Kommentar

Ramadan ist kein Festival

Der Ramadan ist der Monat des Fastens, des Korans und der Spiritualität – weniger eine Zeit von Festen und Feiern. Welchen Hintergrund das hat, erklärt Ali Mete.

27
06
2015

Nach dem Freitagsgebet drückt mir am Moscheeausgang ein Jugendlicher einen Flyer in die Hand. Auf den ersten Blick sieht es aus wie Werbung für irgendein Geschäft. Der Eindruck trügt nicht ganz. Denn es ist der Flyer für ein „Ramadan-Festival“. Es soll von Iftar bis Sahûr dauern, mit vielen Attraktionen und Angeboten. Ich bin etwas verwirrt. Ist das der Ramadan, der sogenannte „König der elf Monate“, auf denen die Muslime jedes Jahr so sehnsüchtig warten?

Was ist der Ramadan?

Die bekannteste Bezeichnung für den Ramadan ist „Fastenmonat“. Daneben wird er auch „Monat des Korans“ genannt, weil in ihm die Herabsendung des Korans begann. Daher sind Muslime bemüht sich mehr Zeit für die Koranlektüre zu nehmen.

Der Ramadan ist ferner der Monat der individuellen Spiritualität und der Gemeinschaft. Er vereint Individualität und Gemeinschaft. Der Gläubige fastet für sich, bricht aber sein Fasten gemeinsam mit Familie und Verwandten. Er verrichtet seine täglichen Gebete allein, das dem Ramadan vorbehaltene Tarâwîh-Gebet wird aber vorwiegend gemeinschaftlich in der Moschee gebetet.

Der Ramadan ist gewiss auch eine Zeit des geselligen Zusammenseins. Allein das familiäre morgendliche Sahûr-Essen und das gemeinschaftliche Fastenbrechen am Abend sorgen dafür. Aber auch die zahlreichen Veranstaltungen in den Moschee tragen dazu bei, dass eine unvergleichliche Ramadan-Atmosphäre aufkommt.

„Alternative“ Angebote?

Kulturelle Angebote runden den Ramadan ab, bergen aber die „Gefahr“, dass sie die Essenz des Ramadans überdecken. Basare, Messen oder Festivals sind an sich zwar begrüßenswert. Doch nützen sie wirklich den Zielen des Ramadans, die da wären: Besinnung, Gottesdienste und Gemeinschaft? Sollten im Ramadan nicht viel eher Moschee-zentrierte Angebote im Vordergrund stehen, die dem Muslim samt Familie ermöglichen, persönliche Spiritualität und Gemeinschaft zu erleben, statt solchen, bei denen man von Iftar bis Sahûr die Möglichkeit bekommt, einzukaufen und quasi die Zeit totzuschlagen?

Ramadan als wichtiger Teil der muslimischen Identität

Feste haben in vielen Religionen einen besonderen Platz. Das ist nicht zufällig so. Denn sie dienen den Religionen als immer widerkehrende Zeiten, in denen zentrale Inhalte der Religion erlebt werden können. In diesem Sinne ist der Ramadan eine immer bedeutendere Zeit für die Identität der muslimischen Gemeinschaft in Deutschland. Umso wichtiger ist es, dass ihre Ziele und Zwecke mit zusätzlichen Angeboten verstärkt werden, aber die Essenz dieser gesegneten Zeit gewahrt wird.

Leserkommentare

Charley sagt:
@ Ali Mete: Sehr schön hier von Ihnen der Zusammenhang zwischen Einzelnem und Gemeinschaft dargestellt. Auf welcher Idee ruht dieser Zusammenhang? Auf Freiheit, Freilassenheit oder fanatischen Wahn? Und wenn nicht auf letzterem, wie kann das passieren?......: TUNIS. Ein Gericht in der nordtunesischen Stadt Bizerte hat vier junge Tunesier zu jeweils einem Monat Haft verurteilt, weil sie während des islamischen Fastenmonats Ramadan in der Öffentlichkeit gegessen und geraucht haben....... Das Verhalten der Festgenommenen habe die öffentliche Ordnung gestört und dazu beigetragen, in einem überwiegend muslimischen Land die Gefühle von Anderen zu verletzen, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Bizerte am Freitag. Die vier jungen Tunesier sollen nach tunesischen Medienberichten in einem Park gegessen, getrunken und geraucht haben......Während des Fastenmonats Ramadan dürfen gläubige Muslime zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang weder essen noch trinken, rauchen oder Sex haben. Allerdings gibt es kein Gesetz in Tunesien, das ein Fehlverhalten bestraft. Gerade in den touristischen Regionen haben viele Cafés auch tagsüber geöffnet. (Nordbayrischer Kurier)
15.06.17
5:04
Charley sagt:
Strafe, weil "die Gefühle von Anderen ... verletzen". Genauso kann man Strafe für Mohammedbeleidiger oder Koran"schänder" fordern. ..... Es ist leider immer wieder dasselbe: Keinen Respekt bei Moslems vor der individuellen Lebensgestaltungsfreiheit oder auch Kunstfreiheit anderer. - Wer wirklich weiß, welche Energie, welche Entschlusskraft es braucht seinen individuellen, spirituellen Weg zu gehen, der hat Gelassenheit und Milde jedem gegenüber, der sich nicht dafür entscheidet. Wer allerdings sich auf seinem Weg nur stark fühlt, weil er Gleichgesinnte (Sektierer) um sich erlebt, der muss jeden Abweichler als Irritationen und Verunsicherung bekämpfen.
15.06.17
11:44