Nach UN-Rüge

Deutschland nimmt Stellung zu Sarrazin

Nach der Rassismusrüge durch einen UN-Ausschuss hatte Deutschland 90 Tage Zeit, sich zum Sachverhalt zu äußern. Die kurze Antwort der Bundesregierung liegt mittlerweile vor. Es wird versprochen, einiges zu prüfen – mehr aber auch nicht.

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07
2013
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Der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung (CERD) hat im April 2013 Deutschland wegen eines rassistischen Interviews von Thilo Sarrazin aus dem Jahr 2009 gerügt. Deutschland hätte, laut Auffassung des CERD, seine Bevölkerung besser vor den Thesen Sarrazins schützen müssen. Auch die zuständige Staatsanwaltschaft in Berlin hätte Anzeigen gegen Thilo Sarrazin besser verfolgen müssen, so CERD.

In der Rüge wurde der Bundesregierung zudem 90 Tage Zeit gegeben, sich zum Sachverhalt zu äußern. Auch eine Überprüfung der geltenden Gesetze wurde angemahnt. Die Bundesregierung nahm mit einer einseitigen Verbalnotiz beim UN-Kommissar für Menschenrechte und dem CERD Stellung. In ihrer Antwort erklärte die Regierung, dass sie die bestehenden Gesetze überprüfen werde. Auch Gesetzesänderungen und die Strafbarkeit von rassistischen Äußerungen sollten geprüft werden. Dabei betonte die Regierung, dass es bei dieser Überprüfung die Meinungsfreiheit und die deutschen Gesetze beachten werde.

Keine Konsequenzen im Fall Sarrazin

Trotz der kurzen Antwort scheint die Rüge der Vereinten Nationen die Bundesregierung in Aktion versetzt zu haben. Das Bundesjustizministerium prüft laut einem Bericht des Berliner Tagesspiegels mittlerweile die geltenden Gesetze zur Verfolgung von Rassismus. Außerdem sollen Richter und Staatsanwälte für das Thema mit Weiterbildungen und Seminaren sensibilisiert werden. Auch die Ausbildung von Juristen soll überprüft werden.

Sarrazin hatte in einem Interview mit „Lettre-International“ im Jahr 2009 gegen Muslime arabischer und türkischer Herkunft gehetzt. Sarrazin sagte damals: „Die Türken erobern Deutschland genauso, wie die Kosovaren das Kosovo erobert haben: durch eine höhere Geburtenrate. […] Integration ist eine Leistung dessen, der sich integriert. Jemanden, der nichts tut, muss ich auch nicht anerkennen. Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert. Das gilt für 70 Prozent der türkischen und 90 Prozent der arabischen Bevölkerung in Berlin.“

Anzeigen wegen dieser Worte wurden von der zuständigen Staatsanwaltschaft Berlin nicht verfolgt. Auch nach der UN-Rüge sah die Staatsanwaltschaft nach einer Überprüfung von einer Wiederaufnahme des Falles ab. Die Thesen Sarrazins flossen später in das Buch „Deutschland schafft sich ab“. Das Buch wurde zum Bestseller in Deutschland. Sarrazin erhielt teilweise breite Zustimmung in der deutschen Gesellschaft.