In Baden-Württemberg wird der islamische Religionsunterricht an öffentlichen Schulen weiter ausgebaut. Inzwischen wurde der Religionsunterricht in vielen Bundesländern als reguläres Schulfach eingeführt und etabliert.
Der islamische Religionsunterricht im Südwesten wird im kommenden Schuljahr massiv ausgebaut. Zu den bestehenden 35 Standorten sollen 41 Schulen hinzukommen. Erstmals sind auch drei Gymnasien unter den Modellschulen, teilte das Kultusministerium in Stuttgart mit. Nach vorläufiger Schätzung werden dafür fünf bis acht neue Stellen benötigt. An vielen Schulen ist die Unterrichtsversorgung bereits sichergestellt. Offene Stellen werden bis zum Schuljahresbeginn durch weitere Stellenausschreibungen oder Teilabordnungen von Lehrkräften aus benachbarten Schulen besetzt.
Aus Sicht der Landesregierung kann Unwissenheit über den Islam junge Menschen in den Extremismus treiben. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Kultusminister Andreas Stoch (SPD) hatten mehr Tempo beim Ausbau des Islamunterrichts angekündigt, um „religiösem Analphabetismus“ entgegenzuwirken. Gerade im ländlichen Raum existierten wenige Moscheen, aber flächendeckend Schulen, an denen junge Muslime mehr über ihre Religion erfahren können.
Das seit dem Schuljahr 2006/07 laufende Modellprojekt mit islamischem Religionsunterricht auf Basis von Elternvereinen sollte nach Bedarf und verfügbaren Mitteln an bis zu 20 Standorten pro Jahr ausgebaut werden. Diese vor nicht allzu langer Zeit angepeilte Zahl wird jetzt sogar verdoppelt.Bislang nehmen mehr als 2000 Kinder vor allem an Grundschulen das Angebot wahr. Im Südwesten gibt es 70 000 potenzielle Teilnehmer an einem solchen Angebot.
Von den neuen Standorten befinden sich jeweils zehn in den Regierungsbezirken Stuttgart und Karlsruhe. Freiburg ist mit 18 neuen Schulen Spitzenreiter. Im Regierungsbezirk Tübingen bieten künftig drei Schulen zusätzlich islamischen Religionsunterricht an, davon ein Gymnasium. Die beiden anderen 2 Gymnasien sind im Regierungsbezirk Stuttgart.
Für den Ausbau des Religionsunterrichts wird die Förderung der Ausbildung von islamischen Religionslehrern immer wichtiger. Für Grund-, Haupt-, Werkreal- und Realschulen wird islamischer Religionsunterricht sunnitischer Prägung als Erweiterungsstudiengang an den vier Pädagogischen Hochschulen (PH) in Karlsruhe, Freiburg, Ludwigsburg und Weingarten angeboten. Mit der Reform der Lehrerbildung zum Wintersemester 2015/16 soll nach Angaben des Kultusministeriums die Islamische Religionspädagogik an den Pädagogischen Hochschulen als reguläres Studienfach eingerichtet und entsprechend in den Bildungsplan aufgenommen werden.
Für das Lehramt an Gymnasien gibt es den Studiengang Islamische Religionslehre am Zentrum für Islamische Theologie an der Universität Tübingen. Es ist eines von fünf Zentren in Deutschland, das vom Bundesbildungsministerium vor vier Jahren eingerichtet wurde, unter anderem um Lehrer und Imame auszubilden. Weitere Zentren gibt es an den Unis Frankfurt, Münster und Erlangen-Nürnberg und Osnabrück.
Auch in anderen Bundesländern existiert islamischer Religionsuntericht als reguläres Schulfach. Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz bieten nach Angaben der Kultusministerkonferenz islamischen Religionsunterricht an. In Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Saarland gibt es auch alevitischen Religionsunterricht. Das Saarland prüft derzeit die Einführung eines islamischen Religionsunterrichts in den Grundschulen. Angebote islamkundlichen Unterrichts – im Rahmen des muttersprachlichen Unterrichts oder eigenständig – existieren in Bayern, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein.
In Berlin, Brandenburg und Bremen ist Religionsunterricht an öffentlichen Schulen kein ordentliches Lehrfach und untersteht nicht der staatlichen Aufsicht. Er ist Kirchen und Religionsgemeinschaften überlassen. In Hamburg wird Religionsunterricht nicht getrennt nach Konfessionen erteilt, sondern als „Religionsunterricht für alle“. (dpa/iQ)