Nachgefragt

Polizeigewalt hat System – Warum Merz und Co. dieses Buch lesen sollten

Autoren schreiben hunderte Seiten. Doch was passiert, wenn sie ihr Buch auf seine Essenz herunterbrechen müssen? Heute Mohamed Amjahid und sein Buch „Alles nur Einzelfälle?“.

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10
2024
Mohamed Amjahid für Nachgefragt ©Andreas Hornoff
Mohamed Amjahid für Nachgefragt (c)Andreas Hornoff

IslamiQ: Wem würden Sie ihr Buch gerne schenken und warum?

Mohamed Amjahid: An Innenministerin Nancy Faeser: Sie trifft derzeit fatale Entscheidungen, die das Asylrecht durch Polizeigewalt und Racial Profiling faktisch abschaffen. Auch Cem Özdemir würde ein Exemplar bekommen: Er spricht gerne über Sicherheitspolitik, obwohl er augenscheinlich wenig Ahnung hat, gerne selbstbezogen das Thema instrumentalisiert. Oppositionsführer Friedrich Merz würde ich das Buch schenken, obwohl ich mir sicher bin, dass er teils aus Desinteresse, teils aus politischer Überzeugung so ein Buch nicht lesen würde. Aber versuchen kann man es ja mal.

IslamiQ: Warum ist die Thematik Ihres Buches wichtig?

Amjahid: In Deutschland schicken wir als Gesellschaft gerne die Polizei vor – als Lösung für jedes erdenkliche Problem. Das macht uns alle unsicherer. Über Polizeigewalt zu sprechen ist dabei kein Nischenthema, es geht alle etwas an. Nicht nur rassifizierte Menschen (Muslim*innen, Jüdinnen*Juden, Sinti und Roma…), Schutzsuchende, oder psychisch Erkrankte sind von dieser Gewalt betroffen, es reicht schon auf die “falsche Demo” zu gehen oder ein Fußballspiel zu besuchen, um eine polizeiliche Faust ins Gesicht zu bekommen. Deswegen ist es mir als investigativer Journalist seit mehr als zehn Jahren ein Anliegen, über das Thema aufzuklären.

IslamiQ: „Beim Lesen guter Bücher wächst die Seele empor.“ Warum trifft dieses Zitat von Voltaire auf Ihr Buch zu?

Amjahid: Voltaire selbst hat in seinen Schriften sehr viel Rassismus reproduziert. Er gilt dennoch in Europa als Aufklärer. Dabei braucht es in unseren Zeiten voller Fakenews und Desinformation (vor allem von staatlicher Seite, egal ob von rechtsextremen Parteien in Deutschland, staatlichen Stellen in Russland oder der Türkei zum Beispiel) mehr Journalismus, faktenbasierte Debatten, realitätsbezogene Analysen. Das versuche ich in “Alles nur Einzelfälle?” für das Thema Polizeigewalt anzubieten: Recherche, Studien, Rekonstruktion von unzähligen Fällen.

IslamiQ: Ihr Buch in drei Wörtern zusammengefasst?

Amjahid: Polizeiliche True Crime.

IslamiQ: Eine spezielle Frage an Sie: Rassistische Polizeigewalt gibt es in Deutschland seit den 80ern – oft unsichtbar. Heute ist diese Gewalt gegenüber migrantische Menschen immer salonfähiger, etwa bei Palästina-Demos, rechtswidrigen Durchsuchungen oder Grenzkontrollen. Wie sollte man mit dieser offensichtlich sehr rassistischen Gewalt der Polizei umgehen?

Amjahid: Ich habe mir für die Analyse in meinem Buch insbesondere zwei Fallbeispiele zu Demonstrationen und Polizeigewalt herausgesucht: die Gewalt gegen Klimademonstrant*innen und gegen Menschen, die auf pro-palästinensischen Demonstrationen ihre Meinung meist friedlich kundtun wollen. Dabei geht es darum, dass der Staat gerne die Polizei vorschickt, um mit Gewalt unliebsame Ansichten zu unterdrücken. Egal was man von diesen Ansichten hält, bleibt festzuhalten: Das geht gar nicht. Auch die Grenzkontrollen, die nun an den deutschen Grenzen durchgeführt werden ist ein Abbau des Rechtsstaat im Namen der Sicherheit und polizeilichen Aufrüstung. In ganz Europa getrieben und orchestriert von Rechtsextremisten und autoritären Einstellungen – für die man mittlerweile Parteien wie die AfD gar nicht mehr braucht. Individuell heißt es deswegen: Auf sich aufpassen, kritisch und solidarisch bleiben. Mir war es wichtig, am Ende des Buchs Tipps aufzuschreiben wie man sich schützen kann, um weiter in einer freien Gesellschaft leben zu können.

Leserkommentare

Minimalist sagt:
Liebend gerne würde ich vom gleichen Autor und Journalisten auch ein aufklärerisches Buch zum Thema "Polizeiliche True Crime" in islamischen Ländern und Islam-Republiken lesen. Da dürften der Leserschaft bei faktenbasierter und realitätsbezogener Gesellschaftsanalyse erst recht die Haare zu Berge stehen und das Hören und Sehen vergehen. Das System hinter der islamisch gesteuerten Polizeigewalt - durch autokratische Scharia-Justiz und strenge Polit-Geistlichkeit abgesichert - lässt Muslime und Ungläubige vor Entsetzen regelrecht erschaudern. Hat der deutsch-marokkanische Autor, der viele Auszeichnungen erhielt, dafür auch wirksame Tipps? Mohamed Amjahid (36) bezeichnet sich selber als "queere Person" und "Atheisten" - was viel Mut und Selbstbewusstsein zeigt. Auf weitere Buchveröffentlichungen von ihm darf man gespannt sein.
28.10.24
18:37
Grege sagt:
Polizeigewalt ist natürlich ein schlimmes Vergehen, was in einem Rechtsstaat geahndet werden muss, insbesondere, wenn es über Einzelfälle hinausgeht. Islamrassismus und islamischer Terrrorismus gehen ebenso über Einzelfällte aus, was jedoch von Islamvertretern bestritten wird. Im Gegenteil. Diese Personen werden der Islamfeindlichkeit auch islamiq.de der Islamfeindlichkeit bezichtitgt. Islamische Vertreter und islamische Medien können nicht einerseits Aufmerksamkeit für fremdenfeindliche Vergehen einfordern, auf der anderen Seite den islamischen Extremismus als Einzelfall abtun. Das nennt man auch mit zweierlei Maß messen.
30.10.24
21:00