Ein fehlerhafter Fragenkatalog im Stuttgarter Einbürgerungsverfahren sorgt für Kritik. Diskriminierende Inhalte belasten das Vertrauen in die Behörde. Die Stadt nennt den Vorfall einen „individuellen Fehler“.
Ein Fehler im Einbürgerungsverfahren in Stuttgart hat für Kritik gesorgt. Einem Antragsteller wurde ein unfertiger und nicht freigegebener Fragenkatalog vorgelegt, der erhebliche Zweifel an der Qualitätssicherung der Behörde aufwirft. Die darin enthaltenen Fragen, die einseitig, diskriminierend und politisch aufgeladen wirken, beleuchten gravierende Missstände in der Umsetzung neuer Gesetzesanforderungen.
Zu den kontroversen Fragen, die dem Antragsteller gestellt wurden, gehörte unter anderem, wie er zu den Aussagen im Koran stehe, dass Juden „Betrüger“ (3:75), „Lügner“ (3:78), „verschlagene Wucherer“ (4:160) und „Kriegstreiber„ (5:64) seien. Auch wurde gefragt, wie er antisemitische Parolen wie „Hamas, Hamas, Juden ins Gas“, die 2017 bei Demonstrationen in Berlin skandiert wurden, bewerte, und ob er das Existenzrecht Israels anerkenne. Eine weitere Frage zielte auf einen Boykott-Aufruf einer SWR-Moderatorin gegen israelische Produkte ab.
Diese Fragestellungen stammen aus einem internen Arbeitsentwurf, der laut der Stadt Stuttgart „noch nicht zur Anwendung in Einbürgerungsverfahren freigegeben war“. Auf Anfrage von IslamiQ erklärte die Pressestelle der Landeshauptstadt, dass es sich um einen „individuellen Fehler“ handele, der dazu führte, dass dieser Entwurf irrtümlich in einem Einzelfall herausgegeben wurde. „Diesen Fehler bedauern wir ausdrücklich“, so die Pressestelle. Weiter heißt es: „Dieser Arbeitsentwurf wurde lediglich auf Grundlage von Schulungsunterlagen erstellt, sollte jedoch erst nach Veröffentlichung der Anwendungshinweise des Bundes finalisiert werden.“ Die Stadt betonte abschließend, dass ein überarbeiteter und rechtskonformer Fragenkatalog mittlerweile im Einsatz sei.
Im letzten Jahr wurden 4.000 Einbürgerungsanträge gestellt, von denen 2.125 erfolgreich eingebürgert wurden. Doch der Vorfall zeigt: Die Einbürgerung als Instrument der Teilhabe darf nicht durch solche Pannen beschädigt werden. Die Einbürgerungsbehörde in Stuttgart werde ihre internen Prozesse weiter prüfen, um vergleichbare Vorfälle künftig auszuschließen.
Ende März gab das Bundesinnenministerium, dass die Fragen im Einbürgerungstest erweitert werden. Künftig sollen Themen wie Antisemitismus, das Existenzrecht Israels und jüdisches Leben in Deutschland ein größeres Gewicht im Einbürgerungstest bekommen.