Wer glaubt wie und woran in Deutschland? Für eine neue Dokureihe hat sich Reporter Steffen König vom Südwestrundfunk (SWR) auf die Reise zu Gläubigen und Zweiflern begeben.
Christen, Juden, Muslime und Konfessionslose erzählen in der bunten Dokumentation „Was glaubt Deutschland? Religionen auf dem Prüfstand“, welche Bedeutung Religion und Kirche heute für sie haben. Sie machen sich Gedanken, welche Rolle Rituale für sie spielen und erzählen, ob sie an ein Jenseits glauben.
Die Autoren des dreiteiligen Films, Bernd Seidl und Claus Hanischdörfer, schickten den SWR-Reporter Steffen König auf eine Reise quer durch Deutschland, um die Menschen nach ihren Vorstellungen vom Himmel, Paradies oder Nirvana zu befragen. Die ARD stahlt den ersten Teil des unterhaltsamen Streifzugs, „Wie wir hoffen“, am Montag um 23.30 Uhr aus. Teil zwei („Wie wir lieben“) und Teil drei („Wie wir feiern“) folgen in wöchentlichem Abstand.
König, überzeugter Schwabe und Erforscher von „Subkulturen, Berufen und Lebenssituationen“ in zahlreichen SWR-Reportagen, beginnt mit dem Schwierigsten: den Fragen nach Leben und Tod. Zunächst fährt er ins badische Bühl, um den katholischen Theologen Albert Biesinger zu fragen, warum er seit einer Nahtod-Erfahrung während einer OP keine Angst mehr vor dem Tod hat. Weil er dort eine Explosion von Glück erlebt und die Stimme eines barmherzigen Gottes gehört habe, der alle willkommen heißt, antwortet der Befragte.
In Braunschweig besucht König den in Syrien geborenen Zahnarzt Sadiqu Al-Mousllie. Er ist Moslem und engagiert sich im Zentralrat der Muslime. König spricht mit ihm über die Paradiesvorstellungen des Islam. Dort hört er dann, dass das Bild der 72 Jungfrauen, die den Gläubigen im Paradies erwarten, für Christen wesentlich interessanter zu sein scheint als für Muslime. Der Reporter begleitet Al-Mousllie in die Moschee, nimmt an Ritualen teil und versucht so, ein Gefühl dafür zu bekommen, was es heißt, wenn das ganze Leben um die religiösen Pflichten kreist.
Danach fährt König in ein idyllisches Waldkloster im Allgäu. Dort lebt der 60-jährige buddhistische Mönch Bhante Nyanabodhi, ein früherer Architekt. Der Besucher erkundigt sich nach dem Pfad, der die Buddhisten ins Nirvana führt, und lernt meditieren.
Im Kontrast zu den bisherigen Begegnungen steht dann das Treffen mit einer überzeugten Atheistin. Assunta Tammelleo lebt mit ihrer Familie am Starnberger See, trat schon mit 17 Jahren aus der Kirche aus und engagiert sich für Flüchtlinge und andere Zuwanderer. Der Tod habe keinen Sinn, erklärt sie mit Nachdruck; sie sei davon überzeugt, ohne die tröstenden Jenseitsvorstellungen glücklicher zu sein.
Der letzte Besuch führt den Reporter nach Berlin auf den jüdischen Friedhof. Dort wacht der orthodoxe Jude Levi Gendlin über 115.000 Gräber. Täglich verrichtet er die zahlreichen Vorschriften seiner Religion und hofft auf ein Jenseits, in dem es keine Gewalt mehr gibt, sondern nur Liebe und Frieden.
In den weiteren Teilen der vielseitigen Dokumentation fragt König nach dem Liebesleben der verschiedenen Gläubigen, nach ihren Feiertagen und Ritualen. Insgesamt erfährt der Zuschauer viel über die heutigen Formen der Religionsausübung und die Bedeutung des Glaubens für die Deutschen. Dennoch: Bei manchen Interviews wünscht man sich mehr Tiefgang. Die Aufbereitung als „religiöses Soulfood“, so der SWR in einer Internetankündigung, schützt zwar vor Langeweile, bringt aber kaum neue Antworten auf die letzten Fragen. (KNA, iQ)