Verhandlungsstopp

DITIB und Schura äußern sich zum Staatsvertrag

Die Debatte über einen Staatsvertrag in Niedersachsen nimmt kein Ende. Nachdem die CDU Fraktion an die Öffentlichkeit ging und ihren Ausstieg bekanntgab, meldeten sich die islamischen Religionsgemeinschaften zu Wort.

05
08
2016
Staatsverträge
Symbolbild: Zielvereinbarung © Ministry of Foreign Affairs of the Republic of Poland auf flickr, bearbeitet by IslamiQ

Vor kurzem wurde mit allen Verhandlungspartnern vereinbart, dass sich diese nach dem Ende der Sommerpause zurückmelden. CDU-Fraktionsvorsitzende Björn Thümler ist an die Öffentlichkeit gegangen und hat bekanntgegeben, dass seine Fraktion bis zum Ende der Legislaturperiode keine weiteren Verhandlungen mehr mit der Schura und DITIB führen möchten. Als Grund nannte er eine nicht belegte Staatsferne der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB). Diese aber sei „unabdingbare Voraussetzung für ein Zustandekommen der Verträge“. Angesichts der aktuellen Situation in der Türkei, die sich auch auf das gesellschaftliche Klima in Deutschland auswirke, sehe seine Fraktion die DITIB „derzeit nicht als geeigneten Verhandlungspartner an“.

Der Vorsitzende der Schura Niedersachen, Recep Bilgen, bedauert den angekündigten Rücktritt der CDU. „Es gebe aus unserer Sicht keinen Grund, was gegen eine Fortsetzung der bisherigen Verhandlungen sprechen könnte. Wir sind zuversichtlich, dass die Landesregierung sich vom CDU-Vorstoß nicht beirren lässt und diesen wichtigen Weg weitergeht“, so Bilgen weiter.

Auch der DITIB Landesverband Niedersachsen und Bremen nahm Stellung zum Ausstieg der CDU aus den aktuellen Staatsvertragsverhandlungen. Dabei kritisiert die DITIB, dass CDU Fraktionsvorsitzender Björn Thümler lieber mit der Presse spreche, als den Kontakt zu den eigentlichen Akteuren zu suchen.

Ein weiterer Kritikpunkt sei die Integrationspolitik vom CDU Fraktionsvorsitzenden. DITIB frage sich, wie eine bessere Integration der hiesigen Muslime gelingen soll. „Ständig wird versucht die Muslime in Niedersachsen zu diffamieren, zu ignorieren und sie somit in die Entfremdung zu führen“.

Die DITIB wünsche sich, dass endlich Themen wie NSU, Rechtsextremismus, Islamfeindlichkeit, Neo-Salafismus, Chancengleichheit, Flüchtlingsarbeit und andere wichtige Themen, die gemeinsam bewältigt müssen, angesprochen werden. Und nicht über Behauptungen, wie das die Moscheegemeinden Sprachröhre einer türkischen Regierung wären.

Durch derartig ausgrenzende Vorwürfe werden die Muslime weiter stigmatisiert. Leider werden dadurch nur antidemokratische und rassistische Gruppierungen weiter beflügelt, äußert die DITIB ihre Bedenken weiter.

Derweil hat die islamische Religionsgemeinschaft die CDU zur Wiederaufnahme der Gespräche aufgerufen. Als Demokraten könne man unterschiedlicher Meinung sein, es müsse aber miteinander gesprochen werden, sagte der Vorsitzende des DITIB-Landesverbandes Niedersachsen/Bremen, Yilmaz Kilic, am Freitag dem Sender NDR Kultur.

Rot-Grüne Landesregierung will Staatsvertrag

Niedersachsens rot-grüne Landesregierung will an den Verhandlungen mit den islamischen Religionsgemeinschaften über einen Staatsvertrag festhalten. Das erklärte Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) am Dienstag in Hannover. „Gerade in den aktuell angespannten Zeiten“ sei ein Zustandekommen der Verträge wichtig.

Bisher haben Hamburg und Bremen einen ähnlichen Vertrag mit den islamischen Religionsgemeinschaften abgeschlossen. Die Kontakte regeln etwa den Religionsunterricht, die Anerkennung islamischer Feiertage, den Bau von Moscheen und die Trägerschaft von Kindertagesstätten. In Niedersachsen leben rund 300.000 Muslime. (KNA, dpa, iQ)

Leserkommentare

Manuel sagt:
Wo ist denn die eindeutige Distanzierung der DITIB von Erdogan?
05.08.16
17:57
Andreas sagt:
Eigentlich muss in einem Rechtsstaat nieman seine Unschuld beweisen, sondern es muß ihm seine Schuld nachgewiesen werden. Auf die DITIB bezogen heißt das, dass nicht sie ihre Staatsferne zum türkischen Staat beweisen muß.
06.08.16
12:30
Johannes Disch sagt:
Das Problem dabei ist: Der Islam kennt keine Kirche. Es ist völlig unmöglich, die vielfältigen Strömungen des Islam unter einer Vertretung zusammenzufassen. Durch einen Staatsvertrag würde die DITIB wohl einen Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts bekommen. Ich halte das für keine gute Idee. So ein Staatsvertrag zeigt nur einmal mehr die Unwissenheit der deutschen Politik über "Den Islam." Die Deutschen können offenbar nur in Institutionen denken.
06.08.16
18:03
Ute Fabel sagt:
Ich finde es traurig, dass sich ausgerechnet Rot-Grün für einen solchen "Staatsvertrag" stark machen. Wo bleibt die Pflege von säkulären Idealen? Richtig wäre es die bestehende rechtliche Sonderstellung der beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland in Frage zu stellen, welche ein trauriges Relikt aus Zeiten ist, in welchen ist noch keine Religionsfreiheit gab und die jeweiligen Landesherren bestimmen konnten, welche Religion ihre Untertanen haben sollen. Später sind dann daraus die zwei christlichen - staatlich privillegierten - Kirchen geworden, die sich Deutschland aufgeteilt haben. Jetzt soll offenbar der Islam als Dritter ins Boot genommen werden, um diese Vorrechte zu bewahren.
08.08.16
7:59
Manuel sagt:
DITIB=Erdogan=Politischer Islam und sowas brauchen wir hier einfach nicht, punkt!
08.08.16
10:03
Ute Fabel sagt:
"Staatsverträge" mit ausgewählten Religionsgemeinschaften sind rechtlicher Unfug, der nur neue rechtliche Probleme schafft. Nach DITIB werden wahrscheinlich dann die Zeugen Jehovas, Siebenten Tages Adventisten, Mormonen und viele mehr unter Berufung auf das Gleichbehandlungsrecht kommen und einen ebensolchen "Staatsvertrag" abschließen wollen. Geschafffen werden sollte ein einheiltliches Religions- und Weltanschauungsgesetz mit gleichen Rechten und Pflichten für alle, in welchem aber das Prinzip der konsequenten Trennung von Staat und Religionen beachtet wird. Dafür scheint die Politik aber derzeit zu feig zu sein. Bequemer scheint es offenbar noch immer, sich an Lobbyinginteressen von DITIB & Co anzubiedern und sich damit vorzumachen, man hätte etwas gegen Diskriminierung getan.
12.08.16
7:33
Charley sagt:
Die DITIB hat sich selbst diskreditiert mit der ungenügenden Distanzierung von Comics, die das "Religionsministerium" i d Türkei veröffentlichte, in denen Selbstmordattentätertum verherrlicht wurde. Siehe den Artikel hier http://www.islamiq.de/2016/09/05/nrw-beendet-zusammenarbeit-mit-ditib/ und besonders auch die Kommentare dazu! Dass sie nicht genügend Rückgrat haben, eine entschiedene Position gegen diesen türkischen Schwachsinn einzunehmen spricht Bände und beweist die Vorwürfe!
27.10.16
10:35