Schleswig-Holstein

Gottesbezug in der Kieler Präambel bald möglich?

Schleswig-Holstein diskutiert weiter über die Aufnahme des Gottesbezugs in die Landesverfassung. Nun haben bei einer Expertenanhörung eine Reihe von Wissenschaftlern ihre Meinung zu Gott in der Kieler Präambel geäußert.

18
06
2016
Gottesbezug
Screenshot von der Website der Initiative. ©www.gottesbezug.de

Findet der Gottesbezug doch noch den Einzug in die Verfassung Schleswig-Holsteins? Im Juli – so der jetzige Stand der Planung – soll der Landtag in Kiel über eine entsprechende Änderung der Präambel entscheiden. Vor der Sitzung gab es nun eine Expertenanhörung, an der sich neben Religionsgemeinschaften auch zahlreiche Wissenschaftler beteiligten. Während manche Wissenschaftler die Verfassungsänderung, für die eine Initiative in Schleswig-Holstein schon rund 42.000 Stimmen sammelte, kritisch sehen, ist die Mehrheit für die Veränderung.

Zustimmung für die Änderung der Verfassungspräambel kommen mehrteilig von den Religionsgemeinschaften: Walter Blender vom Landesverband der Jüdischen Gemeinden, Ayman Mazyek vom Zentralrat der Muslime, Bischof Gothard Magaard von der evangelisch-lutherischen Nordkirche sowie Beate Bäumer, Leiterin des Katholischen Büros Schleswig-Holstein für das Erzbistum Hamburg, unterstützen eine Umformulierung.

Kritik an der Formulierung

Eine von den Gegenstimmen behauptet jedoch: Gott explizit zu nennen sei „problematisch“ und die „ewigen Werte“, die laut einem Kompromissvorschlag ebenfalls genannt werden sollen, seien „ausgesprochen schwammig“, sagte Lutz Berger, Professor für Orientalistik an der Kieler Christian-Albrecht-Universität.

Es gebe keinen echten Grund, die Präambel der Landesverfassung, die erst im Herbst 2014 in neuer Form beschlossen wurde, jetzt erneut zu ändern, sagte bei der Anhörung in Kiel der Rechtswissenschaftler Heinrich Amadeus Wolff, Professor an der Uni Bayreuth.

Cebel Kücükkaraca, Landesvorsitzender der Türkischen Gemeinde Schleswig-Holstein, hielt sowohl ein Votum für als auch gegen den Gottesbegriff für gut begründbar. Er wies aber auch darauf hin, dass eine fortdauernde Debatte um das Thema sich auf den Landtagswahlkampf im kommenden Jahr auswirken könnte – mit unklaren Folgen auf potenzielle Wechselwähler und politischem „Schaden in der Öffentlichkeit“ für die etablierten Parteien. Die Landtagswahlen sind für 7. Mai terminiert.

Zuletzt hatte der Landtag im April über das Thema und insbesondere über einen Kompromissvorschlag in der Präambel-Formulierung debattiert. 31 Abgeordnete hatten sich hinter diesen Vorschlag gestellt, mehr als im Herbst 2014 für den Gottesbegriff gestimmt hatten. In der Kompromissformulierung heißt es, die Verfassung sei beschlossen „in Achtung der Verantwortung, die sich aus dem Glauben an Gott oder aus anderen universellen Quellen gemeinsamer Werte ergibt“. Für eine Verfassungsänderung müssten im Kieler Landtag 46 der 69 Abgeordneten stimmen. (KNA, iQ)

Leserkommentare

Manuel sagt:
Warte nur mehr, bis auch noch die Scharia Teil der Verfassung wird.
23.06.16
14:54
Ute Fabel sagt:
Bei der Lektüre von Bibel und Koran fehlt mir das Bekenntnis zur Demokratie, zur Gleichstellung von Mann und Frau, Gleichwertigkeit von Rechtgläubigen und Ungläubigen. Ein Gottesbezug in einer Landerverfassung ist daher denkbar ungeeignet als Werteklammer für alle.
30.06.16
13:22
Marc Andreßen sagt:
Wir sollten anerkennen, dass wir ein multikulturelles und auch multireligiöses Land sind. Unsere Bevölkerung tendiert zu den unterschiedlichsten Religionen und tut das auch in sehr unterschiedlicher Intensität und Tiefe. Wir müssen uns im klaren darüber sein, dass ein gemeinsamer Wertekonsens nur über die Grenzen der Religionen hinweg und auch unter Einbeziehung der schwach- und nichtreligiösen Menschen in diesem Land gefunden gelebt und fortlaufend erarbeitet werden kann, denn er lebt nicht auf dem Papier, sondern ist lebendiges Fundament unserer Zivilgesellschaft und des sozialen Zusammenhalts unserer Gesellschaft. Ich plädiere für die Beibehaltung der gegenwärtigen Präambel, die lautet: "Der Landtag hat in Vertretung der schleswig-holsteinischen Bürgerinnen und Bürger auf der Grundlage der unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechte als Fundament jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit, in dem Willen, Demokratie, Freiheit, Toleranz und Solidarität auf Dauer zu sichern und weiter zu stärken, im Bewusstsein der eigenen Geschichte, bestrebt, durch nachhaltiges Handeln die Interessen gegenwärtiger wie künftiger Generationen zu schützen, in dem Willen, die kulturelle und sprachliche Vielfalt in unserem Land zu bewahren, und in dem Bestreben, die Zusammenarbeit der norddeutschen Länder sowie die grenzüberschreitende Partnerschaft der Regionen an Nord- und Ostsee und im vereinten Europa zu vertiefen, diese Verfassung beschlossen:" Für die Menschen, die glauben, dass ein Gott oder ihre Religion als Basis und Wurzel hinter den von ihnen gelebten und von ihnen befürworteten Werten steht, besteht bereits durch die aktuelle Präambel in dieser Form die Möglichkeit, sich und eben diese Werte in den politischen Diskurs einzubringen. Eine geänderte Präambel fügt diesem Prinzip nichts hinzu.
23.07.16
2:41