Populäre Pamphlete zum Islam gibt es mehr als genug. Für sachliche Leser sind sie kaum gewinnbringend, geschweige denn sinnvoll. Der Islamwissenschaftler Muhammad Sameer Murtaza hat es trotzdem auf sich genommen und das Buch „Mohamed. Eine Abrechnung“ von Hamed Abdel-Samad gelesen. Eine Replik.
Wissenschaftliches Arbeiten hat die Aufgabe, meinen von wissen zu trennen. Das ist mit Arbeit verbunden. Thesen bedürfen einer Begründung, einer intersubjektiven Nachvollziehbarkeit und einer logischen Stringenz. Andernfalls haben wir es lediglich mit einer subjektiven Erklärung zu tun, einer „Jedermann-Theorie“. Wie gut also, dass Hamed Abdel-Samad in seinem ZEIT-Beitrag Der gefährliche Prophet die Leserschaft vorab in Kenntnis setzte, er habe keine neue Biografie über das Leben Muhammads schreiben, sondern sich ihm persönlich annähern wollen. Übersetzt heißt dies wohl, er wollte sich nicht wissenschaftlich fundiert mit Muhammad auseinandersetzen, sondern sich aus persönlichen Motiven an ihm, Gott, den Muslimen und dem Islam abarbeiten. So denn auch der Titel seines Pamphlets Mohamed. Eine Abrechnung.
Wer sich mit dem historischen Leben Muhammads wissenschaftlich beschäftigen will, der sieht sich mit Bergen von Texten konfrontiert: dem Koran, der Literaturgattung der Prophetenbiographie (Sîra) und der riesigen Menge an prophetischen Aussprüchen, genannt Hadith, die größtenteils drei Jahrhunderte mündlich kursierten, ehe sie dann schriftlich fixiert wurden. Die muslimische Gemeinde hat in ihrer formativen Phase sich hauptsächlich der Sicherung einer Datenbasis gewidmet. Im Gegensatz zum Christentum haben wir also im Islam nicht das Problem, zu wenige Daten über die „Gründungsgestalt“ zu haben. Wir haben eher das „Problem“, dass wir zu viele haben. Bald darauf wurde es muslimischen Gelehrten einsichtig, dass nicht alles, was Teil dieser Datenbasis war, authentisch sein könne. Es gab Widersprüche in den Hadithen. Fälschungen wurden bekannt. Theologische Schulen und Sekten versuchten nachträglich dem Propheten etwas in den Mund zu legen. Also versuchten die Gelehrten über die Integrität der Überlieferer Rückschlüsse auf die Authentizität der Hadithe zu bekommen. In diesem Prozess wurden die Texte je nach ihrem Authentizitätsgrad eingestuft, aber keine verworfen. Dies ist bemerkenswert, denn so haben spätere Generationen von Wissenschaftlern immer wieder die Möglichkeit, diese Texte neu zu begutachten.
Widersprüchlichkeit der Quellen
Die Quellen auf ihre Authentizität neu zu prüfen, Texte zu übernehmen oder zu verwerfen, ist Grundvoraussetzung für jeden Biographen des Propheten. Nicht jedoch bei Abdel-Samad, dem an dieser Stelle das hervorragende Buch des Islamwissenschaftlers Marco Schöller Mohammed ans Herz gelegt werden soll, das zeigt, wie Quellenkritik geht.
So erklärt sich, dass Abdel-Samad gelinde gesagt, verwirrt ist, wie er mit zahlreichen sich widersprechenden Hadithen umgehen soll. Sie zeichnen in der Tat ein sehr ambivalentes Bild vom Propheten. Der Politikwissenschaftler ist damit scheinbar überfordert und sucht sich den leichtesten Ausweg: die widersprüchlichen Aussagen über den Propheten sind ein Zeichen dafür, dass Muhammad psychisch krank gewesen ist. Er reichert dies noch mit ein wenig Küchenpsychologie an und schon ist Muhammad ein gewalttätiger Kriegstreiber. Doch ein Islamkritiker ist noch lange kein Islamexperte, schon gar nicht ein Psychologe.
Natürlich gibt es in Abdel-Samads Text noch mehr Zuschreibungen, aber diese können hier nicht alle behandelt werden. Weshalb? Nun Abdel-Samad stellt viele steile Thesen auf, reißt Begebenheiten und Texte aus ihrem Kontext und bewertet den Propheten nicht aus seiner Zeit heraus, sondern beurteilt ihn anachronistisch nach heutigen Maßstäben. Nahezu alle großen Gestalten der Antike und des Mittelalters wären dann wohl zu verwerfen.
Auf dieses Niveau will ich mich aber nicht herablassen, sondern wissenschaftlich bleiben. Bei begrenzten Platz möchte ich mich daher einem Punkt besonders widmen: Der These, dass Muhammad ein gewalttätiger Kriegsherr gewesen sei, der 80 Kriege geführt habe.
Eine wissenschaftliche Auswertung
Stützen möchte ich mich auf die theologischen Arbeiten des Gelehrten und Friedensaktivisten Maulana Wahiduddin Khan (geb. 1925), die er in seinen Büchern The True Jihad; The Prophet of Peace und Islam and Peace niedergeschrieben hat. Der indische Gelehrte wurde von der Georgetown Universität in Washington 2009 zu den 500 einflussreichsten Muslimen weltweit gezählt.
Gleichwohl Khan nicht das Privileg hatte, an einer Top-Universität im Westen zu studieren, so agiert er in seinem wissenschaftlichen Arbeiten nicht fundamentalistisch wie Abdel-Samad, sondern er stellt die Quellen über das Leben Muhammads, sowohl die frühen Biographien wie auch die Hadithe in Frage.
Verbunden mit der raschen Expansion des Islams nach dem Tode des Propheten 632 setzte, so Khan, zur Zeit der Umayyaden- (661-750) und Abbasidendynastie (750-1517) die Entwicklung ein, das muslimische Heer zu motivieren, indem die Schlachten zur Zeit des Propheten zwischen der Oase Medina und der Handelsstadt Mekka glorifiziert wurden. Im Zuge dessen wurde der Prophet Muhammad als überragender Militärführer stilisiert. Prophetenbiographien erhielten den Titel Magâzî was zu Deutsch militärische Unternehmungen bedeutet. So entstand im kulturellen Gedächtnis der Muslime der Eindruck, die islamische Frühgeschichte sei eine ununterbrochene Geschichte von Kriegen, Siegen und Eroberungen gewesen. Die Folgen waren, dass die muslimische Religionsgemeinschaft den Glauben mit dem Anspruch verband, stets eine siegreiche, erfolgreiche und fortschrittliche zivilisatorische Kraft zu sein.
Khan würde nur den Kopf schütteln, wenn er Abdel-Samads Behauptung lesen würde, der Prophet habe 80 Kriege geführt. Kriege? Hatte die muslimische Religionsgemeinschaft etwa 80 gegnerische Parteien? Wohl eher meint Abdel-Samad Schlachten. Und in der Tat findet man diese Zahl in vielen Büchern über das Leben Muhammads. Aber sie ist falsch. Khans Quellenkritik zeigt, dass die frühen Biographen im Zuge der späteren militärischen Ausbreitung islamischer Macht jedes Unternehmen Muhammads, seien es Erkundungstruppen oder Aktionen der Grenzsicherung Medinas gewesen, als militärische Unternehmungen interpretierten. Selbst wenn es dabei niemals zu einer Kampfhandlung kam.
Im Gegenzug zu Abdel-Samad stellt Khan somit das etablierte Geschichtsbild in Frage. Er weist nach, dass der Prophet Muhammad an vier Kampfhandlungen beteiligt war, die der Verteidigung der Bevölkerung von Medina, nicht aber der Ausbreitung der Religion des Islams diente. Es handelt sich bei ihnen um die Schlacht von Badr im Jahre 624, die Schlacht von Uhud im Jahre 625, die Schlacht von Haybar im Jahr 629 und die Schlacht von Hunayn im Jahr 630. Die Zeitabstände zwischen diesen Kampfhandlungen erwecken nicht den Eindruck, als wäre die Frühzeit des Islam eine endlose Aneinanderreihung von Schlachten gewesen. Die Dauer der Kampfhandlungen all dieser Schlachten zusammengenommen betrug nach Khan 1½Tagen. Andere muslimische Gelehrte kommen auf einige wenige Schlachten mehr und schrauben die Dauer der Kämpfe auf drei bis fünf Tage hoch, aber darum geht es eigentlich gar nicht.
Der indische Gelehrte erinnert daran, dass das Prophetentum Muhammads fast 23 Jahre, genauer 8130 Tage währte. Anders als Abdel-Samad behauptet, war das Schlachtfeld eben nicht die Heimat Muhammads. Oder wie ist es sonst zu erklären, dass Muslime dieser Schlachten in keiner Form gedenken?
Lebenskontext der muslimischen Frühgemeinde
Nichtmuslimische Leser mögen sich weiter empört zeigen, dass überhaupt ein Religionsbegründer in Kampfhandlungen verstrickt gewesen ist, aber auch nur, weil sie sich nicht die Mühe machen, sich mit dem Lebenskontext der muslimischen Frühgemeinde zu beschäftigen. Wäre Medina durch die Mekkaner erobert worden, wäre der Bevölkerung, Männer, Frauen und Kindern, nur die Wahl zwischen der Rückkehr in den alten polytheistischen Glauben oder Tod durch das Schwert geblieben. Man hatte bereits mit der Auswanderung die eigene Heimat verlassen. Hab und Gut zurückgelassen, um sich in die Freiheit zu begeben, die die Oase Medina versprach. Doch dies erzürnte die Mekkaner umso mehr. Um also einem totalen Gemetzel zu entgehen, war es den Muslimen nach 13 Jahren des Verächtlichmachens, des Verfolgtwerdens, des Gefoltertwerdens der Schwächsten unter ihnen, und des Getötenswerdens erlaubt worden, sich auch mittels Waffen zur Wehr zu setzen. Man nennt dies allgemein die Selbstverteidigung einer souveränen Gesellschaft. Was würden wir Deutsche den von unserer Regierung erwarten, wenn ein anderer Staat uns angreifen würde? Warum legen wir es also der muslimischen Frühgemeinde in Medina zur Last, dass sie Leib und Leben ihrer „Mitbürger“ verteidigt hat?
Zugleich muss hier nichts verharmlost werden. Krieg ist Krieg und der ist immer hässlich. So ist es unumgänglich, dass man in Muhammads Leben über Augenblicke stolpert, die sich nicht mehr mit heutigen ethischen Vorstellungen vereinbaren lassen. Der sehr reflektierende Muhammad, den Abdel-Samad in seinem Text immer wieder als Kind verunglimpft, war sich bewusst, auch ein Mensch des 7. Jahrhunderts zu sein. So hinterließ er seiner Gemeinde die weise Empfehlung: „Ich bin nur ein Mensch. Wenn ich euch hinsichtlich eurer Religion etwas anordne, so befolgt es. Wenn ich euch jedoch etwas aufgrund meiner Meinung anordne, so bin ich nur ein Mensch.“ Die Begrenztheit des Menschen Muhammad mindert nicht seine Bedeutung. Selbst der Atheist und große Philosoph Friedrich Nietzsche kam nicht umhin, den Propheten des Islams als einen der vier bedeutendsten Menschen zu sehen, den die Menschheit hervorgebracht habe. Der Islam, bei aller Ablehnung von Religion bei Nietzsche, galt ihm als die einzige Ja-sagende und weltbejahende Religion.
Der Griff nach den Waffen zur Selbstverteidigung war, so erklärt Khan, das letzte Mittel, nicht das erste Mittel, um sich vor den mekkanischen Aggressoren zu schützen. Und hier kommen wir zu einem weiteren wichtigen Kriterium für einen Biographen. Er muss seinem Forschungsgegenstand keine Sympathie entgegenbringen, aber zumindest Empathie, um zu einer fairen Bewertung zu gelangen. Bei allem herum psychologisieren, niemand hat Einblick in das Innenleben des Menschen Muhammad. Einzig können wir seine Handlungen bewerten und versuchen, sie zu interpretieren. Ist man von vornherein davon überzeugt, dass der Islam eine faschistische Religion und Muhammad ein „Freak“ ist, wie Abdel-Samad schreibt, dann war der Prophet bereits vorverurteilt, bevor Abdel-Samad auch nur einen Satz für sein Pamphlet niedergeschrieben hatte. Vielleicht hätte er Bertold Brechts Galilei lesen sollen, in der ein wichtiges Prinzip des wissenschaftlichen Arbeitens formuliert wird, damit aus Exegese nicht Ingese wird: „Meine Absicht ist nicht, zu beweisen, daß ich bisher Recht gehabt habe, sondern: herauszufinden, ob. (…) Ja, wir werden alles, alles noch einmal in Frage stellen. Und wir werden nicht mit Siebenmeilenstiefeln vorwärtsgehen, sondern im Schneckentempo. Und was wir heute finden, werden wir morgen von der Tafel streichen und erst wieder anschreiben, wenn wir es noch einmal gefunden haben. Und was wir zu finden wünschen, das werden wir, gefunden, mit besonderem Mißtrauen ansehen. Also werden wir an die Beobachtung der Sonne herangehen mit dem unerbittlichen Entschluß, den Stillstand der Erde nachzuweisen! Und erst wenn wir gescheitert sind, vollständig und hoffnungslos geschlagen und unsere Wunden leckend, in traurigster Verfassung, werden wir zu fragen anfangen, ob wir nicht doch recht gehabt haben und die Erde sich dreht! “
Muhammad als Projektionsfläche
Abdel-Samad macht sich an keiner Stelle die Mühe, den Menschen Muhammad wirklich aus seiner Zeit heraus verstehen zu wollen. Und an den wenigen Stellen, an denen er es tut, kommt er zu erstaunlichen Erkenntnissen. Beispielsweise, dass Muhammad für seine Zeit gar nicht frauenfeindlich war, um dann aber anachronistisch Muhammad wieder zum Frauenunterdrücker zu verdammen. Der Prophet ist für ihn eine Projektionsfläche für alles Schlechte: Säureattacken auf Frauen, Genitalverstümmelung, Steinigungen, Ehrenmorde, ja bis hin zum Vordenker des Holocaust wird Muhammad denunziert. Damit setzt der Islamkritiker die mittelalterliche Muhammad-Polemik fort und verwirft die positivere Sicht auf den Propheten, die in Europa mit der Aufklärung aufkam. Vereinfacht werden alle Probleme der muslimischen Welt theologisiert.
Abdel-Samad hat jedoch recht, wenn er schreibt, dass vieles von dem, was Muhammad getan hat, von seinen Zeitgenossen als verwerflich angesehen wurde. Leider erwähnt er nicht, was für Dinge dies waren. Dazu gehören nämlich das Verbot, neugeborene Töchter lebendig zu begraben. Weiter lehrte er die Araber, ihre Kinder zu lieben, gerade die Töchter. Muhammad verstieß bewusst gegen die damaligen arabischen Sitten, wenn er seinen Töchtern in der Öffentlichkeit, die Ehrerbietung entgegenbrachte, aufzustehen, wenn sie ihn aufsuchten. Oder wenn er ihnen öffentlich Gesten väterlicher Zuneigung entgegenbrachte und seine Töchter neben sich Platz nehmen ließ. Als ungeheuerlich und verwerflich galt dies seinen polytheistischen Gegnern.
Khan begegnet dem Propheten mit Empathie und kommt somit zu einer ganz anderen Interpretation. Für ihn liest sich das Leben Muhammads als das Leben eines Mannes, der Anstrengungen unternahm, Gewalt in der arabischen Stammesgesellschaft zu unterbinden. Unerwähnt bleibt bei Abdel-Samad, dass das Recht zur Selbstverteidigung einherging mit der Bürde einer Kriegsethik: Nichtkombattanten sind zu verschonen, destruktive Wirtschaftskriegsführung und unnötige Zerstörung von Infrastruktur sind zu unterlassen. Weiter hinterließ Muhammad seinen Anhänger eine oft übersehene Anleitung zu einer gewaltlosen Lebensweise. Ein erhofftes Ideal, das schon durch den Gruß Assalâmu alaykum (Friede sei mit euch) zum Ausdruck kommt. Hieran scheitert auch Abdel-Samads populistischen Bemühungen eine direkte Linie vom Propheten Muhammad zum IS zu ziehen. Dies würde ja im Umkehrschluss bedeuten, dass die über 1.400-jährige Geschichte des Islams, die im Mittelalter eine Hochkultur und Zivilisation hervorbrachte, ein Irrtum historischen Ausmaßes gewesen ist. Für die Gegenwart würde dies heißen, dass lediglich 30.000 Muslime, die Kämpfer der terroristischen Sekte des IS, wahre Muslime seien, während 1,5 Milliarden Muslime zu dumm sind, ihren Glauben richtig zu verstehen. Vielmehr gilt für das Verhältnis IS zu Muhammad das, was der russische Autor Dostojewski einst über das Verhältnis des kirchlichen Großinquisitors zum zurückgekehrten Jesus schrieb: „Warum kommst du, uns zu stören?“ Nicht Muhammad ist gefährlich, gefährlich sind jene Muslime, die seinen Namen im Munde führen, um eine Selbstermächtigung und Selbsterhöhung zu erfahren, während sie zugleich seine Lehre mit Füßen treten.
Selbstverteidigung oder Krieg?
Zu seinen Lebzeiten sei der Prophet Muhammad, so Khan, nicht darauf aus gewesen, Krieg zu führen, sondern Krieg zu vermeiden. Dreizehn Jahre lang wurde die muslimische Minderheit in Mekka von den Stürmen der Verfolgung geschüttelt, ohne je die Hand gegen ihre Peiniger zu erheben. Um einen erwarteten gewalttätigen Ausbruch zu vermeiden, habe der Prophet die Auswanderung befohlen. Auf diese Weise wurde eine gewalttätige Konfrontation in Mekka vermieden, die in einen blutigen Bürgerkrieg geendet hätte.
Auch die spätere gewalttätige Konfrontation zwischen Medina und Mekka galt dem Propheten als notwendiges Übel, um die Vernichtung seiner Gemeinde abzuwehren. Als im Jahre 627 die mekkanischen Aggressoren abermals auszogen, um Medina anzugreifen, kam es zur sogenannten Grabenschlacht. Sie war strenggenommen gar keine Schlacht, da die Muslime um Medina einen unüberwindbaren Graben schufen. Hierdurch wurden nahezu jegliche Kampfhandlungen unterbunden.
Muhammad, so der Gelehrte, verstand niemals Krieg als eine Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, stattdessen versuchte er durch kluge pragmatische Diplomatie einen Frieden zwischen Medina und Mekka zu erzielen. Das Ergebnis dieser Bemühungen war der Friedensvertrag von Hudaybiyya 628. Er sah die Beilegung aller Kampfhandlungen für einen Zeitraum von zehn Jahre vor. Auf diese Weise, so Khan, wurde der Konflikt zwischen Monotheismus und Polytheismus weg von den Schlachtfeldern auf eine intellektuelle Ebene gehievt, die dem Islam auf der arabischen Halbinsel mit Blick auf seine dann rasante Ausbreitung zugutekam.
Als die mekkanische Seite zwei Jahre später vertragsbrüchig wurde, nahmen die Muslime nahezu ohne jegliche Kampfhandlungen Mekka ein. Weder nahm die muslimische Seite Rache an ihren ehemaligen Verfolgern, noch demütigten sie ihre ehemaligen Unterdrücker, noch nahmen sie die Haltung des Siegers ein, sondern Muhammad erteilte der mekkanischen Bevölkerung eine Generalamnestie, um damit der alten Feindschaft ein für alle Male ein Ende zu setzen. Hätte ein gekränkter Kriegsfürst, wie Abdel-Samad Muhammad charakterisiert, nicht mit Genugtuung Rache genommen?
Fazit und Kaufempfehlungen
Wer Abdel-Samads Pamphlet kauft, der sollte sich im Klaren darüber sein, dass es weniger ein Buch über den historischen Muhammad ist, sondern vielmehr ein destruktives Abarbeiten eines Traumatisierten und Enttäuschten an seiner Religion. Der angeblich ehemalige Muslimbruder Abdel-Samad bleibt auch als Kritiker der Sichtweise von Ideologen auf den Propheten verhaftet. Nicht zum Nichtkaufen soll hier aufgerufen werden, sondern es empfiehlt sich parallel noch eine wissenschaftlich fundierte Muhammad-Biographie zu lesen. Ob es nun das Buch Muhammad von der international renommierten Religionswissenschaftlerin Karen Armstrong oder der Zweibänder Muhammad at Mecca, Muhammad at Medina von dem angesehenen Islamwissenschaftler William Montgomery Watt ist. Wer einen empathischen Einblick in das Leben des Menschen Muhammad sucht, der sei auf die einfühlsame Biographie aus der Feder von Muhammad Hussain Haikal Das Leben Muhammads verwiesen. Und wer verstehen möchte, was Muslime in Muhammad sehen, weshalb er für über eine Milliarde Muslime ein Lebensmodell ist, so wie Moses ein Lebensmodell für Juden und Jesus ein Lebensmodell für Christen ist, dem sei Tariq Ramadans kluges Buch Muhammad: Auf den Spuren des Propheten wärmstens empfohlen.