Moscheen werden angezündet, mit rassistischen Parolen beschmiert und mit Schweineblut verdreckt. IslamiQ geht diesen Fällen nach und ruft immer öfter bei der Polizei an. Esra Lale schreibt über die kuriosen Telefonate.
„Guten Tag, Lale mein Name, ich rufe von IslamiQ an“. Ein Satz den ich sehr oft ausspreche und leider ist immer öfter am anderen Ende des Hörers eine Pressestelle der Polizei. Anlass dafür sind die vielzähligen Moscheeübergriffe. Mal werden Gebetsträume angezündet, mal hängen Schweineköpfe an den Türen, oder andere Sachschäden werden verursacht. Islamfeindliche Parolen an den Wänden der Moscheen gehören schon fast zur Normalität. Allein im zweiten Quartal hat die Bundesregierung insgesamt fünf politisch motivierte Straftaten mit dem Angriffsziel „Religionsstätte/Moschee“ erfasst. Die Dunkelziffer ist in Anbetracht dessen, dass antimuslimische Straftaten nicht erfasst werden, erdenklich höher.
Meistens kriegen wir diese Übergriffe über die sozialen Netzwerke mit – wenn überhaupt. Die kleinen Moscheeverbände veröffentlichen Handy-Fotos der Schmierereien und der Sachschäden. Man nutzt die Mittel die man hat, um auf den Vorfall aufmerksam zu machen. Die Fotos werden geteilt und wenn man Glück hat, zeigt eine kleine Regionalzeitung Interesse und schreibt einen Vierzeiler über den Vorfall, der kaum Auskunft gibt: Wie ist das Profil des Täters? Welche Motivation hatte er? Verbirgt sich dahinter ein Islam-Hasser?
Fragen über Fragen, die offen bleiben und eine Antwort brauchen. Also rufe ich bei der Polizei an.
Nach dem Moschee-Brand in Witten fragte ich, ob der Polizei eine islamfeindliche Motivation des Tatverdächtigen bekannt ist. Die Antwortet lautet sinngemäß: „Noch ist nichts über den Hintergrund der Tat bekannt, wir wollen ja auch nicht zu weit greifen. Der Tatverdächtige schweigt nach wie vor.“ Ich bohre nach, möchte mehr über das Profil des Täters wissen und bekomme zu hören, dass die Polizei sich nicht zu den laufenden Ermittlungen äußern darf, also auch nichts über das Profil des Täters bekannt geben kann.
Rein juristisch ist diese Aussage nicht tragbar, weiß meine befreundete Juristin. Es stimmt schon, dass Informationen nicht veröffentlicht werden können, wenn sie den Ermittlungszweck gefährden und dem laufenden Verfahren undienlich sind. Aber wird der Ermittlungszweck durch die Annahme, eine Brandstiftung in einer Moschee könnte eine islamfeindliche Motivation haben, wirklich gefährdet?
Dass man die Regeln nach eigenem Gusto biegen kann, zeigte ein weiteres Telefonat: Mal wieder rief ich eine Polizei-Pressestelle an. Der Fall: Ein Mann soll in die Richtung eines salafistischen Koranverteilers geschossen haben. Also frage ich, ob die Polizei von einer islamfeindlichen Motivation ausgeht. Plötzlich bekomme ich nicht nur eine Antwort, sondern auch ein Täterprofil: Der Tatverdächtige habe einen türkischen Migrationshintergrund, und weil die Koranverteiler einen radikalen Islam vertreten, gehe die Polizei von einer politisch-motivierten Tat aus.
Ich bin überrascht über die Redseligkeit dieser polizeilichen Sprecherin. Plötzlich geht es doch, der Unterschied zwischen den beiden Fällen: ein Migrationshintergrund. Ich bedanke mich und lege auf.
Ich frage mich: Ist es nicht bedenklich, dass Islamfeindlichkeit immer nur eine kleine mögliche Option darstellt, obwohl Moscheen brennen? Ist es nicht kurios, dass unterschiedlich mit Tatverdächtigen und Fällen umgegangen wird?
Fragen über Fragen, die offen bleiben und eine Antwort brauchen. Eins ist aber klar, wenn Islamfeindlichkeit, Fremdenhass oder sonstige rechte Motive naheliegen, scheinen die laufenden Ermittlungen wichtiger zu sein als mein Recht auf Information.