Schule

Lehrer als Vermittler

Wie junge Menschen vor Radikalisierung geschützt werden können, diskutierten Lehrer und Experten in Mannheim. Vor allem Verdächtigungen seien aber nicht konstruktiv.

22
11
2015
Symbolbild: Schule © by EnergieAgentur.NRW auf Flickr (CC BY 2.0), bearbeitet islamiQ

Wie können Eltern, Lehrer oder Sozialarbeiter verhindern, dass junge Menschen zu Radikalen werden? Wie kann es gelingen, mit ihnen im Gespräch zu bleiben, bevor sie durch die Radikalisierung jeden Kontakt zur als feindlich empfundenen Gesellschaft, Schule und zum Freundeskreis abschneiden? Antworten versuchte ein für die Region Rhein-Neckar organisierter Fortbildungstag für Lehrer, Sozialarbeiter und Polizisten zu finden.

Denn, so die Überzeugung der Veranstalter von Regierungspräsidium und Polizei, Prävention kann nur erfolgreich sein, wenn möglichst viele Menschen aus dem Umfeld für drohende Radikalisierung sensibilisiert sind und eng geknüpfte Präventionsnetzwerke entstehen. Markus Thomas vom Regierungspräsidium Karlsruhe betonte, Lehrer müssten geschult sein, frühzeitig Veränderungen bei Schülern zu erkennen, die auf eine Radikalisierung hindeuten. „Hinweise können beispielsweise sein, wenn sich aktive Schüler plötzlich zurückziehen oder sie ihren Lehrerinnen den Handschlag verweigern.“ Auch abfällige Äußerungen über Muslima, die kein Kopftuch tragen, seien ein Warnsignal.

Burhan Kesici, Vorsitzende des Islamrats für die Bundesrepublik Deutschland, sieht das anders: „Schüler können aus sehr unterschiedlichen Gründen bockig sein. Dass ein Schüler einer Lehrerin den Handschlag verwehrt oder sich abfällig sich gegenüber anderen Musliminnen, die kein Kopftuch tragen äußert, können nicht als Anzeichen von Radikalisierung verstanden werden. Falsche Verdächtigungen würden den Schulfrieden stören und das Vertrauensverhältnis von Schülern und Lehrern verschlechtern.“ Der islamische Religionsunterricht könne das Fehlverhalten von Schülern aufgreifen und es thematisieren, Religionslehrkräfte seien dazu angehalten eine Brückenfunktion zu übernehmen.

Einig waren sich die Referenten im Ziel, den in Baden-Württemberg bislang nur als Modellversuch organisierten islamischen Religionsunterricht in den Schulen auszubauen. Auch die Landesregierung drängt darauf. Ein Zwischenschritt könnte der vor wenigen Wochen gegründete Beirat zur Weiterentwicklung des Islamunterrichts sein, in dem muslimische Theologen und Verbandsvertreter zusammenarbeiten. «Wir brauchen flächendeckend Islamunterricht», sagt Thomas Köhler, der an einer Heidelberger Berufsschule Ethik unterrichtet. (KNA,iQ)

Leserkommentare

Trara sagt:
Es finden Veranstaltungen statt, die sich mit der Prävention von religiöser Radikalisierung im Islam befassen. Politik, Polizei, Sozialarbeiter, Lehrer und viele andere Menschen machen sich Gedanken und tauschen sich aus. Sie überlegen sich, anhand welcher Äußerungen und Handlungsweisen eine religiöse Radikalität zu erkennen sein könnte. Und wie man dem Jugendlichen begegnen sollte, um ihn zu schützen. Eine gute und wichtige Sache also. (Genauso, wenn es z. B. um Rechtsextremismus geht!) Und dann kommt der Islamrat: Die (oben genannten) Handlungsweisen werden nicht als mögliche Anzeichen einer Radikalisierung anerkannt. Der Islamrat geht schon mal grundsätzlich von falschen Verdächtigungen aus. Alles wird wieder weggeredet. Allerdings: Wenn es um den Religionsunterricht geht (an sich ein guter Vorschlag), erleben wir Aktion. Nur: Warum müssen Religionslehrer "Brückenbauer" sein? Zwischen wem? Der deutschen Lehrerin und den deutschen Jugendlichen (muslimischen Glaubens)? Oder soll der Religionslehrer als "Brückenbauer" agieren, indem er der Lehrerin erklärt, warum der Schüler ihr nicht die Hand gibt bzw. auch weiterhin nicht geben wird? Mit dem Hinweis (ausschließlich in Richtung Lehrerin), dass es schließlich um Religionsfreiheit und Toleranz geht? Die lähmende Ignoranz der islamischen Verbände ist zum Verzweifeln.
23.11.15
22:47