Der Ramadan ist der Monat des Fastens, des Korans und der Spiritualität – weniger eine Zeit von Festen und Feiern. Welchen Hintergrund das hat, erklärt Ali Mete.
Nach dem Freitagsgebet drückt mir am Moscheeausgang ein Jugendlicher einen Flyer in die Hand. Auf den ersten Blick sieht es aus wie Werbung für irgendein Geschäft. Der Eindruck trügt nicht ganz. Denn es ist der Flyer für ein „Ramadan-Festival“. Es soll von Iftar bis Sahûr dauern, mit vielen Attraktionen und Angeboten. Ich bin etwas verwirrt. Ist das der Ramadan, der sogenannte „König der elf Monate“, auf denen die Muslime jedes Jahr so sehnsüchtig warten?
Die bekannteste Bezeichnung für den Ramadan ist „Fastenmonat“. Daneben wird er auch „Monat des Korans“ genannt, weil in ihm die Herabsendung des Korans begann. Daher sind Muslime bemüht sich mehr Zeit für die Koranlektüre zu nehmen.
Der Ramadan ist ferner der Monat der individuellen Spiritualität und der Gemeinschaft. Er vereint Individualität und Gemeinschaft. Der Gläubige fastet für sich, bricht aber sein Fasten gemeinsam mit Familie und Verwandten. Er verrichtet seine täglichen Gebete allein, das dem Ramadan vorbehaltene Tarâwîh-Gebet wird aber vorwiegend gemeinschaftlich in der Moschee gebetet.
Der Ramadan ist gewiss auch eine Zeit des geselligen Zusammenseins. Allein das familiäre morgendliche Sahûr-Essen und das gemeinschaftliche Fastenbrechen am Abend sorgen dafür. Aber auch die zahlreichen Veranstaltungen in den Moschee tragen dazu bei, dass eine unvergleichliche Ramadan-Atmosphäre aufkommt.
Kulturelle Angebote runden den Ramadan ab, bergen aber die „Gefahr“, dass sie die Essenz des Ramadans überdecken. Basare, Messen oder Festivals sind an sich zwar begrüßenswert. Doch nützen sie wirklich den Zielen des Ramadans, die da wären: Besinnung, Gottesdienste und Gemeinschaft? Sollten im Ramadan nicht viel eher Moschee-zentrierte Angebote im Vordergrund stehen, die dem Muslim samt Familie ermöglichen, persönliche Spiritualität und Gemeinschaft zu erleben, statt solchen, bei denen man von Iftar bis Sahûr die Möglichkeit bekommt, einzukaufen und quasi die Zeit totzuschlagen?
Feste haben in vielen Religionen einen besonderen Platz. Das ist nicht zufällig so. Denn sie dienen den Religionen als immer widerkehrende Zeiten, in denen zentrale Inhalte der Religion erlebt werden können. In diesem Sinne ist der Ramadan eine immer bedeutendere Zeit für die Identität der muslimischen Gemeinschaft in Deutschland. Umso wichtiger ist es, dass ihre Ziele und Zwecke mit zusätzlichen Angeboten verstärkt werden, aber die Essenz dieser gesegneten Zeit gewahrt wird.