Thüringen

Koalitionsvertrag in Thüringen steht – Muslime werden nur wertgeschätzt

CDU, BSW und SPD haben sich nach intensiven Verhandlungen auf einen 126 Seiten umfassenden Koalitionsvertrag geeinigt. Die Bedürfnisse der Muslime in Thüringen bleiben weitgehend unerwähnt.

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2024
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Koalitionsvertrag in Thüringen steht
Koalitionsvertrag in Thüringen steht © CDU Thüringen, bearbeitet by iQ.

Fast drei Monate lang haben Vertreter von CDU, BSW und SPD verhandelt, nun steht ein Koalitionsvertrag. Stimmen Parteigremien und Mitglieder zu, wird das Papier die Grundlage für eine künftige Landesregierung sein.

Der Abschnitt „Muslimisches Leben in Thüringen – Kulturelle Wertschätzung“ hebt lediglich hervor, dass Muslime das kulturelle Leben bereichern und zum Gemeinwesen beitragen. Konkrete Maßnahmen, wie etwa der Ausbau islamischen Religionsunterrichts, der Kampf gegen Islamfeindlichkeit oder die Förderung muslimischer Gemeinden, fehlen gänzlich.

Der Koalitionsvertrag von CDU, BSW und SPD greift zentrale Anliegen von Muslimen in Thüringen kaum auf. Themen wie islamischer Religionsunterricht, gezielte Maßnahmen gegen Islamfeindlichkeit oder die Förderung interreligiösen Dialogs bleiben unberücksichtigt. Statt einer klaren Strategie für die wachsende Vielfalt in der Gesellschaft bleibt es bei allgemeinen Bekundungen der „Wertschätzung“. Ein zukunftsweisendes Signal an die rund 30.000 Muslime in Thüringen sieht anders aus.

Strengere Regeln für Migraten

CDU, BSW und SPD wollen nicht weniger als einen «Richtungswechsel in der Migrationspolitik». In der rot-rot-grünen Vorgängerregierung war SPD-Chef Georg Maier als Innenminister zuletzt auch für den Bereich Migration zuständig. «Wer keinen Schutzgrund hat, über seine Identität täuscht oder sich nicht an Regeln hält, insbesondere Straftaten begeht, muss unser Land wieder verlassen», heißt es in dem neuen Brombeer-Koalitionsvertrag.

Demnach setzen sich CDU, BSW und SPD für eine Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsstaaten ein, «insbesondere um Marokko, Algerien und Tunesien». Außerdem unterstütze man die EU-Asylreform. „Nur Personen mit Bleibeperspektive sollen in die Mitgliedstaaten gebracht werden“, steht im Vertrag, und: „Wir werden die irreguläre Einreise nach Deutschland reduzieren.“

Weitere Thüringer Sonderaufnahmeprogramme soll es nicht geben. CDU, BSW und SPD setzen zudem auf die Bezahlkarte für Geflüchtete und wollen Personen mit geringer Bleibeperspektive nicht auf die Kommunen verteilen. Die Landeserstaufnahmeeinrichtungen in Suhl und Eisenberg wollen die drei potenziellen Partner schließen und Nachfolgelösungen finden, heißt es. Außerdem wollen sie eine zentrale Landesausländerbehörde schaffen, „die Aufnahme, Anerkennung von Berufsabschlüssen, Integration und Rückführung bündelt“.

Bildung und Wirtschaft in Thüringen

CDU, BSW und SPD wollen in Kindergärten Deutschtests für Fünfjährige einführen. Bei Defiziten soll noch vor der Einschulung mit Sprachförderung gegengesteuert werden. In der Grundschule wollen die drei Parteien dann eine sogenannte Lesen-Schreiben-Rechnen-Garantie für Kinder umsetzen. Ziel ist es, dass Schülerinnen und Schüler „die notwendigen Basis- und Kernkompetenzen in den Bereichen Mathematik und Deutsch erwerben“, heißt es im Koalitionsvertrag. Der Fokus soll in der Grundschule auf dem analogen Lernen liegen. Hortgebühren sollen abgeschafft werden.

Für Kinder mit mangelnden Sprachkompetenzen und geringen Deutschkenntnissen sollen Deutschförderklassen eingerichtet werden. CDU, BSW und SPD bekennen sich zum gegliederten Schulsystem – etwa mit Gymnasium, Regelschule und Förderschule. Im Kampf gegen den Lehrermangel wollen die drei potenziellen Partner mehr Studienplätze für ein duales Lehrerstudium schaffen und die Lehrerausbildung modernisieren.

Die mögliche Brombeer-Koalition will eine „Ermöglichungskultur“ schaffen, schreiben die drei Parteien in ihrem Vertrag. Schlagworte sind Entbürokratisierung, Digitalisierung und ein „investitionsfreundliches Grundklima“. CDU, BSW und SPD wollen einen Transformations-, Technologie- und Innovationsfonds schaffen und prüfen, ob tarifgebundene Unternehmen einen Förderbonus erhalten können. Die Meisterausbildung soll kostenfrei sein. (dpa, iQ)