Konferenz

Muslime rufen zum Schutz religiöser Minderheiten auf

In einer Konferenz in Marokko riefen muslimische Gelehrte zum Schutz religiöser Minderheiten auf. In einer „Erklärung von Marrakesch“ forderten die islamischen Gelehrten Religionsfreiheit für alle

30
01
2016
Minderheit © by wam kat auf Flickr, bearbeitet islamiQ

Sunniten und Schiiten aus 120 Ländern haben zum Schutz religiöser Minderheiten aufgerufen. In einer „Erklärung von Marrakesch“ forderten die islamischen Gelehrten Religionsfreiheit für alle und verurteilten die Verletzung der Rechte religiöser Minderheiten im Namen des Islam, wie das Nachrichtenportal Abouna.org (Donnerstagabend) berichtet. Die 250 Gelehrten hatten auf Einladung der marokkanischen Regierung von Montag bis Mittwoch zur Frage der Rechte religiöser Minderheiten in islamischen Regionen getagt.

In der Abschlusserklärung fordern die Teilnehmer der Konferenz laut Bericht „vollen Schutz der Rechte und Freiheiten aller religiöser Gruppen in einer zivilisierten Art, die Zwang, Voreingenommenheit und Arroganz vermeidet“. Es sei unverantwortlich, Religion zum Zweck des Angriffs auf die Rechte religiöser Minderheiten in muslimischen Ländern zu nutzen.

Die Lage in verschiedenen Teilen der muslimischen Welt habe sich aufgrund von Gewalt und bewaffneten Konflikten gefährlich verschlechtert und die legitime Autorität von Regierungen geschwächt, heißt es laut Bericht weiter in der Erklärung.

Die Gelehrten rufen islamische Bildungsinstitutionen und Autoritäten auf, ihre Lehrpläne zu überarbeiten. Es gebe Material, das zu Aggression und Extremismus anstifte, zu Krieg und Chaos führe und damit „zur Zerstörung unserer geteilten Gesellschaften“.

An der Konferenz nahmen neben Muftis, Richter, Rechtsgelehrte und muslimische Autoritäten auch Nichtmuslime teil. Zu den Rednern der dreitägigen Veranstaltung gehörte laut Bericht der irakische Patriarch Louis Raphael I. Sako, der unter anderem Christenverfolgung und Diskriminierung im Irak beklagte. (KNA, iQ)

Leserkommentare

Manuel sagt:
Dann muss als erstes die Schwertsure überarbeitet werden!
01.02.16
19:29
Charley sagt:
Das ist ja nett zu hören. Waren da auch Vertreter aus Saudi-Arabien, Iran, Pakistan? Religionsfreiheit bedeutet in einem Staat, der seine Grundlage in der Übereinstimmung mit dem Koran (Sunna/Sharia) sieht, allerdings etwas anderes als im säkularen Europa! Das bedeutet vor allem "Freiheit für den Islam". Ein freier Wettstreit der Religionen um die Seelen der Menschen ist ausgeschlossen. Auch ein freies Ausleben nebeneinander gibt es nicht. Kirchenbau in der Türkei oder anderswo? - Und wie will man im Apostaten (aus dem Islam Ausgetretene) umgehen? Denn der Koran/Sunna ist da eindeutig: Töten! Nur der von den Malediven stammende Theologe Abdullah Saeed (geb. 1960) spricht sich aus für vollkommene Glaubensfreiheit, wozu für ihn auch die Freiheit gehört, sich folgenlos vom Islam ab- und einer neuen Religion zuwenden zu können. Abdullah Saeed ist der Auffassung, dass die Bedrohung des Konvertiten mit der Todesstrafe zu Zeiten des Frühislam durch das politische Überleben der islamischen Gemeinschaft motiviert war und daher heute keinerlei Bedeutung mehr hat. Wie sieht es im Iran aus? Grundsätzlich ist aufgrund der generellen Gültigkeit des Schariarechts, das die Todesstrafe für den Abfall vorsieht, die iranische Rechtssprechung verpflichtet, Apostasie zu bestrafen. Art. 167 der iranischen Verfassung regelt, dass ein Richter sein Urteil grundsätzlich auf die islamischen Quellen bzw. gültigen Fatawa (Rechtsgutachten) gründen muss, sollte ein Gesetz zu einer bestimmten Frage fehlen.[5] Zudem darf laut Art. 170 der Verfassung kein Urteil im Widerspruch zu den Gesetzen des Islam gefällt werden. Art. 226 des iranischen Strafrechts erlaubt zudem die Tötung des Apostaten auch ohne Anklage und Gerichtsverfahren; zudem wird der Vollstrecker der Todesstrafe an einem Apostaten oder einer Person, die er dafür hielt, laut Art. 295 des Strafrechts nicht bestraft. Aber nett, dass sich eine Konferenz für Religionsfreiheit ausspricht. Hat man sich auch mutig gleich konkret zu Agnostikern geäußert, die jegliche Religion ablehnen? DAS wäre ein echtes Freiheitssignal und würde zeigen, dass man jedem jede geistige Freiheit und Selbstbetimmung zusprechen will, eben auch völlig unreligiös zu sein! Dazu gehört auch, dass Moslems auch ertragen lernen und niemanden für todeswürdig erachten, der sie Freiheit in Anspruch nimmt, Witze über Mohammed, Allah oder den Koran zu machen. Das gehört auch zur Religionsfreiheit dazu. So eine Konferenz ist ja erfreulich, aber eine Schwalbe macht noch keinen Frühling.
02.02.16
1:52
helmutwk sagt:
Tja, was ich vermisse, ist der Text der Erklärung. Durch das Internet sind die Menschen weltweit vernetzt. Was u.a. zur Folge hat, dass sich jedes Jahr Zehntausende von einer Religion zur anderen wechseln. Es gibt Konvertiten vom Christentum zum Islam, und vom Islam zum Christentum, letztere dürften weltweit die größere zahl stellen. Religionsfreiheit für bestehende Minderheiten ist traditionell islamisch, Hauptsache es wird Kopfsteuer gezahlt und der Status als Menschen zweiter Klasse (euphemistisch "Dhimmis" genannt) akzeptiert. Für den Abfall vom Islam ist dagegen die Todesstrafe vorgesehen. Der Meldung ist nicht zu entnehmen, dass die Erklärung von Marrakesch darüber hinausgeht. Oder tut sie das? In anderen Meldungen ist davon die Rede, dass die Erklärung auf Muhammads Konvention von Medina Bezug nimmt, das nährt doch starke zweifel daran, dass der Übertritt vom Islam in eine andere Religion erlaubt werden soll. Und wieso hab ich in gefühlt zwei Durtzend Meldungen keinen einzigen Link auf den text der Erklärung gesehen, geschweige denn den Text selber? Wenn nicht, ist das zwar eine Abgrenzung gegenüber Extremisten wie den IS, aber Länder wie Saudi-Arabien (wo es keine einheimischen Christen gibt, außer Konvertiten natürlich) oder Iran (wo ja auch "nur" die Mehrheit der vom Islam konvertierten Christen, nicht die Minderheit der traditionellen Kirchen verfolgt wird) brauchen ihre Politik nicht zu ändern.
02.02.16
14:03