Ein 58-jähriger Deutscher tötete vor einem Jahr einen Geflüchteten tunesischer Herkunft. Nun fällt das Gericht ein umstrittenes Urteil – und sieht trotz mehrerer Hinweise kein rechtsradikales Motiv.
Das Landgericht Waldshut hat am Montag ein Urteil in einem aufsehenerregenden Prozess gesprochen: Patrick E., ein 58-jähriger Mann, wurde wegen Totschlags zu sechs Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Er hatte am Tag vor Weihnachten 2023 den 38-jährigen Flüchtling Mahdi B. erschossen, dessen Leiche zerstückelt und im Rhein versenkt, berichtet die taz. Der Fall begann mit einem Streit auf offener Straße, der eskalierte – und lässt viele Fragen offen.
Laut Ermittlungen war es Stunden vor der Tat zu einer Auseinandersetzung gekommen. Mahdi B. soll Patrick E. und dessen Familie beleidigt und bedroht haben. Noch am selben Abend erschoss E. den Tunesier in dessen Wohnung. Anschließend zerstückelte er die Leiche und entsorgte sie im Rhein. Während er nach der Tat mit seiner Familie Weihnachten feierte, fiel zunächst kein Verdacht auf ihn. Erst Wochen später, nach einer Vermisstenmeldung und Ermittlungen der Polizei, gestand er die Tat.
Der Prozessverlauf sorgte für Kritik. Trotz rechtsradikaler Literatur in E.s Besitz und seiner Sympathie für extremistische Ansichten – er hatte u. a. eine Abmahnung erhalten, weil er bei einer Fortbildung antisemitische Aussagen gemacht hatte – sah das Gericht keine belastbaren Hinweise auf Fremdenfeindlichkeit als Tatmotiv.
Unklar bleibt, warum die Nebenklage erst spät einbezogen wurde. Die Freiburger Anwältin Claudia Meng, die die Schwester des Opfers vertritt, kritisierte zudem die Einführung der Ermittlungsakte des Opfers in den Prozess. Mahdi B. hatte Vorstrafen, war aber für unbescholtene Bürger keine Gefahr.
Das Urteil, ein sogenannter Deal, bleibt umstritten. Es wirft die Frage auf, ob Fremdenfeindlichkeit und die Gefahr rechter Gewalt ausreichend berücksichtigt wurden.