Terrorismus

Publizistin: Muslime schweigen nicht zu Gewalt

Die muslimische Publizistin Canan Topcu betont, dass Muslime sich permanent und vehement gegen Gewalt einsetzen und kritisiert die inflationäre Forderung an sie, sich von Gewalt zu distanzieren.

20
07
2016
Symbolbild: Muslimische Frau demonstriert gegen Gewalt in ihrem Namen © Shutterstock

Die muslimische Publizistin Canan Topçu kritisiert Forderungen des Passauer katholischen Bischofs Stefan Oster an die Muslime. Oster hatte nach dem Attentat von Nizza auf seiner Homepage gefordert, Muslime in Deutschland müssten mehr Flagge gegen Gewalt zeigen und mehr für die Entwicklung eines friedlichen Islam tun.

Topçu schreibt dazu in der neuesten Ausgabe der in Bonn erscheinenden „Zeit“-Beilage „Christ und Welt“ (Donnerstag), die weitaus überwiegende Zahl der Muslime lehne Gewalt im Namen Gottes ab. „Und wir machen uns sehr wohl Gedanken darüber, wie wir der Gewalt im Namen des Islam Einhalt gebieten können.“

Muslimische Theologen hätten sich immer wieder von Gewalt im Namen Allahs distanziert, fügte Topçu hinzu. Das gelte etwa für die 120 islamischen Gelehrten aus aller Welt, die vor zwei Jahren gemeinsam die Ideologie des Islamischen Staats verurteilt hätten. Auch muslimische Hochschullehrer und islamische Religionsgemeinschaften in Deutschland hätten sich regelmäßig gegen Terror und Gewalt positioniert, schreibt die Dozentin an der Fachhochschule Darmstadt im Bereich Medien.

„Ich würde sogar so weit gehen, zu behaupten, dass die Inflation der öffentlichen Positionierungen gegen islamistische Gewalt beinahe selbst zum Problem geworden ist – denn so lassen sich weder die uns gegenüber kritisch eingestellten Nicht-Muslime überzeugen noch die Verblendeten, die Gewalt mit Koransuren legitimieren“, so Topçu.

Als „nicht hilfreich“ bezeichnete sie, dass Oster „wider besseres Wissen“ darauf hingewiesen habe, dass Christen in Flüchtlingsunterkünften Verfolgungen ausgesetzt seien. „Erst jüngst kamen beide Kirchen in einer gemeinsamen Stellungnahme zu dem Ergebnis, dass es keine flächendeckende und systematische Diskriminierung von Christen in Flüchtlingsheimen gibt“, erklärte sie. „Mit der Wiederholung von Gerüchten und Fehlinformationen gießen Sie Öl ins Feuer und spalten mehr, als dass Sie versöhnen.“

Oster hatte angesichts des Terroranschlags von Nizza erklärt, ihm fehle „der große gemeinsame Aufschrei aller friedliebenden und wirklich ihrem Gott ergebenen Muslime der Welt, dass sie ihren Glauben nicht länger im Namen von Terroristen missbrauchen lassen wollen“. (KNA/iQ)

Leserkommentare

Johannes Disch sagt:
So, Muslime schweigen nicht zur Gewalt??? Dann warte ich auf den Protest türkischer Muslime-- die meisten Muslime, die bei uns leben, sind Türken-- gegen die Gewalt der entfesselten Erdogan-Jünger in Deutschland. Diese haben in den letzten Tagen Einrichtungen der Gülen-Bewegung in Augsburg und Gelsenkirchen zerstört. Desweiteren im Internet von Erdogan-Fans zur Denunziation von Erdogan-Kritikern aufgerufen. Ich warte auf den Protest von (türkischen) Muslimen gegen diesen Terror! Auf geht's! lg Johannes Disch
21.07.16
23:23
Manuel sagt:
@Johannes Disch: Dem kann ich nur voll zustimmen, aber nachdem die Islam-Verbände alle von türkischen AKP-Islamisten druchsetzt sind, wird da nichts kommen.
24.07.16
16:30
Marek sagt:
Muslime verurteilen nur vermeintlichen Terror gegen Muslime. Dabei geht es hierzulande in der Regel um Schmierereien an Moscheen oder mögliche Beleidigungen, weil man einen Muslim falsch angeschaut hat. Gegen islamistischen Terror haben deutsche Muslime noch nie protestiert oder gar demonstriert. Da sagen sie nur immer ganz schnell, das habe mit dem Islam nichts zu tun und betrachten die Sache dann als erledigt. Es gab noch keine einzige Demonstration in Deutschland, bei der Muslime den Islamismus ohne wenn und aber verurteilt haben. Sie reden immer nur von jedwedem Terror, egal welcher Couleur. Das ist aber wertlos. Es macht wenig Sinn, gegen rechtsextremen Terror zu protestieren, wenn es gerade einen muslimischen Terroranschlag gab und weit und breit kein rechtsextremer Terror zu sehen ist. Damit soll das Problem nur klein geredet werden.
25.07.16
13:51
Chris sagt:
ich hasse dieses selbstverliebte und rassistische Denken, wo man davon ausgeht, wenn irgendwo was passiert dann sollen sich 1 + Milliarde Muslime davon distanzieren wie soll das Bitteschön gehen ? Diese Menschen, die unschuldig sind und damit nix zu tun haben, haben damit nix zu tun. Warum sollen die das verurteilen soll jede Muslime und jeder muslim immer überall demonstrieren und sagen NEIN NICHT IN MEINEM NAMEN das tun ohnehin schon sehr viele und was bringt es ? Nix zur primetime wird das in den NEWS nicht gebracht höchstens am Rande und die Muslime sind dann doch immer an allem Schuld traurig Generalverdacht hatten wir in diesem Lande schon mal gegen Juden Herschel Grünspan hat angeblich einen Offizier in Paris ermordet und schuld waren die jUDEN weshalb es Pogrome gab
26.07.16
14:25
Manuel sagt:
@Chris: Seit wann ist der Islam eine Ethnie? Ich kann das Lied von den armen, unterdrückten Moslems bald nicht mehr hören, wenn sie hier alle so unterdrückt werden, weil wir nicht ihre islamische Gesellschaftsordnung wollen, dann müssen sie halt in Länder gehen, wo diese etabliert ist. Auch den Vergleich mit den Juden halte ich für sehr widerlich, nochdazu wo unter Moslems und vor allem in der Islamischen Welt der Antisemitismus weit verbeitet ist, fahren Sie mal in den arabischen Raum, dann sehen sie es. Solange die hier lebenden Moslems sich nicht eindeutig vom Schwertvers, die zum Töten der Ungläubigen aufruft distanziert oder streicht, dann verstehe ich die anhaltende Kritik.
27.07.16
18:29