Köln

„Sollte es in Deutschland ein Kalifat geben?“: Provokative Fragen bei Einbürgerung

Ein junger Mann wurde während seines Einbürgerungstests in Köln mit provokativen Fragen konfrontiert, darunter Themen wie Kalifat und Frauenrechte. Diese provokativen Fragen werfen ernsthafte Zweifel an der Fairness des Verfahrens auf. Experten kritisieren die Praxis.

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2024
Symbolbild: Einbürgerung © shutterstock, bearbeitet by iQ
Symbolbild: Einbürgerung © shutterstock, bearbeitet by iQ

Der Fall von S.Y.hat eine kontroverse Diskussion über die Einbürgerungspraxis in Deutschland ausgelöst. Während der mündlichen Prüfung zur Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft am 10. Oktober in Köln wurde S.Y. mit einer Reihe von Fragen konfrontiert, die nichts mit Deutschland oder der deutschen Gesellschaft zu tun hatten. Unter den gestellten Fragen waren unter anderem: „Sollte es in Deutschland ein Kalifat geben?“, „Was ist der Unterschied zwischen Frauen im Osten und Westen?“ und „Ist Hamas eine Terrororganisation?“

S.Y. zeigte sich schockiert über den Verlauf der Prüfung. „Ich hatte mich auf Fragen zur deutschen Politik vorbereitet, wie beispielsweise zur Kanzlerschaft, den politischen Parteien oder den Bundesländern. Doch stattdessen wurde ich mit Fragen zu Themen wie dem Kalifat und der Freiheit der Gedanken konfrontiert“, berichtete er. der junge Muslim fühlte sich durch die Fragen stark diskriminiert und äußerte den Verdacht, dass er aufgrund seiner Herkunft unter Generalverdacht gestellt wurde. „Es war, als ob ich in einem Verhör wäre und mich verteidigen müsste.“

Rechtsanwalt Yalçın Tekinoğlu, der auf Einbürgerungs- und Diskriminierungsrecht spezialisiert ist, nahm zu dem Fall Stellung und kritisierte die Praxis scharf. „Fragen im Einbürgerungsverfahren müssen immer auf einer klaren rechtlichen Grundlage basieren“, erklärte er. Tekinoğlu betonte, dass Beamte während der Prüfung nur solche Fragen stellen dürfen, die in direktem Zusammenhang mit der deutschen Staatsbürgerschaft stehen. Fragen zu religiösen oder politischen Themen, die außerhalb Deutschlands liegen, seien nicht zulässig und widersprächen den verfassungsmäßigen Rechten der Bewerber. „Es gibt klare Richtlinien, nach denen Beamte handeln müssen, und eigene Vorurteile oder persönliche Ansichten dürfen dabei keine Rolle spielen“, so der Anwalt weiter.

Er hob außerdem hervor, dass es nicht Aufgabe der Prüfer sei, Fragen über andere politische Systeme, wie zum Beispiel das in der Türkei, zu stellen. „Die politische Struktur eines anderen Landes hat nichts mit dem Einbürgerungsverfahren in Deutschland zu tun“, fügte Tekinoğlu hinzu. Solche Fragen könnten als Schikane wahrgenommen werden und seien aus juristischer Sicht fragwürdig. Tekinoğlu rät Staatsbürgerschaftsanwärtern, bei solchen Vorfällen die Rechtmäßigkeit der gestellten Fragen zu hinterfragen. „Wenn eine Frage gestellt wird, die nicht auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, hat der Bewerber das Recht, die Antwort zu verweigern“, erklärte er.

Innenministerium erweitert Fragen zur Einbürgerung

Ende März gab das Bundesinnenministerium bekannt, dass neue Fragen im Einbürgerungstest zu Israel und jüdischem Leben werden Voraussetzung für den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft. Künftig sollen Themen wie Antisemitismus, das Existenzrecht Israels und jüdisches Leben in Deutschland ein größeres Gewicht im Einbürgerungstest bekommen. Der aktuelle Vorfall hat erneut eine Debatte über mögliche Diskriminierung im deutschen Einbürgerungsverfahren entfacht. Kritiker befürchten, dass Migranten im Prozess zusätzlichen Hürden ausgesetzt sind und durch solche provokanten Fragen entmutigt werden sollen.

Leserkommentare

Marco Polo sagt:
Die hier kritisierten Fragen sind sehr wichtig, sinnvoll und voll berechtigt. Deutschland muß sich unbedingt vor extremistisch orientierten Einbürgerungsbewerbern (m/w/d) schützen. Kalifat- und Scharia-Schwärmereien aller Art sollten - wenn überhaupt - besser in islamischen Ländern gepflegt werden. Die Regeln im Land stellen nicht provozierende Islamanhänger und deren Anwälte oder geduldete Islamverbände und Moscheestrukturen auf. Intelligente und liberale Koranverfechter werden das sicherlich verstehen und akzeptieren.
23.10.24
17:01