









Insekten in Lebensmitteln: halal oder haram? Neue EU-Regelungen erlauben Insekten als Zutat. Doch wie sieht es im Islam aus? Ein Gastbeitrag von Dilara Faslak.
Seit 2021 hat die Europäische Union fünf neue Regelungen zur Nutzung von Insekten in Lebensmitteln verabschiedet. Besonders Anfang 2023 und 2025 rückten diese Regelungen durch Social-Media-Debatten verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit und sorgten für heftige Reaktionen von Verbrauchern.
Denn bestimmte Insekten und ihre Derivate dürfen nun in vielen Lebensmittelgruppen verwendet werden. Es wurde intensiv diskutiert, in welchen Produkten sie enthalten sein könnten und wie man sie vermeiden kann.
Die Verwendung von Insektenbestandteilen in der Lebensmittelindustrie ist keineswegs neu. Schon seit Langem werden tierische Inhaltsstoffe aus Insekten gewonnen, etwa der rote Farbstoff Karmin (E120) direkt aus dem Körper von Schildläusen oder das Überzugsmittel Schellack (E904), das aus den Sekreten der Lackschildläuse gewonnen wird.
Diese Substanzen werden als alternative Proteinquellen neben Fleisch und Fisch betrachtet. Sie enthalten viel Eiweiß, sind nährstoffreicher als Fleisch und gelten aufgrund der Zuchtbedingungen als umweltfreundlicher. Die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) hat die neuen Insektenbestandteile als unbedenklich eingestuft, weist aber darauf hin, dass sie allergische Reaktionen auslösen können. Daher ist nicht nur eine klare Kennzeichnung in der Zutatenliste vorgeschrieben, sondern auch ein zusätzlicher Hinweis auf mögliche Allergien.
Mit den neuen Regelungen dürfen Insektenbestandteile in zahlreichen Lebensmitteln wie Backwaren, Suppen, Pizzen, Keksen, Soßen, Getreideprodukten, Chips und anderen Knabbereien verwendet werden.
Allerdings sind die Lizenzen für die Nutzung dieser Bestandteile derzeit ausschließlich für die jeweiligen Antragssteller beschränkt. Die Genehmigungen gelten für jeweils fünf Jahre und können erst danach von weiteren Firmen genutzt werden.
Aktuell sind folgende Unternehmen für die Nutzung zugelassen:
Daher ist es falsch zu behaupten, dass ab sofort alle Produkte Insektenbestandteile enthalten könnten. Zudem sind Insektenproteine teurer als weit verbreitete Lebensmittel wie Weizen, Fleisch oder Soja und sprechen derzeit nur eine Nischenkundschaft an. Eine flächendeckende Integration in Alltagsprodukte ist daher wenig realistisch.
In der EU ist es vorgeschrieben, Insektenbestandteile in der Zutatenliste auszuweisen. Zusätzlich müssen sie im Allergiehinweis aufgeführt sein. In Deutschland können diese unter folgenden Bezeichnungen auftauchen:
Zudem ist die Verwendung von insektenbasierten Inhaltsstoffen in Produkten mit dem veganen oder vegetarischen Label von ProVeg, das auf vielen Produkten zu finden ist, verboten. Darüber hinaus fordert die Verbraucherzentrale in Deutschland, dass Produkte, die Insekten enthalten, zusätzlich auf der Verpackung gekennzeichnet werden.
Heuschrecken zählten sowohl im Judentum als auch zur Zeit des Propheten Muhammad (s) zu den verbreiteten und geschätzten Lebensmitteln. Die Erlaubnis zum Verzehr der Heuschrecke ist durch folgenden Hadith belegt:
„Wir zogen mit dem Gesandten Allahs (s) auf sechs oder sieben Feldzüge und aßen dabei Heuschrecken.“ [i]
„Uns wurden zwei Arten von totem Fleisch erlaubt: Fisch und Heuschrecke.“ [ii]
Daher besteht unter den sunnitischen Rechtsschulen Einigkeit darüber, dass unter den Insekten nur die Heuschrecke als halal gilt. Allerdings erfordert die malikitische Rechtsschule eine spezielle Schlachtung: Die Heuschrecke muss vor dem Verzehr getötet werden und darf nicht eines natürlichen Todes sterben (z. B. durch Krankheit oder Umwelteinflüsse).
Der Verzehr anderer Insektenarten sowie ihrer Larven (Eier) wird von der Mehrheit der islamischen Gelehrten nicht als halal angesehen. Daher gelten sie als makruh (verpönt). Lediglich die malikitische Rechtsschule erlaubt den Verzehr von Insekten allgemein. Demnach sind getrocknete Insektenlarven aus malikitischer Sicht halal, während sie nach den drei anderen sunnitischen Rechtsschulen als makruh gelten.
Die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) hat festgestellt, dass diese neuen Lebensmittelbestandteile keine Gesundheitsrisiken darstellen. Wären sie gesundheitsschädlich, müsste man sie als haram einstufen.
[i] Bukhari, “Sayd”, 13, Muslim, “Sayd”, 52
[ii] Ahmed b. Hanbel, Müsned, II/97; İbn Mâce, “Sayd”, 9, “Et’ime”, 31