Die deutsche Studentin Lara-Zuzan Golesorkhi wurde mit einem UN-Preis für ihre Kampagne zur Unterstützung muslimischer Frauen auf dem Arbeitsmarkt ausgezeichnet. Sie verfolgt seit vielen Jahren die Debatten um die Diskriminierung muslimischer Frauen in Deutschland.
Schon als junges Mädchen war Lara-Zuzan Golesorkhi an der Lebenssituation muslimischer Frauen interessiert. So fielen ihr die vielen Unterschiede zwischen ihr und ihren Verwandten im Iran auf. „Wir waren ein paarmal dort zu Besuch, und immer bekam ich von meinen Cousinen und Cousins zu hören, was sie alles nicht können und dürfen, und ich durfte das alles in Deutschland“, erzählt Golesorkhi, die mit einem iranischen Vater und einer deutschen Mutter in Stuttgart aufgewachsen ist. „Das fand ich schon immer blöd und unfair.“ Doch dann musste sie erkennen, dass auch in Deutschland für muslimische Frauen durchaus nicht alles fair zugeht.
Inzwischen ist Golesorkhi 27 Jahre alt, Doktorandin an der New Yorker New School und hat für ihren Einsatz für muslimische Frauen in Deutschland gerade einen mit 20.000 Euro dotierten Preis der Vereinten Nationen gewonnen. Ideen zur Bekämpfung von Intoleranz und Diskriminierung hatten die UN per Wettbewerb gesucht. Aus mehr als 100 Einreichungen aus rund 30 Ländern wählte die Jury insgesamt zehn Gewinner und Gewinnergruppen aus.
Die jungen Sieger stammen unter anderem aus Mexico, Indien, Pakistan, Südafrika, China, Burundi, Kanada – und eben Golesorkhi aus Deutschland. §Der Wettbewerb zeigt den Einsatz junger Leute auf der ganzen Welt und die Kreativität, Energie und den Einsatz, mit dem sie mit ganz eigenen Lösungen einige der dringendsten Probleme der Welt angehen“, sagte der zuständige UN-Manager Ramu Damodaran.
20 000 Euro bekommt Golesorkhi nun, um ihren Vorschlag auch wirklich umzusetzen: das „With or Without“-Projekt (Mit oder Ohne). Damit sollen einerseits muslimische Frauen in Deutschland mit Kursen auf die Anforderungen des Arbeitsmarktes vorbereitet werden. Andererseits sollen sich deutsche Firmen und Unternehmen symbolisch und öffentlich dazu verpflichten, nicht gegen Frauen mit Kopftüchern zu diskriminieren, sondern sie rein auf Basis ihrer Qualifikationen einzustellen, egal ob mit oder ohne Kopftuch.
„Ich nehme keine politische Stellung“, sagt Golesorkhi, die mit Stipendien in North Carolina und New York studiert und ihre Masterarbeit über die Kopftuchdebatte in Deutschland geschrieben hat. „Es geht nicht darum zu sagen, die Frauen sollen Kopftuch tragen oder nicht, sondern egal ob mit oder ohne, sie sollten nicht diskriminiert werden. Es soll offen darüber geredet werden, und die Frauen sollen sich wohlfühlen, sich bei diesen Unternehmen zu bewerben.“
Auf Facebook habe sie im April von dem Wettbewerbsaufruf der UN erfahren, erzählt Golesorkhi in der Bibliothek der New School in Manhattan, wo sie neben ihrer Doktorarbeit derzeit auch unterrichtet. Zwei Wochen waren da noch Zeit bis zum Abgabetermin. „Es war das Ende des Semester und alle meine Studenten wollten noch um ihre Note kämpfen. Es war also alles sehr stressig, und ich hätte die Bewerbung gerne besser gemacht, also habe ich ihnen auch geschrieben, dass ich ihnen noch viel mehr über das Thema erzählen könnte.“
Im Juni besucht Golesorkhi, die als Leistungsschwimmerin mit 50 und 100 Meter Delfin in ihrer Jugend schon zahlreiche Titel gewonnen hat, dann gerade ihre Eltern in Deutschland, als spät Abends noch eine E-Mail hereinkommt. „`Congratulations` stand im Betreff und ich wusste sofort, von wem das ist. „Mama, hol Sekt“, habe ich dann gesagt, es hat geklappt. Dann konnte ich überhaupt nicht schlafen und habe noch meinen Partner in New York angerufen.“
Kurz darauf bekommt Golesorkhi den Preis im UN-Hauptquartier in New York offiziell verliehen, ihre Eltern und Freunde in Deutschland schauen per Livestream im Internet zu. „Da kam ich mir endlich mal besonders vor.“
In ihrer Heimatstadt Stuttgart will Golesorkhi, die sich auch aktiv bei der Menschenrechtsorganisation Amnesty International engagiert, im kommenden Jahr mit dem „With or Without“-Projekt loslegen, unterstützt von mehreren jungen muslimischen Frauen, die sie dafür einstellen will. „Ich wohne dann erstmal wieder bei meinen Eltern, die freuen sich und wollen auch total gerne mithelfen.“ Nebenbei arbeitet Golesorkhi weiter an ihrer Doktorarbeit über die Beziehungen von Staat und Islam in Deutschland und den USA.
Das UN-Geld ist erst einmal für ein Jahr gedacht, danach soll sie selber weitere Geldgeber für das Projekt finden. „Ich würde mir wünschen, dass es weiterläuft, vielleicht auch in andere Städte und andere Länder kommt. Das kommt alles auf die Finanzierung an, aber das Projekt ist schon mein Baby, und ich könnte mir vorstellen, das auch mal hauptberuflich zu machen.“ (dpa/iQ)