Die Debatte über einen Staatsvertrag in Niedersachsen nimmt kein Ende. Nachdem die CDU Fraktion an die Öffentlichkeit ging und ihren Ausstieg bekanntgab, meldeten sich die islamischen Religionsgemeinschaften zu Wort.
Vor kurzem wurde mit allen Verhandlungspartnern vereinbart, dass sich diese nach dem Ende der Sommerpause zurückmelden. CDU-Fraktionsvorsitzende Björn Thümler ist an die Öffentlichkeit gegangen und hat bekanntgegeben, dass seine Fraktion bis zum Ende der Legislaturperiode keine weiteren Verhandlungen mehr mit der Schura und DITIB führen möchten. Als Grund nannte er eine nicht belegte Staatsferne der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB). Diese aber sei „unabdingbare Voraussetzung für ein Zustandekommen der Verträge“. Angesichts der aktuellen Situation in der Türkei, die sich auch auf das gesellschaftliche Klima in Deutschland auswirke, sehe seine Fraktion die DITIB „derzeit nicht als geeigneten Verhandlungspartner an“.
Der Vorsitzende der Schura Niedersachen, Recep Bilgen, bedauert den angekündigten Rücktritt der CDU. „Es gebe aus unserer Sicht keinen Grund, was gegen eine Fortsetzung der bisherigen Verhandlungen sprechen könnte. Wir sind zuversichtlich, dass die Landesregierung sich vom CDU-Vorstoß nicht beirren lässt und diesen wichtigen Weg weitergeht“, so Bilgen weiter.
Auch der DITIB Landesverband Niedersachsen und Bremen nahm Stellung zum Ausstieg der CDU aus den aktuellen Staatsvertragsverhandlungen. Dabei kritisiert die DITIB, dass CDU Fraktionsvorsitzender Björn Thümler lieber mit der Presse spreche, als den Kontakt zu den eigentlichen Akteuren zu suchen.
Ein weiterer Kritikpunkt sei die Integrationspolitik vom CDU Fraktionsvorsitzenden. DITIB frage sich, wie eine bessere Integration der hiesigen Muslime gelingen soll. „Ständig wird versucht die Muslime in Niedersachsen zu diffamieren, zu ignorieren und sie somit in die Entfremdung zu führen“.
Die DITIB wünsche sich, dass endlich Themen wie NSU, Rechtsextremismus, Islamfeindlichkeit, Neo-Salafismus, Chancengleichheit, Flüchtlingsarbeit und andere wichtige Themen, die gemeinsam bewältigt müssen, angesprochen werden. Und nicht über Behauptungen, wie das die Moscheegemeinden Sprachröhre einer türkischen Regierung wären.
Durch derartig ausgrenzende Vorwürfe werden die Muslime weiter stigmatisiert. Leider werden dadurch nur antidemokratische und rassistische Gruppierungen weiter beflügelt, äußert die DITIB ihre Bedenken weiter.
Derweil hat die islamische Religionsgemeinschaft die CDU zur Wiederaufnahme der Gespräche aufgerufen. Als Demokraten könne man unterschiedlicher Meinung sein, es müsse aber miteinander gesprochen werden, sagte der Vorsitzende des DITIB-Landesverbandes Niedersachsen/Bremen, Yilmaz Kilic, am Freitag dem Sender NDR Kultur.
Niedersachsens rot-grüne Landesregierung will an den Verhandlungen mit den islamischen Religionsgemeinschaften über einen Staatsvertrag festhalten. Das erklärte Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) am Dienstag in Hannover. „Gerade in den aktuell angespannten Zeiten“ sei ein Zustandekommen der Verträge wichtig.
Bisher haben Hamburg und Bremen einen ähnlichen Vertrag mit den islamischen Religionsgemeinschaften abgeschlossen. Die Kontakte regeln etwa den Religionsunterricht, die Anerkennung islamischer Feiertage, den Bau von Moscheen und die Trägerschaft von Kindertagesstätten. In Niedersachsen leben rund 300.000 Muslime. (KNA, dpa, iQ)