Moscheen sind nicht nur Orte des Gebetes, sondern auch Zentren für soziales Engagement und soziale Arbeit. Das Goethe-Institut und die Robert-Bosch Stiftung wollen mit einem neuen Angebot engagierte Muslime in diesem Bereich schulen.
Faruk Cengiz* studierte Sozialpädagogik, arbeitete zwischenzeitlich als Sekretär und ist heute Projektkoordinator bei einer humanitären Hilfsorganisation. Er hilft beim Fundraising und treibt den Bau von Brunnen in Afrika voran. In seiner Freizeit ist er aber auch einer von vielen ehrenamtlichen Helfern, die in Moscheen und Gemeinden mit ihrem Fachwissen weiterhelfen.
„Als Kind half ich meinen Eltern bei ihren Arztbesuchen und spielte den Übersetzer. Heute bin ich in der Moschee als ehrenamtlicher Sozialarbeiter aktiv und mache das, was ich schon als Kind gerne gemacht hab.“
Cengiz hilft bei Gängen zum Amt, bei Übersetzungen von Briefen und Ausfüllen von Formularen. Wenn es Streitigkeiten zwischen Schule und Eltern gibt, versucht er zu vermitteln und auch sonst hilft er, wo immer er kann.
Die Betreuung von Menschen, die einen harten Schicksalsschlag erlitten haben, die Betreuung von muslimischen Insassen in Gefängnissen und der Besuch von Kranken gehören zu seinen Aufgaben für die Gemeinde. Die Seelsorge ist ihm ein wichtiges persönliches Anliegen.
Innerhalb seiner Moscheegemeinde koordiniert er vielfach Termine und kümmert sich auch um Öffentlichkeitsarbeit. „Besonders Spaß machen mir Moscheeführungen, aber auch der Kontakt mit politischen und staatlichen Vertretern ist interessant“, sagt Cengiz.
Viele Moscheen bräuchten eigentlich Experten und speziell geschultes Personal, findet Faruk Cengiz. Allerdings fehle es an Angeboten und Ansprechpartnern.
Dass es an solchen Angeboten fehlt, haben auch das Goethe-Institut und die Robert-Bosch-Stiftung erkannt. Sie haben gemeinsam einen Kurs organisiert, der sich an ehrenamtliche und engagierte Muslime in Moscheegemeinden richtet. 100 ausgesuchte ehrenamtliche Muslime sollen in den kommenden 2,5 Jahren sprachlich und inhaltlich geschult werden.
Mit dem Projekt „Muslimische Gemeinden als kommunale Akteure“ wollen die beiden Stiftungen vor allem den Austausch zwischen muslimischen Gemeinden und kommunalen Organisationen und Verbänden stärken.
„Engagierte Muslime sind für unsere Städte unglaublich wichtig. Von vielen unbemerkt, leisten sie in ihren Gemeinden großartige Arbeit. Damit sie ihre Vermittlerrolle in unserer Gesellschaft noch besser ausfüllen können, wollen wir das Netzwerk zwischen muslimischen Gemeinden und anderen kommunalen Akteuren stärken“, unterstreicht Olaf Hahn, Bereichsdirektor bei der Robert Bosch Stiftung.
Neben einem umfangreichen Sprachkursangebot beinhaltet die Fortbildung eine zehntätige Seminarreihe, die sich kommunalen Schwerpunktthemen widmet. Dabei steht der Praxisbezug im Vordergrund. Auch persönliche Gespräche und der direkte Kontakt mit Verantwortlichen und Entscheidungsträgern in Behörden und Einrichtungen spielen eine wichtige Rolle.
Die Fortbildungen werden zunächst in vier großen Deutschen Städten mit hohem Migrationsanteil angeboten. Eine Bewerbung für die Fortbildung ist jedoch nicht mehr möglich. Alle Plätze des Programms sind bereits vergeben. Das Projekt soll am 23. Mai starten und ab Herbst in Hamm, Hamburg, Mannheim und Essen weitergeführt werden.
Welche Moscheegemeinden und Institutionen für die Zusammenarbeit ausgesucht wurden, ist noch nicht bekannt. Auf Nachfrage wurde durch die Goethe Stiftung gegenüber IslamiQ lediglich bestätigt, dass die Auswahl der Moscheegemeinden in enger Abstimmung mit den lokalen Stadtverwaltungen und Integrationsbeiräten vorgenommen wurde.
Faruk Cengiz hätte jedenfalls gerne vorher von einem solchen Projekt erfahren. Seine Moschee ist die größte in Hamburg. Und obwohl der Kurs auch hier stattfinden soll, hat man leider Nichts von einem solchen Projekt gehört. Dabei hätte man einige Kandidaten und Interessierte gehabt, wie der Sozialarbeiter sagt.
*Name der Redaktion bekannt