aber auch aktiv dazu beitragen, „dass Vorurteile abgebaut und der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt werden.“ Kalyon sieht die spirituelle Kraft der Religion als eine Quelle, die den Menschen helfen kann, Ängste und Unsicherheiten zu überwinden: „Die spirituelle Kraft der Religionsgemeinschaften hat das Potenzial, Zukunftsängste und eine gesellschaftliche Verrohung abzumildern.“ Besonders in Krisenzeiten sei es wichtig, Hoffnung und Trost zu spenden.

Herausforderungen in den Gemeinden

Die Lage im Nahen Osten hat auch innerhalb der muslimischen Gemeinden in Deutschland Spuren hinterlassen. Viele Gemeindemitglieder sind verunsichert und fühlen sich hilflos angesichts der Gewalt, die sie aus der Ferne mitverfolgen. „Man merkt natürlich, dass die Lage in Nahost viele Menschen aufwühlt“, sagt Mete, „die deutlich einseitige Betrachtung des Krieges und die selektive Solidarität mit den Opfern in Politik und Medien macht den Austausch darüber nicht immer einfach.“ Trotz dieser Herausforderungen berichtet er, dass es in den Moscheen kaum zu Spannungen gekommen sei. Kalyon betont die Bedeutung der Moscheen als Zufluchtsort in diesen schwierigen Zeiten. „Natürlich ist es auch legitim, dass Menschen über ihre Sorgen, Ängste und ihren Frust reden können“, sagt er. Gleichzeitig sei es jedoch wichtig, dass diese Gefühle nicht für Hetze gegen andere instrumentalisiert werden.

Antisemitismus in muslimischen Gemeinden

Ein weiteres sensibles Thema ist die Frage des Antisemitismus innerhalb muslimischer Gemeinden. Der Nahostkonflikt hat diese Diskussion erneut befeuert, und beide Generalsekretäre betonen, dass antisemitische Haltungen in ihren Gemeinschaften nicht toleriert werden. „Keine Art von Menschenhass, darunter auch der Antisemitismus, werden in unseren Moscheen geduldet“, stellt Kalyon klar. Allerdings könne man nicht verhindern, dass Menschen durch soziale Medien oder ihr Umfeld beeinflusst werden. Daher sei es umso wichtiger, an das Verantwortungsbewusstsein der Muslime zu appellieren und diese dazu zu ermutigen, sich für ein friedliches Miteinander einzusetzen. Mete sieht die Bekämpfung von Antisemitismus und Islamfeindlichkeit als eine gemeinsame Aufgabe: „Antisemitismus oder Islamfeindlichkeit und andere Formen von Rassismus im Grunde alle dasselbe Ziel haben: Unterdrückung und Vernichtung des Anderen, des vermeintlich Fremden.“ Für ihn gibt es keine Abstufungen: „Alle Formen des Rassismus sind die Kehrseiten derselben Medaille.“

Unermüdlicher Einsatz für Frieden

Die muslimischen Gemeinden in Deutschland stehen nach dem 7. Oktober vor einer doppelten Herausforderung. Zum einen müssen sie auf die sozialen Spannungen reagieren, die durch den Nahostkonflikt auch in Deutschland zunehmen. Zum anderen sehen sie sich in der Verantwortung, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken und die Menschen in dieser schwierigen Zeit zu unterstützen. Der Weg dahin führt für Mete und Kalyon über Dialog, Empathie und den unermüdlichen Einsatz für den Frieden.

Leserkommentare

grege sagt:
Lieber "Gregor", Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass ich mir von einem Islamrassisten irgendwelche Vorschriften machen lasse. Besonders peinlich wiegt die Tatsache, dass ich von Ihnen zu einem Verzicht auf etwas aufgefordert werde, dass Sie selber nicht unterlassen können. Hier sei wieder einmal auf den berühmten Sandkasten verwiesen. Mansour, Ates und Co. sind doch Muslime und werden geschützt. Das sollte sie doch mit Dankbarkeit erfüllen. Die vielen Terrorakte in diesem Land mit den Vielzahl von Toten durch islamischen Terrorismus / Rassimus mit Toten und Verletzten in diesem Land (Berlin, Solingen, Mannheim, Hamburg, Duisburg, etc.) sowie Anstieg der Übergriffe auf Juden um 63 % seit dem 7. November zeugen davon, dass nichtmuslimisches Leben in diesem Land unzureichend geschützt sind. Als Islamrassist fordern Sie eine Privilegierung von Muslimen, was einmal mehr ein Ausdruck ihrer Gesinnung ist. Der Dialog tritt leider auf der Stelle, da Sie intellektuell oder nicht willens sind, auf meine Anmerkungen einzugehen. Daher poste ich meine Inhalte nochmal, bitte durchlesen und durchdenken. Wenn ich keine dezidierten Anmerkungen von Ihnen höre, gehe ich davon aus, dass sie diese nicht erwidern können. "Bevor mein Namensvetter andere irgendwelcher Feindseeligkeiten bezichtigt, sollte er erstmal seinen Hass auf die westliche Lebenswelt, Juden und vor allen Dingen Islamkritiker zurückschrauben. Drohungen, Anschläge und Übergriffe gegen diesen Personenkreis werden von „Gregor“ gerechtfertigt und leider von seinen Glaubensbrüdern auch verübt. Der Anschlag in Mannheim, das Massaker gegen die Redaktion von Charlie Hebdo, Übergriffe gegen Hr. Stürzensberger, der Anschlag gegen van Gogh oder Todesdrohungen gegen Salman Rushdie, die Umwandlung de Ylandsposten in eine Festung rechtfertigen den Schutz von Samad und Mahnsour. Nach Deutschland geflüchtete und flüchtende Muslime sollten froh darüber sein, dass Ihnen dieses Land im Gegensatz zu den muslimischen Herkunftsländern Zugang zu Bildung, medizinische Versorgung, Wohnraum und ausreichender Lebensmittelversorgung erhalten.“ Gregor“ sollte mal fragen, wovor sich hierlebende muslimische Flüchtlinge beispielsweise aus Iran oder Afghanistan mehr fürchten: Vor deutschen Rechtsradikalen oder vor afghanischen Taliba bzw. iranischen Mullahs. Die Antwort dürfte eindeutig sein. Bei anderen muslimischen Ländern sieht der Vergleich genauso aus. Wenn „Gregor“ tatsächlich so viel Angst vor deutschen Islamfeinden hat, kann er ja in Afghanistan bei den dortigen Taliban Asyl beantragen. Die Genehmigung wäre gewiss, schon allein aus propagandistischen Gründen. „Gregors“ bisher verbreitete Platitüden über Konflikte in islamischen Ländern offenbaren gravierende Wissensdefizite, die jedem Kenner die Lachtränen ins Gesicht treiben (Bosnien- oder Syrienkrieg durch den „Westen verursacht, man lacht sich schlapp). Ebenso war „Gregor“ ebenso wenig in der Lage, die angeblich islambeleidigenden Aussagen von Samad und Mansour anhand ausgewählter Zitate zu belegen, was ebenso auf mangelnde Sachkompetenz hindeutet. Auch hier sei wieder auf das einleitend erwähnte Glashaus verwiesen. Bei Interesse kann ich „Gregor“ gerne seriöse Literaturhinweise zum Israel-Palästinakonflikt mitteilen. Bezüglich des Bosnienkonfliktes kann ich auch ausführliche von mir verfasste Beiträge in diesem Forum verweisen, die sich ebenso für ein Selbststudium eignen. Solche islamrassistischen „Gregors“, die trotz ihres Hassgefühle ihre westliche Komfortzone nicht verlassen wollen, liefern einer AfD natürlich die perfekte Wahlkampfmunition."
07.11.24
19:39
hartmut sagt:
Die gestrigen Ereignisse in Amsterdam zeigen einmal mehr, wer schützenswert ist: Juden und zwar vor gewalttätigen Jugendlichen mit orientalischer Abstammung.
08.11.24
16:25
Gregor sagt:
Herr Grege, das Gespräch endet da , wo eine Beleidigung anfängt. Ich verbiete Ihnen, mich als "Islamrassist" zu bezeichnen. Rasistisch ist eien Weltsicht, die das Leid von Menschen mit bestimmter Lebensauffassung nicht wahrnehmen möchte... Das Ates und Mansour, "als vermeintliche Muslime, die geschützt werden" ihrerseits gebracht werden und dabei, ausgeblendet werden, dass diese innerhalb der musl. COmmunity nicht als Muslime gesehen werden ist zynisch. Ich versuche tatsächlich Ihre Sicht nachzuvollziehen, jedoch ist dies an Unmenschlichkeit nicht zu überbieten. Googeln Sie den Fall Marwa el Scherbini, googeln Sie die täglichen Angriffe auf Moscheen, die NSU Morde .... Wir sprechen hier von TOTEN MENSCHEN in DEUTSCHLAND.... Sie tun mir einfach leid. Sie blenden ihre Menschlichkeit aus, nur um das Bild des bösen Muslim oder den bösen Islam aufrechtzuerhalten. Machen sie ruhig weiter, dennoch obsiegt am Ende des Tages die Wahrheit... Die Zahl an Konvertiten steigt täglich trotz Medienpropaganda und Framing seitens Medien und Muslimfeinden. Ich hoffe, dass ihr naher Angehöriger sich für den Islam entscheidet. Dann werden Sie wahrscheinlich mal evtl. in der LAge sein die Wahrheit auszusprechen. Auch wenn es sich nicht mit ihrer Ideologie deckt. Ich hoffe, dass die Netiquette eingehalten wird und die ISLAMIQ-Redaktion hier auch aktiv wird. Schade, dass wertvolle Zeit die eingebracht wird, nicht wertgeschätzt wird und man nicht zivilisiert debattieren kann. EIN ARMUTSZEUGNIS
11.11.24
9:56
Salomon Jakob sagt:
Videoaufnahmen in den sozialen Medien zeigen israelische Fußballfans, die in Amsterdam gegen Araber und Palästinenser skandieren, diese beleidigen und Gewalt gegenüber palästinensischen Kinder n seitens der IDF verherrlichen. Sie zerissen paläst. Flaggen und provizierten somit eine Reaktion. Auf Videoaufnahmen, die in den sozialen Medien kursieren, sind israelische Fans zu hören, die „Lasst die IDF gewinnen, um die Araber zu f*cken“ skandieren. Somit wurden Sie nicht angegriffen, weil sie Juden waren, sondern weil Sie das Genozid unterstützen und damit Provaktion betrieben haben. „Das Video erklärt die Wahrheit über die israelischen Fußball-Hooligans, die diese Woche in der Stadt rassistisch randaliert haben“, schrieb Asa Winstanley, ein investigativer Journalist jüdischer Herkunft, auf X. Vor und während des Spiels zwischen Ajax und Maccabi Tel Aviv am 7. November in der niederländischen Hauptstadt griffen israelische Fans palästinensische Anhänger an und provozierten sie. Während einer Schweigeminute für die Opfer der Überschwemmungen in Spanien vor dem Spiel pfiffen die israelischen Fans weiter Proteste, skandierten und riefen antiarabische Parolen. Mindestens 62 Personen wurden bisher bei Zwischenfällen festgenommen. Der Umgang der hiesigen Medien erinnert an den Fall Gil Ofarim, in der alle Medien zunächst aufschrien danach jedoch sich Ofarim als Lügner entpuppte ... IM NAMEN DER GERECHTIGKEIT fordere ich jeden auf die Nachrichten, die uns "serviert werden" kritisch zu hinterfragen.
11.11.24
10:09
grege sagt:
Werter "Gregor", Sie reagieren also bei Konfrontation mit Ihrem eigenen Verhalten beleidigt und verbitten sich ein derartiges Verhalten. Die Auferlegung von Regeln gegenüber anderen Menschen bei gleichzeitiger Missachtung gegenüber einem selbst kann man getrost als Rassismus bezeichnen. Heranwachsende aus einem halbwegs vernünftigen Elternhaus lernen schon vor Betreten eines Kindergartens , dass so ein Verhalten moralisch verwerflich ist. Bevor Sie weiter für Ihre Religion werben, sollten Sie sich erst mal die offensichtlichen Erziehungsdefizite ihrer Eltern ausmerzen lassen. Ihr pharisäerhaftes Auftreten wirkt um so lächerlicher, da sie das Leben in einem islamischen Land meiden und feige Ihr Wohl innerhalb der westlichen Lebenskultur suchen. Mansour und Co. sind keine Muslime? Lt. Verfassung dieses Landes entscheidet der einzelne selber über seine Religion und nicht irgendwelche Communities. Zudem beträgt die Gesamtzahl der Muslime ca. 2 Mrd. Menschen. Eine Befragung alle dieser Menschen über das "wahre" Muslimdasein von Mansour ist schon aus biologisch-physikalischen Gründen unmöglich aufgrund mangelnder Lebenszeit. Ihre Aussagen sind einmal mehr an Kleingeistigkeit nicht zu überbieten. Als rassistischer, feiger und kleingeistiger Muslime verhalten Sie sich gegenüber Ihrem Schöpfer wenig respektvolll.
11.11.24
20:38
grege sagt:
Zunächst einmal haben sich nicht alle, sondern nur einzelne Fans von Macabi Tel Aviv wie im Beitrag zuvor beschrieben, unflätig verhalten. Gerade hiesige Islamvertreter reagieren höchstempfindlich, wenn islamischer Extremismus derart generalisiert wird. Ebenso darf man in einem Akt von Selbstjustiz bestimmt nicht wahllos Bürger eines bestimmten Landes oder Angehörige einer bestimmten Religion auf offener Straße verprügeln, mit Autos anfahren oder in Grachten schmeißen als Reaktion auf angebliches respektloses Verhalten einziger. Die Sanktionierung eines solchen Verhaltens obliegt je nach Gesetzeslage einzig und allein staatlichen Sicherheitsbehörden, wie in dem Falle der niederländischen. Auf pro-palästinensischen und islamistischen Demos sind ebenso auch respektlose Parolen skandiert worden. Haben Nichtmuslime jetzt das Recht, deswegen oder nach Terorroanschlägen eine Hetzjagd auf Muslime zu veranstalten wie in Amsterdam vor wenigen Tagen geschehen??? Mazyek und sein Nachfolgender würden jetzt schon im Dreieck springen!!!
11.11.24
20:59
grege sagt:
@ "Gregor" Recherchieren Sie bitte, was am 4. Oktober 2021 ebenso in Dresen ereignete und gedenken Sie bitte der Toten, die durch islamischen Terrorismus ermordet worden sind. Mit Ihrem islamrassistischem Gedankengut bereiten Sie solchen ständigen Terrorakten mit dem Nährboden.
11.11.24
21:22
hartmut sagt:
Schon wieder hat es antisemitische Pöbeleien in Amsterdam gegeben, obwohl keine Fans von Macabi Telaviv dort waren.
12.11.24
8:37
hartmut sagt:
Interessant wäre zu wissen, wieviele dieser Antisemiten einen nahöstlichen Migrationshintergrund haben, bzw. Muslime sind.
12.11.24
8:39
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